Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heute

Schreibt euch die Finger wund über das große Thema "Metal" - über neue Platten, neue Bands, Konzerte etc.

Moderator: Loomis

Re: Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heut

Beitragvon Tillkill » 9. September 2010, 22:00

Vielleicht kann ich mal aus der Sicht eines Mini-Labels etwas dazu beitragen. Bin seit Anfang des Jahres bei Firefield Records beschäftigt. Das Label wurde 2007 von einem Kumpel von mir gegründet, seit 2010 versuchen wir zu zweit (mit einigen Helfern aus den Bereichen Booking, Merch etc.) Gas zu geben. Wir haben ein neues Roster aufgebaut, hunderte von Demos gehört (und hören natürlich weiter) und uns ganz bewusst für die Zusammenarbeit mit ein paar Bands entschieden, die unserer Meinung nach weiterkommen könnten.

Grundsätzlich stand die Frage im Raum: Machen wir ein Sparten-Label oder ein "offenes". Wir haben für die zweite Variante entschieden, weil wir uns nicht von vorneherein Wege verbauen wollten. Die ersten Releases 2010 waren heftiger, jetzt kommt mal was Melodiöses aus dem Prog-Fach und ne Old School Thrash-Kapelle.

Aus dem riesigen Demo-Haufen (der fast täglich wächst), haben wir wie gesagt einige Bands rausgepickt. Und zwar natürlich in erster Linie nach musikalischer Qualität, ABER in zweiter Linie auch nach Neudis Ansätzen. Was hat diese Band, was andere nicht haben? So kam es, dass wir z.B. Redrum Inc. signten, obwohl sie musikalisch nicht zu hundert Prozent meinem privaten Geschmack entsprechen. Sie gehen Richtung Crowbar, hier läuft gerade Lordian Guard... Aber diese Band arbeitet verdammt hart, hat eine Europatour mit Crowbar absolviert (diesen Sommer), Kirk Windstein singt einen Song auf dem Album etc. Das sind Argumente, die gerade einem kleinen Label helfen wenigstens ein paar Interviews an Land zu ziehen.

Mittlerweile ist es leider so, dass sogar übersichtlich populäre Online-Fanzines Intis ablehnen mit der Begründung, sie hätten genügend "große" Bands zu bearbeiten. Im Print-Bereich ist das noch etwas anders (bei den Fanzines), aber deren Reichweite ist überschaubar. Was nicht heißt, dass die nicht für uns interessant wären. Ganz im Gegenteil.

Grundsätzlich stellen wir uns jeden Tag die Frage im Büro: Wie können wir unsere Bands bekannter machen, ohne sie a) anzubieten wie Sauerbier und b) tausende von Euros (die wir gar nicht haben) in Anzeigen zu stecken? Live-Gigs, Stände bei Gigs/Hallenfestivals, Videoclips (über Freunde finanziert/realisiert, die wissen, was sie tun), das sind momentan unsere Mittel. Aus dem angesprochenen Demo-Haufen würde ich locker 50-60 % der Bands für professionell genug halten, um veröffentlicht zu werden. Aber wen würde das interessieren? Gerade kleine Labels brauchen das Besondere, um überhaupt bestehen zu können.

Um auf die Ausgangsfrage zurück zu kommen: Wir rechnen nicht damit, die neuen Maiden, Slayer, Iced Earth etc. zu entdecken. Nicht mal ansatzweise. Das wäre vermessen und vollkommen unrealistisch. Aber auch der "Mittel- und Unterbau" muss gefördert werden, der in drei bis fünf Jahren nachmittags auf dem WOA/BYH/WFF wasauchimmer spielt und die Leute begeistert. Deshalb kaufe ich mir seit Jahren ganz bewusst auch immer Scheiben von "kleineren" Bands, die ich weiterhin sehen will. Als Beispiel seien mal Burden Of Grief genannt. Oder Dark Age. Oder... Ich fände es schade, wenn diese "Schicht" aus dem Metal verschwinden würde.
Till Burgwächter: Neues aus Trveheim! Ab sofort im Handel!
Härter als Stahl, trver als Lauda-Königshofen, tragischer als Titanic!
http://www.verlag-reiffer.de/product_in ... ab4b749f3d
Benutzeravatar
Tillkill
Prog-Rock-Fan
 
 
Beiträge: 160
Registriert: 17. Juli 2010, 22:20
Wohnort: Braunschweig


Re: Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heut

Beitragvon Neudi » 9. September 2010, 22:11

Dann lasst uns doch mal Enforcer nehmen und sie zum Festival-Headliner 2015 machen, ok?

1.) Earache ist ein klasse Label, verfügt aber auch nur über gewisse finanzielle Mittel (hatte bisher recht wenig Kontakt trotz streetclip.tv). Aber immerhin: Man ist schon von Heavy Artillery (in den Shops kaum zu bekommen und wenn, dann über den Vertrieb H`Art Music und daher für 18 Euro aufwärts) zu Earache (SoulFood Vertrieb, besuchen jeden Media Markt/Saturn etc.) gegangen. Man hat also in der Band schon erkannt, daß klein und überzeugt (Heavy Artillery) nett ist, aber auf Dauer nichts bringt. Erinnert mich an uns, Viron (RIP) bei Sonic Age (Griechenland) und Twilight Vertrieb.

2.) Nach Earache müßte ein Label der Größenordnung Major oder Nuclear Blast her. Evtl. wäre auch ein Zwischenschritt über Century Media oder AFM möglich. Beide können auch mit semigroßen Acts umgehen. Dennoch: Bei den großen Firmen muß mindestens ein Mensch sein, der sich sagt: Und die Jungs mache ich jetzt groß! Dabei darf er nicht in den üblichen Regionen denken (Re-Coupen die auch? etc.).

3.) Die Bandmitglieder müssen gezwungen werden, etwas erwachsener zu werden. Alkohol nach dem Gig, keine Interviews im Zustand von Gut und Böse (ich habe zwei Interviews mit der Band verworfen, niemals gezeigt. Das war nicht lustig angetrunken, sondern schädlich panne...).

4.) Schon vor der nächsten CD beim großen Label XY muß die Band mit einer wesentlich größeren Gruppe auf Tour gehen. Das kostet zwar täglich heftig Buy-On, aber das muß egal sein. Immerhin ist unser fiktiver Labelboss ja überzeugt, daß gerade die Jungs es schaffen werden. Die Tour muß trotz Supportplatz bereits mit Roadies ausgestattet sein, damit der Eindruck einer professionellen Band entsteht. Nichts sieht mehr nach Amateur aus, als selbst etwas wegzuräumen. Leider müssen das fast alle kleinen bis mittleren Bands dennoch tun. Dies hat eine enorm negative Außenwirkung, denn der Satz "die sind ja Leute wie wir" ist zwar grundsätzlich positiv, schadet aber trotzdem. Alle großen Bands bestehen aus Leuten, die man eben nicht täglich auf der Straße treffen kann und insgeheim wollen die Fans auch zu einem Musiker aufblicken. Das mag zwar überraschen, aber es funktioniert schon seit Jahrzehnten.

5.) Das neue Album muß erst mal in einem kleinen Studio vorproduziert werden. Man einigt sich auf 2 Songs, die bewußt massentauglich sind bzw. die Masse an Metalfans stilistisch erreichen können. Evtl. kann man einen Song von einem Externen (oder mit einem) zu einer potentiellen Single umarrangieren lassen. Den Rest der CD soll die Band ihren Stil beibehalten. Man checkt nur, ob das Album Schwachstellen haben könnte.

6.) Mit dieser Vorproduktion schicken wir die Band in ein renommiertes Studio mit einem renommierten Produzenten. Die CD muß im Gesamten am Schluß die Fans der ersten Stunde überzeugen, aber ganz klar auch neue Fanschichten anziehen. Ein Kompromiß, den man über die gesamte CD finden kann, oder auf Songebene (wie in der Vorproduktion).

7.) Schon während die Jungs im Studio sind, wird ein Promotionplan ausgearbeitet, der weit über die üblichen Sammelanzeigen in den Mags geht. Neben Radio- und TV-Promotion (ja, ein Videoclip ist auch heute noch notwendig) muß man die Magazine bemustern (und zwar nicht knauserig, sondern mit auch mal 2 oder 3 CDs zuviel pro Redaktion). Online Magazine sollte man außen vor lassen, ledigliche die Großen (bewiesen Großen und nicht Klickargumente) sollten bemustert werden. In Großstädten kann man über eine Bauzaunplakatierung (heißt wirklich so) nachdenken.

8.) Man überlegt sich, wie man die Band vermarkten kann. Nach langen Gesprächen mit der Band, können sich interessante Dinge herausstellen, die man verwerten kann. Daß die Väter der Musiker auch Metal hören und man als Kind schon die Plattensammlung gehört hat. Daß man in der Schule ein Außenseiter war, es aber mit der Band Allen zeigen will. Vielleicht auch vermeindlich Negatives wie Drogenmißbrauch, den man aber jetzt unter Kontrolle hat (auch wenn es nicht stimmt, völlig egal!). Und natürlich ein paar polarisierende Aussagen, die zunächst großkotzig klingen, aber für Gesprächsstoff sorgen: Wir sind die Retter des echten Metals! Wer uns nicht gehört hat, der darf sich nicht Metaller nennen. Und so weiter...
Hat man diese Punkte auf dem Tisch und werden sie publik, dann werden automatisch aus einer Seite Interview zwei...

9.) Danach muß wieder eine Tournee folgen und der Booker hat die Band, egal wie, auf allen relevanten Festivals zu guten Uhrzeiten unterzubekommen, notfalls mit "weniger Gage gegen gute Spielzeit". Es ist wichtig, daß die Band schon größer erscheint, als sie ist. Leider muß man der Band auch verbieten, sich unters Volk zu mischen. Auch das würde wieder nach kleiner Band aussehen. Auch wenn gerade eine Lieblingsband der Jungs spielt - notfalls vom Bühnenrand anschauen, was wieder gut aussieht.

10.) Da ich jetzt keine Lust mehr habe zu schreiben folgt jetzt direkt: Auch wenn die Scheibe weniger verkauft als geplant....es muß mit der nächsten im gleichen Umfang weitergehen!
"If you want to be a fucker, zieh die Oma durch de Acker"
Benutzeravatar
Neudi
US Metal-Kenner
 
 
Beiträge: 636
Registriert: 6. Mai 2007, 09:31


Re: Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heut

Beitragvon Tillkill » 9. September 2010, 22:15

Leider viel Wahres dran ...
Till Burgwächter: Neues aus Trveheim! Ab sofort im Handel!
Härter als Stahl, trver als Lauda-Königshofen, tragischer als Titanic!
http://www.verlag-reiffer.de/product_in ... ab4b749f3d
Benutzeravatar
Tillkill
Prog-Rock-Fan
 
 
Beiträge: 160
Registriert: 17. Juli 2010, 22:20
Wohnort: Braunschweig


Re: Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heut

Beitragvon Oliver/Keep-It-True » 9. September 2010, 22:19

Diese Sache mit "nicht unters Volk mischen" ist für mich eher der Anfang vom Ende, diese Praktiken kotzen mich schon seit Jahrzehnten extrem an.
"Valor pleases you, Crom...so grant me one request. Grant me revenge! And if you do not listen, then to HELL with you!"
Bild
Benutzeravatar
Oliver/Keep-It-True
Barbar
 
 
Beiträge: 17627
Registriert: 8. Januar 2004, 15:01
Wohnort: Biebelried


Re: Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heut

Beitragvon Tillkill » 9. September 2010, 22:21

Aber er liegt doch richtig. Vom KIT und ähnlich gelagerten Veranstaltungen abgesehen ...
Till Burgwächter: Neues aus Trveheim! Ab sofort im Handel!
Härter als Stahl, trver als Lauda-Königshofen, tragischer als Titanic!
http://www.verlag-reiffer.de/product_in ... ab4b749f3d
Benutzeravatar
Tillkill
Prog-Rock-Fan
 
 
Beiträge: 160
Registriert: 17. Juli 2010, 22:20
Wohnort: Braunschweig


Re: Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heut

Beitragvon Neudi » 9. September 2010, 22:23

Hey Till! Danke für die Einsichten! Ohne die kleinen Labels, würde es heute noch viel schlechter aussehen, denn im Grunde sind die es, die das leisten, was bei Kiss die ersten drei Platten und bei Priest Rocka Rolla bis....sagen wir Stained Class waren. Aktuelles Beispiel: Volbeat. Horrende Verkäufe für ein Label wie Mascot und die Universal Music beobachtet dies und...schlägt zu! Jetzt werden Unmengen an Budget (habe die Zahl leider schon wieder vergessen) in die Band gepumpt, Kohle die Mascot sofort Bankrott machen würde. Oder außerhalb vom Metal Unheilig. Die (oder er) haben immer brav ihre bestimmt fünfstelligen Verkaufszahlen beim Indievertrieb gehabt und dann...schlägt Universal zu und man ist auf ein mal die Band der Stunde.
Es ist selten, daß eine junge, neue Band direkt beim Major unterkommt (seltene Ausnahme: Kissin´ Dynamite) und wenn, dann hat ein Produzent, der gute Kontakte hat, das Produkt bereits fertig im Sack und geht damit shoppen.

Natürlich spiegelt die ganze Diskussion nicht mich selbst als Metalfan wieder, denn ich brauche weder Image noch dolle Stories rund um die Band. Und als Musiker mit aktuell Roxxcalibur am Start kann ich mich weder beschweren, noch forciere ich mit der Band eine Vorgehensweise wie in meinem vorherigen Beitrag. Die Frage ist ja auch: Würden wir fünf Musiker unsere Berufe aufgeben, um professionell Musik zu machen? Das Fazit wäre, mit der Musik Geld verdienen ZU MÜSSEN und das geht nur mit musikalischen und anderen Kompromissen...

Daher glaube ich auch, daß Bands aus "unseren Kreisen" (wobei ich den Underground meine) durchaus glücklich mit ihrer Situation sind. Und wenn dann ein kleines Label an die Band glaubt und man gemeinsam Spaß hat, dann ist das super:)
"If you want to be a fucker, zieh die Oma durch de Acker"
Benutzeravatar
Neudi
US Metal-Kenner
 
 
Beiträge: 636
Registriert: 6. Mai 2007, 09:31


Re: Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heut

Beitragvon Cromwell » 9. September 2010, 22:25

Wildfire hat geschrieben:Ich weiß nicht wie das bei der Allgemeinheit hier ist, aber rotieren hier noch Alben aus den Jahren 2008, 2005, 2002 beispielsweise häufiger oder gar überwiegend?


Bei mir schon. Es gibt massenhaft großartige Alben aus den letzten zwanzig Jahren, deswegen...
Wildfire hat geschrieben:Es mag blöd klingen, aber ich habe einen durchweg anderen Bezug zu 80er Material als dem ganzen neuen, teils lieblosen teils nicht ansatzweise begeisterungserweckenden „Mist“ (wenn ich es so sagen darf).

...halte ich solche Aussagen für zweifelhaft.Damit ist die Wertung bereits erfolgt und die folgenden Worte sind nur noch ein Nachspiel, dessen Verlauf schon klar ist. Deine Meinung ist natürlich legitim, aber wenn du die gesamte Musik, die nach den Achtzigern erschienen ist, grundsätzlich in einem solchen Licht siehst, kannst du praktisch nur enttäuscht werden. Negative Affirmation gewissermaßen. :smile2:

Deine Anmerkungen zu Myspace etc. halte ich für richtig, eine meiner Erfahrung nach treffsicherere Methode für die Suche nach interessanter Musik ist das Ausgehen von einer "neueren" Band, die man schätzt. Wenn man annimmt, dass jemand, der Musik schreibt, die einem gefällt, auch einen halbwegs guten Musikgeschmack hat, kann es nützlich sein, von einer "Top-Freund-Liste" zur nächsten zu springen.

Bezüglich deiner Meinungen zu "echten Musikinteressierten": Ich frage mich nicht selten, ob man selbst nicht einen verzerrten Standard in Hinblick auf die Allgemeinheit hat. Aufgrund der starken Bindung, die man zur Musik aufbaut, sieht man das Verhalten anderer mit anderen Augen. Viele Menschen interessieren sich nur für eine gute Melodie, einen griffigen Refrain und wollen nichts Genaueres über das "Warum?" oder "Wie?" wissen. Obwohl es stets zu begrüßen ist, wenn jemand in die tieferen Schichten eines Themenkomplexes eindringt, kann ich nichts genuin "Falsches" in dieser Einstellung sehen. Wer nur etwas gefällige Hintergrundmusik sucht, geht vielleicht mit etwas weniger offenen Augen (na ja, Ohren) durch die Welt. Das ist etwas schade, aber während der positive Fall ("echter Musikinteressierter") eine erhöhte Wertschätzung meinerseits nach sich zieht, versuche ich stets, im gegenteiligen Fall diese andere Einstellung zur Musik nicht negativ auszulegen.
Daher habe ich mir auch abgewöhnt, mit Menschen, bei denen ich erkannt habe, dass sie diese andere Einstellung haben, aber auch Unbekannten, über Musik zu reden - egal wie sie aussehen oder was sie zu hören scheinen. Empfehlungen gebe und nehme ich nur aus Kreisen, bei denen ich die Koordinaten kenne (wie z.B. hier).
Meine leidenschaft für Musik lebe ich soweit es geht für mich selbst aus - unabhängig von denen, die die Dinge anders sehen, aber auch mit Rücksicht darauf, dass eben jene auch unabhängige Sichtweisen haben.

Wildfire hat geschrieben:Was das Massenphänomen Metal angeht: Nun, daran glaube ich nicht.


Ich auch nicht. An einer Universität mit zehntausenden Studenten immer die gleichen Gesichter mit den immer gleichen T-Shirts, abgesehen von derartigen "Jugendballungszentren" gar nichts.

Wildfire hat geschrieben:Das was mich wirklich nervt ist mit solchen Leuten eine Tonne gestopft zu werden. Die Leute sehen "Rock, Metal" oh, das habe ich bei Taff gesehen, das sind diese Wacken und Slayer Gröhler da, und dann anfangen irgendwas zu growlen.


Derartiges ist mir seltsamerweise noch nie passiert. Vielleicht hält es meine Umgebung wie ich...
Und schon wieder geh'n wir zum Chinesen.
Benutzeravatar
Cromwell
Listenhorst
 
 
Beiträge: 3342
Registriert: 18. Mai 2010, 20:15


Re: Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heut

Beitragvon Oliver/Keep-It-True » 9. September 2010, 22:25

Ich meine, das dies in den 80ern und Anfang der Neunziger funktioniert hat. Heute sieht die Sache aber etwas anders aus, denn um das so zu praktizieren, braucht man erst einmal einen gewissen Status, den die meisten Bands heutzutage gar nicht mehr haben.
"Valor pleases you, Crom...so grant me one request. Grant me revenge! And if you do not listen, then to HELL with you!"
Bild
Benutzeravatar
Oliver/Keep-It-True
Barbar
 
 
Beiträge: 17627
Registriert: 8. Januar 2004, 15:01
Wohnort: Biebelried


Re: Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heut

Beitragvon Neudi » 9. September 2010, 22:28

Oli, ich gebe Dir da vollkommen recht (und ich habe das trotz dem Wissen darüber nie praktiziert...noch nicht mal damals bei meinem musikalischen Fehltritt, der aber erfolgreich war, Century. Dennoch muß man einfach sagen, daß ein Brian Ross einfach ein netter Mensch ist, mit dem wohl schon jeder KIT/HOA-Besucher gesprochen hat. Es gibt also keine Gerüchte, keine Geschichten und keine Fantasie über Brian als Sänger mehr. Früher kannten wir ihn nur von Plattencovern und aus Magazinen. Und da war die Schlange etc.
Wie gesagt, ich gebe Dir Recht und ich freue mich auch über Musiker zum Anfassen, aber für eine Karriere ist das nix. Kiss haben es ja auf die Spitze getrieben mit ihren Masken. Und ich erinnere mich an Danzig. Von dem wußte man gar nichts. Und je mehr über ihn bekannt wurde, um so weniger wurde das Interesse...
Oder Bathory: "Die haben bei ihren Gigs ein lebendes Schwein geschlachtet!". Das hat damals bei uns jeder erzählt und wir waren superheiß auf die Band. Heute wissen wir, daß Bathory nie aufgetreten sind *lol*
"If you want to be a fucker, zieh die Oma durch de Acker"
Benutzeravatar
Neudi
US Metal-Kenner
 
 
Beiträge: 636
Registriert: 6. Mai 2007, 09:31


Re: Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heut

Beitragvon Neudi » 9. September 2010, 22:32

Cromwell: Ich sehe das halt Alles seit Jahren aus verschiedenen Blickwinkeln: Musiker mit Deals über die Jahre, Ver- und Einkäufer bei Media Markt (hier stellt man wirklich interessante Dinge fest, ohne die ich vielleicht ganz anders drauf wäre...ich kann z.B. schauen, wie sich eine CD deutchlandweit bei MM verkauft hat und das möchte man oft gar nicht wissen!) und Journalist, wobei ich hier ständig Gespräche mit Labels und Bands habe. Das Alles zusammen bildet meine Meinung und auch meine Sorgen.
"If you want to be a fucker, zieh die Oma durch de Acker"
Benutzeravatar
Neudi
US Metal-Kenner
 
 
Beiträge: 636
Registriert: 6. Mai 2007, 09:31


Re: Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heut

Beitragvon Tillkill » 9. September 2010, 22:35

Wir wissen schon heute von zwei unserer Bands, die bei "größeren" Labels auf dem Radar sind, aber das ist okay. Denn wenn die Bands wirklich durchstarten wollen, sind wir der falsche Ansprechpartner. Das könnten wir gar nicht leisten (Volbeat sind das perfekte Beispiel). Wir machen die Basisarbeit und hoffen sogar, dass wir ein paar Combos den nächsten Schritt ermöglichen können. Denn Mascot (um bei dem Fall zu bleiben) dürften sich über den Sog der Abverkäufe der alten Alben freuen (oder lassen sich den Backkatalog abkaufen).

Klingt jetzt alles sehr nach Geschäft, aber allein für die Miete des Büros, für die Ausstattung, Lohn, Honorare etc., müssen Verkäufe her. Ist halt so.

Ich sehe das entspannt: Wir sind die Trüffelschweine, Blast, CM und Co. die Köche, die daraus im besten Fall ein echt teures Gericht zaubern. Klingt nicht romantisch, entspricht aber der Wahrheit.
Till Burgwächter: Neues aus Trveheim! Ab sofort im Handel!
Härter als Stahl, trver als Lauda-Königshofen, tragischer als Titanic!
http://www.verlag-reiffer.de/product_in ... ab4b749f3d
Benutzeravatar
Tillkill
Prog-Rock-Fan
 
 
Beiträge: 160
Registriert: 17. Juli 2010, 22:20
Wohnort: Braunschweig


Re: Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heut

Beitragvon Neudi » 9. September 2010, 22:40

Ja, das stimmt wohl. Der klassische A&R beim Major ist heute einer, der die Verkaufszahlen der kleinen Labels im Auge behält. Das ist auch nix Schlechtes, vor allem wenn bei einem Erfolg des Labels die kleine Firma nette Backprogrammabverkäufe hat:)

Wie schon gesagt: Dieses Thema dreht sich im Endeffekt darum, ob es für reine Festivals in zehn Jahren noch zugkräftige Headliner geben wird.
"If you want to be a fucker, zieh die Oma durch de Acker"
Benutzeravatar
Neudi
US Metal-Kenner
 
 
Beiträge: 636
Registriert: 6. Mai 2007, 09:31


Re: Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heut

Beitragvon Cromwell » 9. September 2010, 22:49

Neudi hat geschrieben:Cromwell: Ich sehe das halt Alles seit Jahren aus verschiedenen Blickwinkeln: Musiker mit Deals über die Jahre, Ver- und Einkäufer bei Media Markt (hier stellt man wirklich interessante Dinge fest, ohne die ich vielleicht ganz anders drauf wäre...ich kann z.B. schauen, wie sich eine CD deutchlandweit bei MM verkauft hat und das möchte man oft gar nicht wissen!) und Journalist, wobei ich hier ständig Gespräche mit Labels und Bands habe. Das Alles zusammen bildet meine Meinung und auch meine Sorgen.


Ja, ich bezog mich auch eher auf die "private" und nicht die geschäftliche Seite, im zweiten Fall kann ich nichts Interessantes beitragen, weil mir der Einblick fehlt.
Im privaten Bereich hat mMn jeder die Freiheit, sich mit Musik so zu befassen, wie es ihm passt. Ob er darüber ausführlich nachdenkt und im Untergrund gräbt oder das Hitradio laufen lässt und nach zwei Monaten nicht mehr weiß, was gespielt wurde - was haben meine Ansichten in diesem Freiraum zu suchen?

ich würde anders argumentieren, wenn es sich nicht um einen der Gipfel der Subjektivität - Geschmack - handeln würde. Sobald jemand harte Fakten oder Tatsachen verdreht, wird Ignoranz gefährlich und Toleranz der Ignoranz verbietet sich, aber auf persönlichem Geschmack gegründete Urteile sind Burgen aus Sand.
Und schon wieder geh'n wir zum Chinesen.
Benutzeravatar
Cromwell
Listenhorst
 
 
Beiträge: 3342
Registriert: 18. Mai 2010, 20:15


Re: Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heut

Beitragvon Tillkill » 9. September 2010, 22:56

Ich denke, das hängt ursprünglich mit der Frage zusammen, ob es noch Labels gibt, die jüngere Bands pushen. Denn ohne die (und darauf scheint es angesichts der CD-Verkäufe im Allgemeinen hinauszulaufen) wird der Nachwuchs sein Glück selbst in die Hand nehmen. In manchen Fällen besser, in vielen anderen schlechter.

Abgesehen davon ist das Metal-Vieh natürlich unglaublich stur (da zähle ich mich gerne zu:) und akzeptiert "neue" Bands als Headliner nur schwer. Die alten Recken haben aufgrund ihrer Vergangenheit halt nen Vorsprung (würden Maiden heute TFF als Debüt veröffentlichen, wären sie gehobener Durchschnitt), den keine junge Band jemals wieder aufholen wird. Davon bin ich überzeugt. Zum Headliner-Status bei richtig großen Festivals gehört die Aura des Unantastbaren. Die Millionen auf dem Konto und, noch viel wichtiger, das Aufwachsen in einer Zeit, in der Facebook ne Hautcreme gewesen wäre. War vorhin schon mal Thema, wir wissen heute alles von unseren Helden. Anno 1987 war jede noch so unbedeutende Information die Sensation. Die Künstler, so banal sie ihren Alltag auch verlebt haben werden, waren noch Wesen von einem anderen Stern. Das wird es nie wieder geben.

Trotzdem begrüße ich Versuche, diese Strukturen zu durchbrechen. Das BYH war das erste Open Air, das z.B. Edguy als Headliner installierte. Zumindest in Deutschland. Andere zogen nach. Ob man die Band nun mag oder nicht: Sie haben das Potenzial dazu, große Massen zu unterhalten. Und auch darauf kommt es an.
Till Burgwächter: Neues aus Trveheim! Ab sofort im Handel!
Härter als Stahl, trver als Lauda-Königshofen, tragischer als Titanic!
http://www.verlag-reiffer.de/product_in ... ab4b749f3d
Benutzeravatar
Tillkill
Prog-Rock-Fan
 
 
Beiträge: 160
Registriert: 17. Juli 2010, 22:20
Wohnort: Braunschweig


Re: Grosse Festivals/Open Airs - Bandauswahl früher und heut

Beitragvon Neudi » 9. September 2010, 22:56

Versteht mich in dem Thread hier nicht falsch!! Ich spreche nicht für mich selbst, sondern ganz Allgemein. Solche Probleme haben ja durchaus auch gute Seiten!
"If you want to be a fucker, zieh die Oma durch de Acker"
Benutzeravatar
Neudi
US Metal-Kenner
 
 
Beiträge: 636
Registriert: 6. Mai 2007, 09:31


VorherigeNächste

Zurück zu Heavy Metal Universe

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 18 Gäste