So, mal eine weitestgehend unbekannte Briten-Scheibe die das Prädikat '70s heavy' wirklich verdient:
Clear Blue Sky - 'Clear Blue Sky' (Vertigo 1971)

Was machen drei Schulkameraden aus
foggy ol' London am Ende der
swinging sixties? Logo: sie gründen ein Powertrio und rocken was das Zeug hält. Anfangs nennt man sich Jug Blues und danach gibt's noch einige Umbenennungen. Wenn aber John Simms (Gitarre, Gesang), Ken White (Drums, Percussion) und Mark Sheather (Bass) einen Deal bei Vertigo einsacken, wird der Name in Clear Blue Sky geändert.

Gerademal 18 sind John, Ken und Mark als sie ihr DebĂĽt aufnehmen. Dass Producer Patrick Campbell-Lyons sofort das Potential der Jungs erkannte, machen die sieben Songs auf 'Clear Blue Sky' (mit frĂĽhem Roger Dean-Artwork versehen) schon klar. Genaugenommen gibt's ĂĽbrigens vier Tracks, die A-Seite der LP listet 'Journey to the inside of the sun', aber die Reise geht ĂĽber drei Stationen: 'Sweet leaf', 'The rocket ride' (toll!) und 'I'm comin' home'.
Im 9-Minutigen Opener hört man dass die drei Musiker bereits einige Jahre mit ihrem Hard Bluesrock durch Clubs im In- und Ausland getingelt sind: 'Sweet leaf' ist quasi ein langer Jam im mid-seventies Status Quo-Takt. Der Unterschied zu Rossi/Parfitt & Co. ist das Endlos-Solo von John Simms. Der Junge kann einfach nicht aufhören!
Ab 'The rocket ride' wird das Album aber unwiderstehlich. Fette Hooklines, ein rauhes Live-Feeling, tolle Instrumentaleinlagen. Und das beste: die Kompositionen, allesamt mit einem Schuss Psychedelic, sind immer vielschichtig und überraschend. Beim vorletzten Song würde ich so weit gehen, ihn unter '70s Heavies-Classics' zu archivieren: 'My heaven' bietet fünf Minuten höhere britische Rockkunst, mit einem unvergesslichen Refrain. Ist der Spass dann vorbei? Nnnneeeiiinnn! Die Band schiebt mit 'Birdcatcher' nochmal einen famosen Power-Rocker hinterher, mit einem fast abstrakten Finale in dem auch die 'Tull'sche Querflöte zum Einsatz kommt.
Great shit, people.

Nach dem Debüt (als Vertigo Swirl veröffentlicht, also teures Sammlerzeugs) werden Clear Blue Sky immer vom Pech verfolgt. Die ganze Chaosgeschichte kann man auf der CBS-Website nachlesen:
http://www.clearbluesky.co.uk/Heutzutage ist von der Originalbesetzung noch Shredpionier Simms übrig, die Mucke ist längst zu einer Art Space Rock mit Konzepten und Sängerin mutiert. Das Erstwerk ist dennoch eine Klasse für sich und dürfte jedem Gitarrenfreak zusagen. Es gibt verschiedene CD-VÖs, meine ist die Nippon-Pressung aus 2001 in der 'British Rock Legend Series'.
P.S. Songs zum reinschnuppern: 'My heaven' und 'Birdcatcher'. Youtube-Links funktionieren leider oft nicht in Deutschland, daher: Selbstbedienung.
