<span style='font-size:14pt;line-height:100%'>BLACK AXE - Highway Rider 7" (Metal Recording 1980, MetalMelt 1)</span>Okay, stellt Euch vor, Ihr sitzt beim Keep it True 12 im April entspannt in der Sonne am Ufer der Tauber als plötzlich ein Boot neben Euch andockt. Von Deck springen schwer bewaffnete Affenpiraten, die Euch mit vorgehaltenen Krummsäbeln und unflätigen Beschimpfungen auf ihr Schiff verschleppen. Die günstigen Winde werden genutzt, und so schaffen die Piraten (es handelt sich wohl um Rhesusaffen) es zügig, Euch in einen nahe gelegenen Höhlenkomplex zu bringen, wo Ihr unter vielerlei Schmähungen vor ihren erbarmungslosen Anführer geführt werdet. Noch unter Schock ob der brutalen und weitgehend unerwarteten Entführung, müsst Ihr nun überdies mit Entsetzen feststellen, dass es sich bei eben jenem Anführer um ein fünfdimensionales, hundeköpfiges Wesen vom Planeten Omnikron-Zeta im Sternbild Perseus handelt. Glück im Unglück: der hyperintelligente Alien liebt britischen Heavy Metal und erkennt an Euren Kutten und Shirts, dass Ihr offensichtlich ähnliche Vorlieben hegt. Er räumt Euch daher eine Chance ein, zu entkommen und Eure Organe vollständig zu behalten. Alles was Ihr tun müsst, ist, ihm DIE ultimative NWOBHM-Single zu nennen. Die Single, die alles enthält und perfekt auf den Punkt bringt, was die NWOBHM ausmacht. Schwere Wahl, oder? Welche Single würdet Ihr nennen? Maidens "Soundhouse Tapes" vielleicht? "Suzie smiled" von den Tygers of Pan Tang? Marquis de Sades "Somewhere up in mountains", weil Ihr hofft, der Alien ist Mitglied im Collector's Ring und setzt "rar und teuer" automatisch mit "gut" gleich?
Meine Wahl fiele mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die "Highway Rider" 7", die einzige Veröffentlichung der fantastischen BLACK AXE aus Carlisle im schönen Lake District. In 5:50 Minuten auf 45 RPM wird alles geboten, was die NWOBHM zu bieten hat. Wunderbar naive Melodien, unbekümmert rockenden Drive, Energie en masse und tolle Gitarren. Würde mich ein hundeköpfiger Alien nach dem Archetyp einer NWOBHM-Single fragen, "Highway Rider" wäre die Antwort.
BLACK AXE sind nicht nur eine der quintessentiellen Formationen der NWOBHM, sondern auch ein Paradebeispiel für eine Band, die ohne Plattenfirma erfolgreicher war, als mit. Bereits 1977 von den Schulfreunden Chris English und Simon Sparkes unter dem Namen Leviathan gegründet, erspielte man sich bei zahlreichen Gigs schnell einen guten Ruf im englischen Nordwesten. 1980 begaben sich die kurz vorher umbenannten BLACK AXE ins Studio und nahmen fünf Tracks auf, von denen es zwei - "Highway Rider" und "Red Lights" - auf die in Eigenregie produzierte Single schafften.
Beide Tracks sind unbedingt empfehlenswerte Stücke, die dank toller Refrains sofort ins Ohr gehen und auch drinbleiben. Die A-Seite "Highway Rider" wird während der Strophe von einem markanten, treibenden Bassriff und einer wunderbaren Gesangsmelodie getragen und geht dann über in einen herrlichen Chorus. Nach 2:50 Minuten rockt das im Midtempo gehaltene Stück so locker-flockig, wie es begonnen hat, bereits ins Ziel. Die B-Seite "Red Lights" hingegen, ist das pure Dynamit. High Energy-Rock - oder "Head Contact Rock'n'Roll", wie es die Band nannte - mit heftigen Riffs und energischem Refrain. Die Produktion der Single ist nicht die beste, was das Amateurniveau der Band deutlich macht, und härtere Bands gab es um 1980 eventuell auch schon. Doch als Gesamtpaket ist die Single fast unschlagbar und zumindest in meinen Top 20 der NWOBHM auf den oberen Plätzen vertreten.
Die 7" verbreitete sich rasend schnell und verkaufte sich dank mehrerer Distribution-Deals mit größeren Labels unheimlich gut. In der Folge brach ein regelrechter Hype um BLACK AXE aus. Unter anderem erschien ein zweiseitiges Feature (für eine Band mit lediglich einer selbstgemachten Single!) im Kerrang-Magazin, ein Auftritt in der Friday Rock Show der BBC (!!!) und ein Radiofeature auf Radio Capitol. Die Zeichen stand also voll auf Karriere und die großen Firmen vor der Haustür. Den Zuschlag bekamen Chrysalis Records, wo sich BLACK AXE unter Künstlern wie Blondie, Uriah Heep oder Jethro Tull in reichlich prominenter Gesellschaft befanden.
Von da an ging es bergab. Die Plattenfirma drängte zunächst darauf, den Namen der Band in WOLF zu ändern. Brilliante Idee... Es gibt ja sonst kaum Bands, die WOLF heißen... Der Umzug nach London wurde ebenso verlangt, wie die Integration von Keyboards in den Sound der Band. Die folgende, bereits als WOLF veröffentlichte "Head Contact" EP wurde mit großem Budget in die Läden gehievt, ließ aber in der Konsequenz trotz der starken Songs vieles vermissen, womit sich die Band einen Namen gemacht hatte: Unbekümmertheit, Spielfreude, Energie - und auch die Live-Shows konnten nicht mehr mit den Auftritten der Anfangstage mithalten. Nach einer relativ erfolgreichen Tour im Vorprogramm der Scorpions, begab sich die Band für ihre erste Full-length Platte ins Studio, wurde aber - da die neuen Lieder nicht die Gnade von Chrysalis fanden - sang- und klanglos gedroppt. Erst 1984 wurde das "Edge of the World" betitelte Debütalbum von Mausoleum Records veröffentlicht. Gute Scheibe, die viel näher am ursprünglichen Black Axe-Sound war, als die sehr durchschnittliche Chrysalis-EP. Trotzdem kam es nach dem Release relativ schnell zur Auflösung. Die Frustration hatte gesiegt.
Anyway, wenn 25 Jahre nach dem Release von "Highway Rider" eine japanische Band - wie in diesem Falle Gorgon - den Titeltrack der Single covert und der Band obendrein sogar noch einen weiteren Song namens "Black Axe" (logisch...) widmet, dann kann es sich eigentlich nicht um eine Durchschnittstruppe gehandelt haben. Ich sehe es genauso (Lars Ulrich übrigens auch, der die Band mit "Red Lights" auf seinem NWOBHM-Sampler verewigte). "Highway Rider" MUSS ohne wenn und aber in jeder, aber auch jeder einigermaßen ernstzunehmenden NWOBHM-Sammlung stehen. Es gibt sicher herausragendere Singles, aber auf kaum einer wird in solcher Dichte die Essenz der NWOBHM knackig und authentisch zelebriert, wie auf "Highway Rider".
Obwohl die Single im hohem vierstelligen Bereich verkauft wurde, ist sie nicht ganz einfach zu finden. Unter 25 Euro dürfte man - wenn überhaupt - kaum fündig werden. Wenn Ihr sie irgendwo seht - zuschlagen. Sie ist jeden Cent wert. Aber bitte nicht auf den Phoenix Records Bootleg von 2003 (erkennbar am roten Vinyl) reinfallen!
Chris English - vocals
Simon Sparkes - guitars
Bill Keir - guitars
Stewart Richardson - bass
Mike Thorburn - drums
SOUNDCLIPS:
<a href='http://www.youtube.com/watch?v=RVv_CajbXjc' target='_blank'>BLACK AXE - "Red Lights" (Youtube)</a>
<a href='http://www.youtube.com/watch?v=ewypzgfRnqU' target='_blank'>BLACK AXE - "Highway Rider" (Youtube)</a>
<a href='http://www.youtube.com/watch?v=Xocb0lQXSFg&feature=related' target='_blank'>WOLF - "Highway Rider" (Youtube)</a>
Sblood, thou stinkard, I’ll learn ye how to gust … wolde ye swynke me thilke wys?