Gold : Oregins S.F. 1970

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Beitragvon Irish Coffee » 11. Dezember 2005, 12:04

San Francisco, die Metalheads denken da gleich an den Bay Area Thrash, aber das hier war 15 Jahre vorher, dennoch, Bay Area Heavyrock war es allemal. GOLD wurden immer mit QUICKSILVER MESSENGER SERVICE und dergleichen Bands verglichen, mir fehlt da noch die Möglichkeit, mich dieser Meinung anzuschliessen, da o.g. QMS sich noch nicht in meiner Sammlung befinden. Wie auch immer GOLD wußten zu rocken, was die ersten neun Songs der vorliegenden CD fast durchgehend bestätigen. "Fast durchgehend", da "High on love" eine schöne Hippiepopballade, und "Filet of soul" ein Blues und dazu noch instrumantal ist. "Summertime", der berühmte Gershwin Klassiker, den dutzende von Bands bereits interpretiert haben, u.a. TEN YEARS AFTER und die ZOMBIES, beginnt ruhig und doch mit sehr viel Leidenschaft und Gefühl intoniert, schlägt dann mitten im Song in einen hypnotisch groovenden Rocker von fast schon manischer Hingabe und feuriger Intensität um. Die kreischenden Leads sind fantastisch, die beschwörenden Rhythmen aus regulärem Schlagzeug, Congas und allerhand Rasseln rauben Dir fast die Sinne und machen Dich willenlos. Tanze! Die restlichen Studiotracks sind meist treibend, an vielen Stellen ebenfalls mit überwältigenden Percussioneinsätzen, die Band wie auch Publikum über den Rand der kompletten Ekstase treiben. Gerade die furiose Leadgitarrenarbeit gerät oft völlig außer Rand und Band. GOLD haben diese Songs auf Einladung eines ominösen Produzenten eingespielt, der ihnen kommenden Ruhm und Reichtum vorgegaukelt und die Band mit einem Vertrag an sich gebunden hat. Zum Heulen, jawohl. Aber die Hell's Angels Lieblinge GOLD ließen sich davon wohl kaum beeindrucken und zogen ihr Ding bis etwa 1973 durch. 1995 erschien bereits eine LP Fassung der ursprünglichen neun LP Songs (ähnlich wie bei STONED CIRCUS, siehe Review an anderer Stelle), doch das ist nichts gegen diese erneute Wiederveröffentlichung mit einem zweiundvierzigminütigen Konzertmitschnitt in brillanter Soundqualität. Diese Frühphase der Band ist sehr von purer Lust am Spiel, aber auch Streben nach größeren Dingen geprägt, dementsprechend steckt Energie in den Songs. Besonders live kommt dies gut zur Geltung. Hier ist "Filet of soul" ein Vocaltrack, immer noch ein gemächlich dahinschaukelnder Blues, aber mit eben diesen wilden Leads und rauhen, emotionsgeladenen Vocals, die stark an TASTE (mit Rory Gallagher) erinnern. Musikalisch geht es live wie auch im Studio sehr wuchtig zu, wenngleich die urtypischen Psychedelicelemente nicht fehlen dürfen, aber auch nicht zu sehr ausgewalzt werden. Ob nun "High on love" im Studio oder "Colores" live, der Band steht auch ein softer, träumerischer Song mit peaciger Stimmung und leichtem Latin - Feeling beim Groove gut zu Gesicht. Immer wieder faszinieren die Percussions und sorgen dafür, daß die Musik noch mitreißender wirkt. Zuweilen scheint mir der harte Rock der Band mit einem latent schwarzen Ausdruck versehen zu sein, soulige Melodien und ebensolcher Gesang schleichen sich ein. Energetischer, wütender Soul der späten Sechziger aus der Arbeiterstadt Detroit hat hier einen großen Einfluß ausgeübt, ohne nun allerdings die hardrockige Ausrichtung zu unterdrücken. Und gerade bei den Liveaufnahmen, die die Studioversionen zum Teil noch um eine oder zwei Minuten übertreffen, zeigt sich die wahre Power der Band. "PSB" ist noch entfesselter, gerade die wilde Groovepassage in der Mitte, wo die Percussions mit höchster Wildheit einen irrwitzigen Beat klopfen, gerät hier zu einem Klanginferno. Statt Congas gibt es übrigens Shreds von der Rhythmusgitarre, die allerdings noch nicht so verzerrt und unnatürlich ist, wie es heuer der Fall wäre. Natürlich lassen GOLD die Klampfen ordentlich brüllen, brodeln und sägen, wenn es denn zum Song passt. Beim Instrumental "Conquistadores", welches im Studio gut rockt, bauen diese Irren einfach mal einen Solopart vom Bass ein, der dann auch mit höchster Brachialität heruntergezockt wird, während das Schlagzeug schön locker den Beat im Hintergrund fortführt. Natürlich wird hier bis zum Abwinken soliert, bluesig, abgehackt, als ließe man die Gitarre sprechen. Das konnten LED ZEPPELIN immer sehr gut und auch die zeitgleich gestarteten, aber ungleich erfolgloseren GOLD machen aus ihrem Können keinen Hehl. Auch hier baut die Band dann einen beschwörenden, ekstatischen Percussionpart ein, in den langsam alle Instrumente einsteigen. Die Studioversionen sind schon geil, aber diese Liveaufnahmen schlagen das Studioalbum noch um längen, wären also ein 11 Punkte Fall, haha. Und nun zum absoluten Höhepunkt. "No Parking" war als vollkommen wilder und aggressiv riffender Opener mit infernalischen Leadgitarren und zornigem Gesang bei gerade 2.38 Minuten schon die Hölle im positiven Sinn. Nun ist er live auf 6.21 Minuten aufgestockt worden. Ihr könnt Euch vorstellen, wie grandios brutal er mit seinen packenden Aggroriffs und den peitschenden Leads auf die Hörer eindrischt. Etwas beschwingter kam der Mittelteil des Stückes, bei dem auch wieder die Liveversion noch über der Studiofassung rult. Schön treibend wird hier instrumental einer vom Leder gezogen, mit schön tanzbarem Rhythmus unterlegt, daß auch der letzte Höllenengel vollkommen außer sich gerät. Ein prägnantes Grundriff und darüber diese röhrenden Soli, das macht Dich wild. Ein Drumsolo darf natürlich nicht fehlen, wird von einem absoluten Maniac dargeboten und beschließt den Mittelteil, denn gleich nach dem letzten Schlag fetzt die Band wieder boshaft grollend mit dem regulären Song los, beschließt das Stück in einer grandiosen Klangeruption. Können da "Fried neck bones" und die "Heavy" Liveversion noch mithalten? Ach, absolut. Entspannt, zurückhaltend und mit einem irgendwie mystischen Ausdruck versehen rockt das fünfeinhalbminütige "Fried neck bones" betörend aus den Boxen, steigert sich, lässt sich wieder ein wenig mittreiben, immer wieder von den Leads des vom Wahnsinn befallenen Gitarristen Joe Bajza vorangeprügelt. Die Band setzt live als Percussion immer eine Kuhglocke ein, auf der Sänger Richard Coco wie besessen herumhaut. Jazzige Soloparts sind ebenfalls zu vermelden, wie auch wieder dieser angenehme Latinbeat. Yeah, GOLD machen Feuer. Aggressive Gitarreneruptionen sind ihnen auch bei diesem relaxteren Song nicht fremd. Fein. "Heavy" ist dann der Rauswerfer der Scheibe, ein straighter, knackiger Rocksong mit einprägsamem Leadriff und Rock'n'Boogey Feeling. Neben dem Hauptriff und den Breaks wird halt soliert oder es werden darunter einige fetzende Heavyriffs entfacht. Ein kurzes Fetzen am Ende und schon ist es vorbei mit der Herrlichkeit. Tja, diese Scheibe hat es für Liebhaber der Rockmusik jener Tage, die frei genug war, auch Elemente von Soul, Latin, Funk und Pop in sich aufzusaugen und zu einem explosiven Cocktail zu verarbeiten, wirklich in sich. Feine Linernotes beleuchten ein wenig die Bandgeschichte, einige Fotos geben einen Einblick in die aktive Zeit GOLDs. Schön sind die Bilder der vielen Konzertplakate, die zeigen, daß GOLD sicherlich zu den hoffnungsvollsten Nachwuchskünstlern gehörten. Hat leider nie wirklich sollen sein. Kontakt: www.worldinsound.de

Sascha, 2005
Odins wilde Krieger aus dem Norden kehren wieder. Abgerissen und zerschlissen, dennoch ungebrochen. Holstein, Deine Helden wollen sich zu Worte melden. Voller Stolz und voller Wut, hier wird gestanden, nicht gekrochen.
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