Hugin hat geschrieben:Acrylator hat geschrieben: Natürlich kann man niemanden als Maßstab nehmen, ich meinte damit ja auch nur dass du in deiner Herangehensweise an Musik schon ein extrem seltenes Exemplar bist
Ich kenne jedenfalls sonst niemanden, der so viel Verschiedenes an Musik mag und oft so wenig zu kritisieren hat (bzw. bei dem die negativen Kritikpunkte so wenig ins Gewicht fallen).
Das ehrt mich. Ich bin gerne ein seltenes Exemplar.![]()
Das liegt hauptsächlich an zwei Eigenschaften: Zum einen bin ich im allgemeinen ein sehr höflicher Mensch, der die Ursache des Nichtgefallens eher bei seinen Hörgewohnheiten als bei den Fähigkeiten der Band sucht, und zum anderen seh ich Musik in erster Linie als Kunst im klassischen Sinne. Es ist nicht die Aufgabe der Kunst, den Leuten zu gefallen, sondern die Leute herauszufordern und auf die Probe zu stellen. Wenn ich mich mit Musik auseinander setze, ist als Hörer meine erste Frage nicht: Läuft mir das rein? Sondern eher: Wie muss ich die Sache angehen, um in die Sache rein zu finden? Wenn ich es nicht schaffe, dann heißt das nicht, dass die Musik schlecht ist, sondern einfach, dass sie nicht zu mir passt. Man hängt mir dann oft den Vorwurf der "Schönhörerei" und "Allesgutfinderei" an. Darum geht's aber gar nicht, sondern darum, herauszufinden, ob ich einer Änderung, Weiterentwicklung, was auch immer gewachsen bin. Das ist oft der Fall, manchmal auch nicht. Für mich dann aber kein Fehlkauf, sondern etwas mit dessen Hilfe ich die Grenzen meines musikalischen Spektrums ausloten konnte.
Auch als Rezensent seh ich mein primäres Ziel nicht darin, die Leute über meinen Geschmack aufzuklären, sondern darin, für ein bestimmtes Werk die passende Zielgruppe zu finden. Das kann man m.E. auch versuchen, wenn man mit dem zu besprechenden Werk rein gar nichts anfangen kann. Problematisch wird's erst, wenn man Sachen rezensieren muss, in deren Stilbereich man sich überhaupt nicht auskennt. Das bleibt mir in aller Regel erspart.
Das finde ich ja auch alles sehr löblich, und zumindest teilweise deckt sich das sogar durchaus mit meiner eigenen Einstellung.
Ich mag z.B. SLIPKNOT oder VOLBEAT überhaupt nicht, trotzdem würde ich bei einer Kritik zumindest eigenen Stil und gute Umsetzung positiv bewerten (O Punkte würde ich wahrscheinlich auch so gut wie nie vergeben und 1 Punkt wäre sicher ebenfalls sehr selten).
Trotzdem muss man ja auch sehen, dass es nicht nur Musik gibt die einem gefällt oder nicht gefällt, sondern eben auch objektiv (Handwerklich, Songwriting, wobei letzteres natürlich schon wieder kaum objektiv bewertbar ist) schlecht ist.
Wenn es dann wenigstens noch stilistisch originell oder einzigartig ist, würde ich das aber auch noch nicht als schlecht bewerten, aber es gibt nun mal auch Bands, die weder musikalisch herausragen, noch in ihrem stilistischen Bereich eine eigene Nische haben (sprich nur andere Bands kopieren, dabei aber lange nicht so gut sind) - ich finde die kann man dann ohne Scheu als überflüssig bezeichnen.
Und ich äußere mich eben auch oft negativ über Bands, die zwar handwerklich gut sind, aber stilistisch wie Retortenprodukte wirken und dazu stehe ich dann auch.
Was du über Musik als Kunst sagst, sehe ich übrigens genauso, es hat auch schon viele Alben gegeben, die ich zuerst gar nicht mochte, aber sofort gemerkt habe dass sie etwas besonderes darstellen. Wenn man sich dann damit beschäftigt, findet man oft auch auf einmal emotional Zugang dazu und häufig sind mir solche Alben sogar viel lieber als solche, die erstmal gut reingehen, mich aber aufgrund ihrer Austauschbarkeit und teilweise auch Vorhersehbarkeit schnell langweilen (so wie z.B. bei neueren MANOWAR oder ICED EARTH Scheiben).
Allerdings muss ich auch nicht alle Alben besitzen, die ich interessant und gut gemacht finde. Wenn ich emotional gar keinen Zugang dazu finde, kaufe ich es mir auch nicht.
Bei der Malerei ist es auch so, ich sehe mir gerne Kunstwerke an die aus der Reihe fallen oder denen ein besonders interessantes Konzept zugrunde liegt, aber wenn sie mir optisch nicht gefallen, würde ich sie mir auch nicht in die Wohnung hängen - auch wenn ich sie vom Verstand her als sehr gelungen oder gut bewerten würde.
Ich bin aber auch froh, dass ich da anders bin als du, selbst mit meinem strengen Selektieren reize ich nämlich seit 2 Jahren meine finanziellen Mittel schon meist aufs äußerste aus (und das bei einer zweistelligen Anzahl gekaufter Tonträger pro Jahr...).