von The-Aftermath » 20. Mai 2011, 00:13
"Crimen Laesae Majestatis Divinae". Ein Titel, bei dem mir zumindest schon vor der Veröffentlichung von PORTRAITS zweitem Album Böses schwante. Spätestens seit RAMs Zweitling und dem Song "Awakening The Chimaera" weiss man nicht nur dass die skandinavischen Heavy Metal Fans eine enge Beziehung zum Black Metal pflegen, sondern auch dass ein zu starker Einfluss selbigens nicht immer gute Auswirkungen auf die Musik haben muss. Glücklicherweise hat sich musikalisch nicht allzuviel bei PORTRAIT verändert. Oder doch?
" [...] Im Klagspiegel ist der Schadenzauber hingegen streng von Ketzerei und Vergiftung getrennt. Ketzerei wird als „crimen laesae maiestatis divinae“ der kanonischen Rechtsprechung überlassen."
Erwirbt man ein Album mit einem solchen Titel, will man natürlich auch wissen was er bedeutet. Google liefert zitierte Aussage. Einleuchtend, wirft man einen kurzen Blick auf die Texte. Man kann zumindest festhalten, dass PORTRAIT es geschafft haben, wieder einmal acht Texte über den Teufel zu verfassen, respektiv über die Eroberung und Zerstörung der christlichen Welt durch seine satanistischen Legionen. Nun gut, nicht erst seit dem zehnten THE DEVIL`S BLOOD Rip-Off ist besagte Thematik durchgekaut und ausgelutscht und es stellt sich die Frage, wen PORTRAIT im Jahre 2011 noch mit einem "Hail Satan!" im Opener "Beast Of Fire" beeindrucken/schockieren wollen. Andererseits muss man festhalten dass die Band ihre lyrische Ausrichtung nicht durch ihre Optik unterstreicht, ihre Konzerte nicht als "Rituale" angekündigt, die Lederjacke der Mönchskutte vorzieht und auch alle anderen visuellen Aspekte der Band (s. die schön oldschoolige Bandfoto- plus-Logo-Collage im Booklet) eher klassisch-metallisch als okkult-satanistisch hält. Desweiteren, und man kommt nicht darum es zu sagen, passen die Texte einfach zur Musik von PORTRAIT.
Denn im Vergleich zum Debüt hat sich auf Album Nummer Zwei in musikalischer Hinsicht dann doch so Einiges getan. Bereits der gut 8-minütige, überragende Opener "Beast Of Fire" stellt klar: PORTRAIT wollen weder Gefangene machen noch Kompromisse eingehen. Die Band wirkt erwachsener, härter und zielstrebiger. Gleichzeitg scheinen sie von der Mike Scalzi-Prämisse "Metal should be fun" eher wenig zu halten. Es wird einem unmissverständnis klar gemacht dass hier "Metal to the bone" zelebriert werden soll. Heavy Metal für Männer und nicht für Jungs (Um ein Boris Kaiser Review zu DOOMSWORD aufzugreifen). Dieser Eindruck wird vor allem durch die Produktion unterstrichen, welcher ich persönlich zwiespältig gegenüber stehe. Einerseits klingen die Gitarren viel kraftvoller und massiver, andererseits werden gerade die für PORTRAIT wichtigen Leads von den viel zu lauten, witzigerweise auf dem ersten Album kaum präsenten, Drums in Grund und Boden geballert. Den Bass kann man noch am Anfang von "Beast Of Fire" vernehmen, dann verabschiedet er sich aus dem Sound und kann nur noch unter Kopfhörern ausfindig gemacht werden. Die angesprochenen Defizite werden aber insofern wieder ausbalanciert, als dass der Sound die Musik durch seine Rauheit sehr gut ergänzt. Weniger MOTÖRHEAD-rock`n`rollig als auf dem Debüt, dafür verstärkt JUDAS PRIEST/SCORPIONS-lastig.
Witzigerweise verhält es sich mit der Einschätzung der Songs bei mir exakt wie auf dem Debüt. Song Nummer 1 ist mein persönliches Highlight, Song Nummer 6 und 7 ("The Passion" und "The Nightcomers") die beiden (wenn auch keine Total-) Ausfälle. "Beast Of Fire" startet gewohnt furios, es wird soliert und gerifft als gäbe es kein Morgen bevor ein geniales Lead ertönt und die wilde, metallische Achterbahnfahrt ihren Lauf nimmt. Wieder einmal meistern PORTRAIT den extrem schwierigen Balanceakt zwischen einer Vielzahl von Gitarrensoli, dem Einschieben vieler unterschiedlicher Parts und dem "nicht-aus-den-Augen-Verlieren" des eigentlichen Songs mit Bravour. Als klingt in sich schlüssig, und obwohl man Anfangs vielleicht etwas überfordert zurück gelassen wird, kann man spätestens nach einigen Durchläufe das Ganze als durchaus runde Sache betrachten. Denn auch auf diesem Album passiert vor allem im Gitarrenbereich wieder soviel dass man mit dem Hören fast kaum hinterher kommt. Cool ist dabei auch, dass alles Wiedererkennungswert hat und nicht den Eindruck macht als wäre es nur eingeworfen worden um zu zeigen wieviele Ideen die Band im Petto hat. "The Wilderness Beyond" ist eine nette, instrumentalische Verschnaufspause, "Bloodbath" eine einzige Abrissbirne. Sehr geil! "Darkness Forever" (TURBONEGRO anyone?) kann das Niveau halten und obwohl die Strophen sehr verdächtig nach "Into The Coven" klingen, punktet man durch einen wirklich guten Refrain und ein Outro, weclhe wie eine böse Version vom Ende von "Heaven And Hell" klingt. "Der Todesking" kann ich noch nicht so recht einschätzen. Ein guter Song mit Sicherheit, aber in Ekstase konnte er mich bis jetzt noch nicht versetzen. Aber bei so einem trven Titel traut man sich ja fast nicht zur Kritik anzusetzen, hihi ...
Nun, alles schön und gut. Aber da war doch noch etwas ... richtig, der Gesang. Was soll ich sagen? Ich habe es versucht. Ich habe wirklich versucht mich damit anzufreunden. Aber es soll wohl nicht sein. PORTRAITs erster Sänger war technisch zwar nicht viel begabter, hatte aber einen unvergleichlichen Wahnsinn in der Stimme wie ich ihn bis heute nicht noch einmal vernommen habe. So eine (im positiven) kranke Performance wie auf dem Übersong "Hell" muss ihm immer noch jemand nachmachen! Während Sanger Nummer Eins mir also einen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagte und somit die Wirkung der Musik noch einmal verstärkte, versetzt mich der neue Sänger auf direktem Wege in die Hölle. In die Kopfschmerzhölle. Das Problem ist meiner Meinung nach, dass seine Stimme extrem limitiert ist und er mit Ausnahme von "Infinite Descension" nur in zwei Varianten singt: Entweder er schreit in normaler Lautstärke monoton ins Mikro oder er schreit in ohrenbetäubender Lautstärke monoton ins Mikro. Positive Ausnahme wie gesagt "Infinite Descension", wo er durchaus einen guten Job abliefert. Alle anderen Songs büssen durch seinen Gesang leider einiges an Klasse ein. Was ich jedenfalls extrem schade finde.
Was bleibt zusammenfassend festzuhalten? "Crimen Laesae Majestatis Divinae" ist zunächst eine Lehrstunde in Sachen echter Heavy Metal. Hier wird nicht nur stumpf nach vorne gerifft, sondern das (Hexen)Gebräu wird gekonnt mit verschiedenen Prisen 70er-Hardrock, MOTÖRHEAD und IRON MAIDEN gewürzt, intelligent umgerührt und konsequent serviert. Den Teller mitten in die Fresse sozusagen. Einen Löffel braucht man nicht. Gleichzeitig ruiniert der Gesang so einiges und nicht alle Songs können ausnahmslos begeistern. Die echten Hits fehlen noch. Auch hoffe ich, dass die sich die Band, ähnlich wie RAM nach "Forced Entry", noch stärker von ihren offensichtlichen Haupteinflüssen freischwimmen kann und somit noch eigenständiger und noch wichtiger für die Szene werden kann.
Trust in fate and have no fear.