Meine Herren, meine Herren...
Trügerisch, diese Songschnipselclips. Und der Anfang vom ersten Track sowie das Operation: Prozac-'Riff' sind auch nicht meins. Hört man sich aber einige Male durch die sechs Minuten Musik, fällt dann doch auf dass sie Qualität besitzen. Stilistisch ist das klar die alte
O:M-QR-Marschroute. Tja, und Geoffs Stimme halt.
Als 'Alternative' würde ich das jetzt nicht bezeichnen wollen, dafür ist es einfach zu feingeschliffen und melodisch. Und Harmony-Vokalen und Streicherpart wie es sie hier zu hören gibt, ist im AA-Bereich ja auch völlig verpönt.
Nein, das hier klingt schon erheblich nach dem 'Ryche von damals, nur ist's dadurch zwangsläfig auch ein Aufguss.
Es ist schon auch irgendwie tragisch, mit dem Geoff Tate. Als Sänger/Performer jahrelang abgefeiert. Inspirationsquelle für Metalvokaisten der traditionellen und Prog-Power-Schule (wie oft liest man in Band-Interviews nicht, junger Sänger X oder Y ist beeinflusst von Halford/Dickinson/Tate?). Verkracht sich dann mit seinen alten Kollegen, wegen was auch immer. Darauf wird's ganz übel. Und der Mann ist auf einmal weitestgehend
persona non grata.
Gut, Geoffs Stimme eignete sich live bereits länger nicht mehr für das klassische frühe QR-Material. Tate brachte dazu noch Experimente mit rein, was weniger gut ankam, da neues Material immer ein Kompromiss war zwischen Sänger und restlicher Band. Die Luft war aus der alten Ehe raus, ganz einfach. Muss man einander deswegen aufs Maul hauen?
Ironisch, dass Geoff auf Teufel komm raus etwas anders machen wollte und jetzt de facto klingt nach seiner alten Erfolgsband zu deren
Operation: Mindcrime-Zeiten. Was war dann der Sinn des ganzen Theaters?
Wenn es aus dieser Chose etwas zu lernen gibt, dann die Tatsache dass das Publikum, wovon der Grossteil nicht in künstlerisches Risiko interessiert ist, letztendlich immer die Wahl des Déjà vu trifft. So auch bei Queensryche und Geoff Tate. Das wirkliche kuriose in diesem doch irgendwie extra traurigen Fall ist, das Geoff jetzt selbst eben bewusst dieses Déjà vu gewählt hat. Er hat weder sichselbst noch seine Musik radikal neu erfunden.
Seine Stimme, aber, ist nach wie vor unverkennbar. Und das bei dem jahrelangen Intensivgebrauch. Ein Gitarrist kauft sich 'ne funkelnagelneue oder auch 'ne tolle
vintage Axt und spielt weiterhin drauflos. Ein Sänger aber, muss sich mit diesem einen, unvorhersehbaren Naturinstrument zufrieden geben - ein Leben lang. Manchmal bringt das Ding wunderbar die alten Noten und Töne hervor (Arch), manchmal weniger (Tate). Manchmal tritt daraus auch quasi ein neuer Charakter hervor (Alder). Da steht man dann individuell vor der Wahl: was passt am besten zu mir und meiner Stimme?
Anno 2015 ein älternder Rocksänger zu sein, es ist fürwahr kein Zuckerschlecken.
Und während ich dies alles notiere, ist das kommende LaTorre-Queensryche-Werk für später dieses Jahr angekündigt. Und frage ich mich mal wieder, was wohl die Gedanken des
good old Chris DeGarmo zum Doppel-'Ryche wären. Das wäre doch mal ein Interviewthema fürs DF...