Da ich gerade definitiv nicht vollkommen übermüdet bin, werde ich jetzt einen Bericht schreiben!
Der Sachsen-Franken-Transit hat besser als befürchtet funktioniert, da nach dem allgemeinen Räderstillstand lediglich einige Züge aus Tschechien zweieinhalb Stunden Verspätung angesammelt hatten, der Express nach Nürnberg konnte nach geringfügiger Verzögerung seiner Spur ungestört folgen, so dass die Kohorten um ca. halb acht am Nürnberger Bahnhof eintrafen.
Dort unter anderem der Stormwitch begegnet und als verwöhnte Wohlstandsbürger per U-Bahn zum Ort des Geschehens gefahren (oder zumindest den Fußweg abgekürzt).
Jener Ort ist ein recht heimeliger kleiner Club, Konzertraum gestrichen in modischer Ochsenblutfarbe, hier könnte allerdings ein beleuchtungsbedingter Fehler in meiner Farbwahrnehmung aufgetreten sein. Interessanterweise war bereits zur ersten Band der "Saal" mit Menschen dicht gepackt, der späte Beginn hat es wohl allen Auswärtigen ermöglicht, schon anwesend zu sein.
Der Auftakt mit Children of Doom hat mich verunsichert bezüglich der sprachlichen Finesse französischer Musiker zurückgelassen, da ich sowohl vom Text der Lieder als auch von den kurzen Zwischenansagen kein einziges Wort abgesehen von einem gelegentlich eingestreuten "Fuck" und "Dankeschön" (letzteres natürlich nicht in den Liedtexten) verstanden habe. Der Gitarrist erschien dem musiktheoretischen Analphabeten in mir recht beschlagen zu sein und hat zusätzlich durch sein extravagantes Mienenspiel unterhalten. Das eine oder andere Riff wusste zu gefallen, gewisse Stellen waren mir aber zu Stoner-lastig. Als unter dem Radar fliegende Demo-Band wurden sie natürlich nicht wie eine Sensation gefeiert, der Teil des Publikums, der nicht vor der Tür Bierreserven reduzierte, schien mir aber recht zufrieden.
Motörgoat habe ich eher beiläufig wahrgenommen, da ich außerhalb der steinernen Wände des Z-Baus meiner zügellosen Prominentenobsession nachging (Dreaming!

). Ein, zwei Lieder habe ich mir angehört, leider nicht mein Fall. Sehr stilsicher war allerdings der Abgang des Sängers, der sich nach seinen letzten Zeilen einfach einen direkten Weg durch das Publikum bahnte.
Der mit einer zumindest für mich überraschenden Becker-Anwesenheit ausgestattete Atlantean-Kodex-Auftritt hat mir sehr gut gefallen. Ich denke, dass ein halber bis zum Bersten gefüllter Konzertraum die Refrains mitbrüllt (und den Rest, meine armen Stimmbänder...), spricht für sich. Schade, dass "A Prophet in the Forest" nicht ganz vollständig gespeilt werden konnte, aber Spielzeit ist Spielzeit. Am Ende noch das obligatorische "Doom over the World", stimmlich veredelt von einem gewissen Chilenen.
Procession haben zum wie angekündigt etwa 90-minütigen Abschluss bewiesen, dass sie nicht nur auf Plastik gepresst für Aufsehen und Aufhorchen sorgen, sondern auch als Live-Band ein Niveau wie ein Andenplateau erreichen. Ausschließlich mit eigenem Material und derart spiel- und einsatzfreudig einen Headlinerauftritt durchzuziehen, traue ich nur wenigen anderen Bands mit lediglich zwei "längeren" offiziellen Veröffentlichungen zu.
Nach dem Konzert bot sich dem sächsichen Diplomatischen Korps die Gelegenheit, die Architektur fränkischer Bahnhöfe bei Nacht zu bewundern. Nach ein paar Stunden war die Euphorie allerdings trotz des reichen Formenspiels und einiger interessanter Fallstudien menschlichen Verhaltens unter Einfluss bewusstseinsverändernder Substanzen (z.B. jemand, der erst Gott und dann vom ZDF war) ein wenig abgeflaut.
Ich möchte diesen Teppich nicht kaufen, äh, Gute Reise, die sich gelohnt hat.
p.s.: Falls jemand ein Frank Herbert-Buch gefunden hat, Thom aus Erfurt vermisst eins.