Ist die US-/UK-Formation Carmen aus den Siebzigern hier eigentlich bei einigen bekannt? Falls nein, dann dĂŒrfen die aufgeschlossenen, abenteuerlichen Geister mal ein YouTube-Ohr/-Auge riskieren. Rock + Folk + Psych +... Flamenco. Jawohl, das gibt's, soll heissen gab's auf drei Alben: 'Fandangos in space' (1973), 'Dancing on a cold wind' ('74) und 'The gypsies' ('75). Originell, technisch tadellos und leicht skurril, aber immer faszinierend. Die SĂ€ngerin/TĂ€nzerin heisst Angela Allen.
Prof, heute habe ich erst an Dich denken mĂŒssen, als ich wieder mal die wahren Worte inmitten des zauberhaften VANDERBUYST-Gatefolds gelesen habe!
Freut mich, sowas zu lesen, Butcher. Dass Willem mich fragte, diesen Text zu verfassen, war besser als Filmleute interviewen. Endlich mal was sinnvolles gemacht.
Dieser Track der 'ersten Flamenco-Rockband ever' muss einfach noch weitergegeben werden: 'Tales of Spain' - von der DebĂŒt-LP 'Fandangos in space' - ist ein superb arrangierter Epic mit einer FĂŒlle an Details und leichtem Jethro Tull-Flair. Und zum Finale kann man nur sagen: traumhaft.
Hossa, die Waldfee! Das ist ja mal ganz groĂartig! Ich hab den Song jetzt tatsĂ€chlich zum ersten Pfingstkaffee drei Mal angehört und bin sehr angetan. Das wird eingetĂŒtet. Danke, Herr Professor.
Eine ErgÀnzung zum doch recht knappen Ausgangsposting ist fÀllig. Carmen sind wohl die beste 70s-Entdeckung die ich, dank einer Freundin (hi Rianne ), in letzter Zeit machen durfte. Unter Kopfhörer entfaltet sich die musikalische Traumlandschaft dieser Band erst recht. Obwohl man wegen den theatralischen Elementen vielleicht etwas David Bowie erkennt und auch etwas Jethro Tull, fÀllt mir keine Truppe ein mit der man Carmen vergleichen könnte. Zu ihrer Zeit war man im wahrsten Sinne progressiv, hatte einen völlig eigenen Stil.
Sind auf dem DebĂŒt Geniestreiche wie eben 'Bulerias', 'Sailor song', 'Tales of Spain' und die WundertĂŒte 'Fandangos in space', das in England aufgenommene zweite Album dĂŒrfte die hard Proggern ebenso die Kinnlade runterklappen lassen. Bereits der Opener auf 'Dancing on a cold wind' (mit wundervollem Gitanes-Zigaretten-Pastiche als Coverbild) lĂ€sst so manche Band alt aussehen: 'Viva mi Sevilla' entfĂŒhrt den Hörer sofort in den SĂŒden Spaniens. Völlig abgedreht sind die Songs 'Drifting along' und 'Purple flowers'. Das HerzstĂŒck des Albums bildet aber die 'Konzeptseite' B: eine Lektion in Prog wie man sie nur selten hört. Details en masse, technisch auf dem höchsten Niveau - und immer haben die Kompositionen Hand und Fuss, sind zudem auf einander abgestimmt. 'The city', 'People dressed in black' und das melancholische 'The horseman' sind nur drei atemberaubende 'Szenen' dieses bisher verschollenen Prog-Referenzwerks. Das ganze lĂ€uft im Kopf des Hörers ab wie ein Film - ein Film den man sich immer wieder anschauen möchte.
So inventiv und originell wie Carmen waren sogar damals nur wenige Bands, es ist zutiefst bedauernswert dass die fĂŒnf Musiker es nicht schafften, auf die nĂ€chste Stufe zu gelangen. Basser John Glascock ging, nach dem vorzeitigen Ableben von Carmen in 1975, letztendlich zu Jethro Tull. Man kannte sich: Carmen hatten monatelang mit Ian Anderson und Co. in den Staaten getourt. Genauso traurig ist es, dass es anscheinend kaum oder kein Bildmaterial der Live-Auftritte gibt. Denn die Kraft von Carmen lag in ihrer Show. Carmen dĂŒrfte die einzige Rockband sein die in den Album-Credits den Begriff 'Footwork' hatten. Obwohl das fĂŒr einige hier auf etwas erotisches schliessen könnte (hallo Pavlos ), geht es hier um die Flamenco-Tanzschritte der Band-Mitglieder Angela Allen und Roberto Amaral. Man hört sie auf den Alben, aber Angela und Roberto machten daraus vor allem live ein Erlebnis.
Die zwei ersten Alben gibt's auf einer CD-Pressung von Angel Air. Booklet mit Fotomaterial, RĂŒckblick mit Bandkopf David Allen. Bonustracks: 'Quiriquitu' und 'Out on the streets'. Vor allem letztere Track - wohl die heavyste (sorry fĂŒr das Unwort) Kreation in der Bandgeschichte. Das dritte und letzte Werk 'The gypsies', mit dem die Band nie zufrieden war, gibt es digital in zwei Versionen: als Doppler mit einem spĂ€teren *rĂ€usper* 'modernen' Album von David Allen ('Widescreen'- Finger weg!) oder als schicke Japan-Papersleeve-Ausgabe. Wegen dem Titeltrack alleine und zwei, drei anderen Songs lohnt sich dennoch die Anschaffung.
'The city'/'The horseman' sind auf dem Album Track 9 und 13. Der YouTubler hat sie zusammengesetzt.