von The-Aftermath » 7. Juni 2011, 13:35
Da ich schon über eine Woche internetlos bin und nur in der Universitäts-Bibliothek ins Netz kann (was aber ehrlich gesagt gar nicht mal so schlimm ist), hier ausnahmsweise nur ein kurzer Kommentar meinserseits zu "Call To Arms":
Das 19. Studioalbum von SAXON ist meiner Meinung nach eine zwiespältige Angelegenheit. Im Gegensatz zum Vorgänger und Rohrkrepierer "Into The Labyrinth" konnte man sich zwar glücklicherweise qualitativ wieder steigern und somit einen weiteren diskografischen Ausrutscher verhindern, ganz überwunden wurde das Formtief aber nicht. Das liegt meiner Meinung nach an den gleichen Problemen an denen schon "Into The Labyrinth" litt: Erstens besitzt die Scheibe keine Homogenität. Den Spagat zwischen Vergangenheit und Moderne, den man auf "Lionheart" und "The Inner Sanctum" perfekt hinbekam, schafft die Band erneut nicht. Bluesige Rocker, Speed-Kracher, missglückte und künstlich auf modern gertimmte Stampfer sorgen nicht für Abwechslung, sondern dafür dass das Album in seiner Gesamtheit eher einer Collage gleich kommt. Einerseits kommt mit "Surviving Agains The Odds" (Hätte auf "Unleash The Beast" stehen können) ein wirklich toller, klassischer SAXON-Banger daher, andererseits verzeichnet man mit "When Doomsday Comes" und "No Rest For The Wicked" zwei Totalausfälle der übelsten Sorte die ich mir mittlerweile schon nicht mehr anhöre. Beide Songs wurden anscheinend für einen britischen Science-Fiction-Film geschrieben und sind eigentlich eine Schande für die Band. Bitte Biff: Beim nächsten Album keine Studiogäste, keine etwaigen Ausflüge, nix, nada!
"Hammer Of The Gods" zeigt zu was die Band noch im Stande ist, konzentriert sie sich ausschliesslich auf die eigenen Stärken. Das schnelle "Afterburner" tönt etwas moderner, versöhnt aber mit einem tollen Twin-Gitarren Part den man so viel zu selten von der Band hört. Die entspannten Pflicht-Hardrock-Nummern "Back In 79" und "Chasing The Bullet" machen wie immer Spass und das abschliessende "Ballad Of The Working Man" verbindet eine THIN LIZZY-Huldigung mit dem eigenen Klassiker "And The Bands Played On". Der Titeltrack startet als Ballade, entpuppt sich dann als typischer SAXON-Stampfer der ein wenig an die "Lionheart"-Phase erinnert. Glücklicherweise hat man komplett auf Keyboards oder andere überflüssigen Elemente verzichtet, so dass der Song schlussendlich echt gut geworden ist. Die Orchester-Version am Ende zeigt nur wie kein SAXON-Album mehr klingen sollte! Allgemein ist die Produktion im Vergleich zum Vorgänger eine echte Wohltat. Knackiger, reduzierter, nicht effekt-überladen ... bitte beibehalten! Dennoch konnte man nicht herum festzuhalten, und jetzt erst komme ich zu meinem zweiten grossen Kritikpunkt, dass die Band sich für das Album wieder viel zu wenig Zeit genommen hat. Ich finde es klasse SAXON überall live sehen zu können, vor allem da die Band live immer noch wahnsinnig viel Spass macht, aber anstatt 350 Tage im Jahr auf Tour zu sein und dazwischen ein Album aufnzunehmen und so qualitativ offensichtliche Abstriche machen zu müssen, sollten sich die Jungs fürs Songwriting in Zukunft wieder mehr Zeit nehmen. Bei vielen Songs fällt einem auf, wieviel man hier noch rausholen hätte können, wenn man noch an den Melodien, Gitarrensoli oder den Gesangslinien gefeilt hätte. Bestes Beispiel ist das erschreckend langweilige "Mists Of Avalon", bei dem eigentlich sehr viel Potenzial verschenkt wurde.
Zusammenfassend würde ich "Call To Arms" keinesfalls als schlechtes Album abtun. Mit "Hammer Of The Gods", "Surviving Against The Odds", "Call To Arms" und "Afterburner" sind immerhin vier sehr gute Songs vertreten. "Back In 79", "Ballad Of The Working Man" und "Chasing The Bullet" machen auf jeden Fall viel Spass und gehören einfach dazu. Eine Enttäuschung ist das Album dennoch, da die ganzen grossen Momente leider ausbleiben. Es stellt sich die Frage, warum man sich "Call To Arms", offensichtlich ein Album der "Nur gut"-Kategorie, beschaffen sollte. Nun, da kann ich nur eine persönliche Antwort drauf geben: SAXON sind mit grosser Wahrscheinlichkeit die sympahtischste Band überhaupt (Schaut euch nur die Fotos im Booklet an! Cooler und lässiger geht es nicht!), haben konstanter gute Alben veröffentlicht als IRON MAIDEN und PRIEST, ich bin froh dass es sie immer noch gibt, das Album macht Spass und sie verdienen den Support. Insofern werde ich mit "Call To Arms" sicherlich noch eine gute Zeit haben. Für das 20. Album wünsche ich mir aber wieder einen echten Hammer.
Oh, ist doch nicht so kurz geworden.
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The-Aftermath am 7. Juni 2011, 14:46, insgesamt 1-mal geändert.
Trust in fate and have no fear.