von The-Aftermath » 18. Dezember 2012, 01:11
Ferien sind doch was schönes. Und Tastaturen mit Umlauten auch. Vielleicht haben einige von euch mitbekommen dass es ein neues "Underground Metal"-Magazin auf dem Markt gibt, mit dem netten Titel "Iron Fist". Die erste Ausgabe wurde bereits im Oktober veröffentlicht, aber ich habe jetzt erst Zeit zum Verfassen eines Reviews gefunden. Die zweite Ausgabe erscheint in kürze, vielleicht helfen meine Gedanken dem ein oder anderen ja bei der Kaufentscheidung.
Wie erwähnt, das Magazin heisst "Iron Fist", kommt aus England (London um genau zu sein), hat im Laden fünf Euro gekostet und den Seitenumfang würde ich auf vierzig bis fünfzig schätzen. (Habe mein Exemplar leider gerade nicht dabei) Ist im Vergleich zum Rock Hard also eher dünn, dafür ist auch keine bescheuerte Spiele-Rubrik dabei. Liest man das Vorwort und wirft einen Blick auf die Facebook-Seite des Magazins, so scheint die Zielsetzung des Teams (Das übrigens zum grössten Teil weiblich ist) klar: Das neue Magazin soll, passend zum Titel, ein Schlag in das Gesicht der mainstreamigen Metal-Presse sein. Man will keine Trends hypen, sondern dem wahren Metal huldigen und sieht sich dem "Underground" verpflichtet. Schöner Vorsatz, aber wurde er umgesetzt?
Was die Form betrifft, so stellt man ebenfalls gleich klar dass es sich bei "Iron Fist" nicht um ein herkömmliches schwarz-weiss Fanzine handelt, sondern um ein Magazin, das in punkto Layout und Fotos mit der Konkurrenz aus der ersten Liga mitspielen kann, bzw. will. Das Layout kann man auch als gelungen bezeichnen, mit der Ausnahme von ein oder zwei Interviews, bei der man die tolle Idee hatte, den Text in dunkelrot auf schwarzen Grund zu drucken.
Da es sich um die erste Ausgabe handelt, werde ich bei meiner Inhaltskritik die Themenzusammensetzung nicht zu sehr kritisieren. Dennoch muss man anmerken, dass die Redaktion die goldene thematische Mitte zwischen "Underground" und "Mainstream" noch nicht gefunden zu haben scheint. Auf der einen Seite werden Newcomer wie AMULET vorgestellt, es folgt ein History-Special zu den brasilianischen SARCOFAGO bevor zwei Interviews mit Tom Angelripper (Fetter Minuspunkt: SODOM werden im Magazin als "band from Munich" vorgestellt) und Erik von WATAIN den Mittelteil bilden. Dazwischen werden noch News zu den neuen IRON MAIDEN Picture-Vinyls gequetscht, bevor in der Review-Rubrik ebenfalls ein nicht ganz ausgewogener Mix aus neuen Platten von bekannten und nicht-bekannten Bands folgt. Hier hätte ich mir vielleicht etwas mehr Konsequenz gewünscht. Die Interviews mit SODOM und WATAIN haben in punkto Informationsgehalt und Unterhaltungswert nicht mehr zu bieten als die der Konkurrenz. Die Interviews mit den Bands der "2. Reihe" waren dagegen immer deutlich interessanter zu lesen. (Die Namen aller Bands liefere ich nach, wie gesagt habe das Inhaltsverzeichnis gerade nicht zur Hand) Nicht nur weil ich nicht wenige davon überhaupt nicht kannte, sondern auch weil eine gewisse Euphorie seitens des Schreibers zu erkennen war. Riesiger Pluspunkt: Die Artikel waren teilweise "richtig" recherchiert, sofern das im Metal-Journalismus möglich ist. Das mit SODOM war wohl ein peinlicher Ausrutscher, aber bei den anderen Storys hat man zumindest den Eindruck dass nicht nur Wikipedia als Quelle diente und der Autor auch selbst einige Hintergrundinfos zusammengesucht hat. Die Euphorie waren jedoch an anderer Stelle wieder nervig, da die Redaktion leider dauernd mit dem Zaunpfahl winkt wenn es darum geht ihre "Underground"-credibility zu zeigen. GHOST werden auch nicht erwähnt, trotzdem ist auch das "Iron Fist" Magazin nicht ganz trendresistent. Einige ultracoole Satanisten-Spastis werden auch hier abgefeiert, wenn auch in erträglichem Masse. Die Gefahr besteht aber dass das Magazin in eine andere Art von Hipster abdriftet, hoffentlich umschiffen die das noch.
Vielleicht ist es aber auch genau die Intention des Magazins, eine Schnittstelle zwischen den grossen Magazinen und den Fanzines zu bilden. Sollte das der Fall sein, so ist das eine gute Idee die zwar noch nicht perfekt, aber bereits gelungen umgesetzt wurde. Einen grossen Kritikpunkt muss ich aber anführen, obwohl ihn wohl nicht alle als solchen auffassen werden: Das strukturelle Konzept. Das "Iron Fist" Magazine hat zu 99% die Struktur adaptiert, wie man sie von allen anderen Magazinen kennt. Einleitung, News, Newcomer Vorstellung, Interviews, Reviews, "Ausgegrabene Schätze", Schluss. Mich hat es einfach enttäuscht zu sehen dass wieder einmal eine Chance vertan wurde, neue Wege zu gehen. Eine "News"-Rubrik ist in Tagen des Internets KOMPLETT sinnfrei und reine Platzverschwendung. Die Newcomer-Vorstellung ist gut, aber es werden zuviele Bands aneinander geklatscht, so dass man nach dem dritten Namen den ersten schon wieder vergessen hat. Schwerwiegender ist das Problem in der Review-Sektion: Wieder einmal der gequälte Versuch, soviele Neuerscheinungen wie möglich in drei Seiten zu besprechen. Es gibt wieder eins bis fünf Punkte, die gleichen nichtssagenden Fünfzeiler und fertig ist eine vertane Chance. Gerade heutzutage im Informations- und Bandoverkill des Internet, wäre doch eine Zeitschrift die sich selbst beschränkt mehr als nur wünschenswert. Warum kann man nicht einfach nur drei Bands besprechen, oder drei Alben. Pro Monat wohlgemerkt. Als Redaktion eines Magazins gibt man sich schliesslich als Kenner aus, nicht nur als Fan. Warum kann sich dann nicht zumuten, eine Auswahl zu treffen? Drei Alben die sich wirklich lohnen, alle ausführlich besprochen, mit Verweisen, weiterführenden Tipps etc. Das wär mal was... die meisten von uns holen sich die Tipps doch eh nur noch bei Freunden und in Foren, da die Rock Hard-Reviewsektion sich wie der Verkaufskatalog von EMP und Media Markt liesst. Der Metal-Journalismus wird einfach zu sehr von den Veröffentichlungswellen der Plattenlabels bestimmt, das sollte sich ändern. "Iron Fist" hat da eine Chance vertan... auch wenn das Magazin an sich nicht schlecht ist.
Trust in fate and have no fear.