Ulle hat geschrieben:Natürlich, aber verfälscht wird der Sound so oder so. Wenn du z.B. bei einer Aufnahme Gitarre, Bass und Bassdrum soundlich aufeinander abstimmst (wird übrigens viel zu selten gemacht), werden die sich einzeln auch komplett anders anhören als im Mix. Man muss das Gesamtbild im Auge behalten und bei der Soundwahl nicht nur auf ein einzelnes Instrument achten, dann klingen "dünnere" Sounds im Gesamtmix plötzlich unglaublich fett, weil man zuvor weiß, wie man es handhabt, die Frequenzen im Auge behält usw. -
ich will jetzt nicht mit Details langweilen
Wenn ich von tollen Analog-Produktionen rede, dann wĂĽrde ich aber sicherlich eher alte Van Halen-, Dio- oder Black Sabbath-Scheiben meinen, als jetzt z.B. Medieval Steel. Die EP hat natĂĽrlich ihren kultigen Reiz, aber eine gute Produktion - objektiv betrachtet - klang damals wie heute anders.
Am Morgen die Diskussion nochmal frisch aufgegriffen.
Die Details aus Musikersicht erklärt zu bekommen, lieber Ulle, ist gerade das was diese Diskussion so interessant macht.
Da ich nur ein winzig kleines bischen weiss vom Mastering (ein Freund von mir hat jahrelang in einem Masteringstudio gearbeitet und ich hab' da als Nebenjob 'kontrollegehört'), lese ich solche technischen Sachen sehr gerne.
Dass ich The Lamp of Thoth als Beispiel für eine Art nicht-zeitgemässe 'Kontraproduktion' angeführt habe, war teilweise ironisch gemeint, das hast du darin hoffentlich auch so gelesen, oder?
Was ich meinte war nicht dass man gerade den TLoT-Sound auf Warlord (oder 'ne andere Band) überträgt, das macht null Sinn. Es ging mir darum, darauf hinzuweisen dass diese Briten es halt wagen in allem so zu klingen wie ihre Vorstellung von 'kauzig' halt ist. Primitive, schlecht gespielte Musik mit schepperndem, rumpeligstem Sound. So passt das zusammen, wie auch Mucke und Sound vom Beispiel Hammers of Misfortune zusammenpassen.
Vor kurzem hab' ich mit einem alten Tapetrader über die Demos der frühen und Mitt-Achtziger geredet. Damals hörte man immer wieder dieselbe Leier wenn Undergroundband X mit superduper Demo(s) ihr Debütalbum in die Läden geschossen hat: 'Das Demo war viiiiieeeel besser!' Ja, logo, denn man wollte halt den Sound 'verbessern', aufwerten. Und so oft war das kontraproduktiv. Ein gewisses Mass an rumpeling and scheppering gehört halt zu bestimmten Spielarten im Metal.
Der Kontrast dazu bilden halt die von dir aufgeführten Ted Templeman- und Martin Birch-Produktionen der Dinosauriertruppen. Find' ich auch toll (die erste VH oder Maidens 'Killers' haut einen soundmässig noch immer komplett aus den Socken). Es komt halt drauf an was für einen Stil gespielt wird. Ich kann mir die 'Cannons...' mit einer Templeman-Produktion schlichtweg nicht vorstellen. Das sind einfach auch zwei verschiedene Welten.
Das mit dem Unterschied zwischen früher (ist auch relativ, 'früher') und heute was Vorbereitung, arrangieren und proben angeht, stimmt selbstverständlich zu 100 Prozent: ein guter Song, ein gutes Album, eine gute Band aufzubauen braucht Zeit und Einsatz. Aber was will man machen wenn, in unseren kurzlebigen Zeiten in denen die Jetzt!-Kultur regiert, diese Basis eines natürlichen Reifungsprozesses meistens fehlt?
Um nochmal auf Scorcher, dieses Ein-Mann-Projekt vom Tex aus Hellas zurückzukommen: der Kerl hat sich das Material auf 'Armageddon from the sky' über einige Jahre hinweg eigen gemacht. Dazu hat er sämtliche Instrumente selbst gespielt, was sich zweifellos positiv auf die Arrangements ausgewirkt hat. Alles hat kompositorisch nicht nur Hand und Fuss, die einzelnen Teile passen wirklich zusammen. Es sind richtige, detailverliebte Songs, keine zusammengewürfelten Ideen. Dass die DIY-Produktion dann auch eine Lernkurve hat, ist klar. Diese hat aber die Charme der Imperfektion.
Hier war jemand am Werk der, in deinen Worten, tatsächlich eine Vision von seiner Musik hat. Und genau das vermisse ich allzu oft und bewundere ich an der Scorcher-Scheibe sehr.
FĂĽr mich ist 'Armageddon from the sky' ein Paradebeispiel fĂĽr den wirklich Spirit der Achtziger: es wird nicht auf Retro geschielt, sondern ist schlicht und einfach gute, handgemachte Musik.
Das war dann der Scorcher-Werbespot fĂĽr heute.
