Gestern war es endlich so weit, die Gheister, die wir riefen, erscheinen gar leibhaftig auf der BĂĽhne des Backstage Werks. Nach einer ĂĽberflĂĽssigen Vorband und lachhaft teuren Merchpreisen wurde es um 21 Uhr dunkel, ein ewig langer Engelschoral stimmte das sehr gut gefĂĽllte Werk ein, die BĂĽhne in rot und lila getaucht versprĂĽhte Dramatik. Erste Nebelschwaden verkĂĽnden Unheilvolles...
Als die ersten Töne von „Spirit“ erklingen, geht die Luzi ab. Das Werk tanzt, jubelt, schreit knapp 90 Minuten und freut sich ob der fünf Gestalten, die dort oben musizieren. Song No. 2 ist das formidable „From The Pinnacle To the Pit“ und nun wippt auch mein Füßchen, das kühle Bierchen schmeckt vorzüglich. Der gute Papa oder besser Tobias schreitet erhaben über die Bühne, keine Hektik, keine Schnelligkeit, alles mit Bedacht und Muse. Der Mann hat die Menge von Anfang an im Griff und zeigt im Verlauf des Konzerts, dass er gar nicht so okkult oder gar böse ist. Nein, der Mann freut sich mit dem Auditorium über Musik und dass er in München spielen darf, so herzlich empfangen wird. Was für ein geiler Entertainer, immer mit leichtem Schalk im Nacken.
Ab dem vierten Song entledigt sich uns Papa seiner Oberbekleidung und auch die Kopfbedeckung weicht für den Rest des heiteren Abends. Ja, heiter ist er, der Abend, wir und die Band, allen voran der Frontpapst. „He Is“ sozusagen. Als das Keyboard den Song anspielt, überkommt mich leichte Gänsehaut. Die Hitze im Werk ist fast unerträglich, die Band reiht spielerisch voll auf der Höhe Hymne an Hymne, sechs Songs werden von „Meliora“ gespielt. Oft gibt Papa Tobias den Erklärbar, warum nun der Song kommt und dessen Geschichte dahinter. Geschmunzel alldieweil.
Immer wieder bedankt er sich für die zahlreichen Leute, die ihm und seiner Band so enthusiastisch huldigen. Dann gedenkt er dem erkrankten Bassisten und erwähnt, dass ein nicht so attraktiver „ghostly local player“ den Part abseits der Bühne einnimmt. „Florian Fleischhammer, Fleshhammer, ha ha ha“, so stellt uns der Obergheist den im Off zupfenden Mann vor und bittet um wohlwollenden Applaus, dem das Publikum gerne nachkommt.
Mittlerweile breitet sich bei mir absolute Wohnzimmer-Wohlfühlatmosphäre aus, zwei als Nonnen verkleidete „Sisters of Sin“ werden vorgestellt, die im Pit ihre Runden drehen weden, aber „Don't touch them or this, ha ha ha“, so Herr Forge. Der Mann agiert mit einem stilvollen Habitus, nimmt sich jedoch selbst nicht so wichtig, applaudiert der Eleganz seiner Verkleidung angemessen der Band bei den Soli oder instrumentalen Kabinettstückchen, dirigiert mal rechts, mal links vom Bühennrand, schüttelt hin und wieder ein paar Hände der Gheisterfans in der front row, alles easy, recht ungewzungen sympathisch sieht das aus. Dann wird Roky Erikson mit „If You Have Ghosts“ gewürdigt, die Menge tobt und gröhlt. Zwischen den Songs lauscht man aber leise und gespannt den Erzählungen des Maestros.
Zum Abschluss gibt Papa Tobias abermals den weise erklärenden Tapsfellträger, dieses Mal als Sexualtherapeut , in dem der gemeinsame Orgasmus eines kopulierenden Paares eine Ode an die Zweisamkeit darstelle. Dem weiblichen Orgasmus wird daher der vorletzte Song „Monstrance Clock“ gewidmet, da dieser gar teuflisch wäre, die Kombination Teufel und Gheist, das verträgt sich doch ganz gut, so wird gesprochen. Wieder kommt ein leichtes „Ha ha ha“ mit einem „Guys will be very popular if you make both coming together“-Rat hinter der Maske mit Schminke hervor und los geht es.
Mit dem letzten Lied, das im Namen des Gehörnten erklingt, fällt der Vorhang, zurück bleibt ein absolut begheisterter Siebi, der dieses Spektakel so nicht erwartet hätte. Was habe ich an Bashing und Hasstiraden imaginär vor dem gheistigen Auge verfasst und wurde mit jedem Song und jeder Ansage aufs Neue überrascht, vom Gheist in seine Welt gezogen. Bis zum nächsten Headlinerauftritt, das war erste Sahne Unterhaltung mit Musik, die doch weitaus härter aus den Boxen als zuhause tönt. Fazit, leider G_E_I_L!
