von F. Kommandöh » 14. Oktober 2015, 15:01
So, auch ihr fühle mich berufen, zum neuen Album zu faseln. Hatte ich kürzlich schon vor, aber ich wollte die Songs doch noch etwas sacken lassen, das haben sie verdient und ich muss mich grad ein bisschen warmschreiben.
Zuvor aber noch kurz was bezüglich der letzten Posts, also zu den Magazinen:
Es gibt auch eine Ausgabe von Rock Classics (Nr. 13) in Form eines Iron Maiden Sonderheftes. Ich sage nur: Finger weg davon! Ich konnte nicht dran vorbei gehen. Ist mit 7,90 ziemlich teuer und inhaltlich einfach schwach. Schlechter, hölzerner Schreibstil, Reviews mit teilweise sinnlosen Informationen und eine Menge Füllmaterial, für das weder große Recherche- noch Kreativarbeit nötig war. Die Poster kann man auch vergessen. Bei meinem knappen Geldbeutel hätte ich da mal besser aufpassen müssen, aber bei Bands wie Maiden fällt das natürlich schwer, gell?
Ja, also. „The book of souls“.
Je nun, ich hab mir die CD gekauft, LP ist mir einfach zu teuer und nachdem „The final frontier“ auf Vinyl so beschissen klang auch soundtechnisch der Gang auf Nummer sicher. Um nicht komplett auszuufern, werde ich erstmal "kurz" durch die Songs gehen und danach nochmal einen Gesamteindruck zu Sound usw. geben. Ist es in diesem Fall eigentlich Blasphemie, „Into the everflow“ zu unterbrechen, um die neue Maiden aufzulegen?
„If eternity should fail“
Gleich der Opener ist über 8 Minuten lang. Naja von mir aus. Das Intro ist ganz cool, der leicht soulige Einschlag im Gesang gefällt. Ansonsten klingt der Song natürlich sehr nach Dickinsons jüngerem Solomaterial und ich könnte mir vorstellen, dass hier ein gewisser Roy Z. in den Credits nicht erwähnt wird. Die Melodien und der Chorus sind recht schön, bissl mehr Tempo hätte mir gefallen (aber das kommt ja immerhin im letzten Drittel des Songs). Und leicht kürzer, zu viel Choruswiederholungen. Aber wehe, was in Sachen Länge auf diesem Album noch bevorsteht…
Das Outro ist übrigens Quatsch, was soll das? Unmotiviert drangeklatscht.
„Speed of light“
Für mich ganz klar der beste Song des Albums. Ein klassicher Maidenrocker, der sich auch auf keinem anderen Album hätte schämen müssen. Das Riff geht in den Nacken, der Chorus hebt übelst die Faust und diese tänzelnde Leadgitarre (die mich an Slough Feg erinnert) ist obergenial. Kompakt, treibend, eingängig. Schön. Warum so wenig davon auf diesem Album?
„The great unknown“
Sehr geiles Intro, eindringlich gesungen. Der leicht vertrackte Strophenrhythmus gefällt mir auch gut. Der Refrain gehört auch zu den besseren des Albums, ich mag wie Bruce „… end of us all“ singt. Die anstrengende Bridge hätte aber gern kürzer sein können. Der Melodiebogen vor dem Solopart ist toll. Schönes Lied, ein deutliches Highlight des Albums.
„The red and the black“
Was man von diesem Song LEIDER nicht sagen kann. Leider, weil er aus fast ausschließlich großartigen Elementen besteht, aber so ärgerlich umgesetzt wurde. In den Strophen ein typischer Harris-Stomper, die Dopplung aus Leads und Gesang geht geil ins Ohr und wird nach einer Weile auch interessant variiert. Aaaaaber dann geht’s los. Ooohoohoo ohne Ende. Also bitte! Hätte man nicht genau diese Melodie mit lyrics versehen und einen Refrain draus machen können? Das hätte gefetzt. Stattdessen geht der eigentliche Chorus in seiner Lahmheit komplett unter. Größtes Ärgernis ist diese 80erJahre Amifernsehserienkeybordmelodie bei Minute 5, die dann in den Refrain übergeht. Schrecklich, sorry. Ebenso der grottig ausgedehnte Soloteil, was soll dieses Jazzfusiongeschwurbel!? Der Song hätte großartig sein können, wäre er kürzer und spannender arrangiert, so ist er nur aneinander geklatschtes Stückwerk. Äußerst frustrierendes Hörerlebnis, weil man die schönen Parts nicht richtig genießen kann. So gefällt doch z.B. das fixere letzte Drittel, das in einer an „The Clansman“ gemahnenden Melodie mündet, sehr gut. Aber warum erst nach 10 Minuten!?!?!? Und danach, erst DANACH halte ich die Fußballchöre für gerechtfertigt.
„When the river runs deep“
Geiler Beginn und es gibt wieder Tempo. Typisches Adrian Smith Gitarrenspiel. Das Riff ist auch geil. Versaut wird’s durch die unerklärlich einfallslose, nörglige Gesangsmelodie. Bruce, was soll das? Der Chorus ist auch schwach. So verpufft das Potential und die Energie eines an sich treibenden Heavy Metal Songs, der einen durchaus coolen Solopart hat, auch was die Keyboards angeht. Erneut frustrierend, weil es mit leichten Änderungen so viel besser hätte sein können. Und ja, ich weiß, dass es anmaßend und dreist ist, besser wissen zu wollen, was einem Maidensong gut getan hätte.
„The book of souls“
Janick Gers darf endlich ran, der sich für Maiden meiner Ansicht nach völlig unentbehrlich gemacht hat. Die dramatische Melodie gefällt mir außerordentlich, die Kirmeskeyborduntermalung passt auch. Der Chorus geht grad so, ist in Ordnung. Die Atmosphäre des Songs stimmt, aber 7 bis 8 Minuten hätten es auch getan, denn über weite Strecken plätschert hier alles ganz schön dahin, bis nach 5 Minuten Tempo und Rhythmus wechseln und gut nach vorne gehen. Auch gedoppelte Leads schmeicheln dem Ohr, die auf dem aktuellen Album eher Mangelware sind. Zumindest sind mir nicht viele aufgefallen. Insgesamt einer der besten Songs des Albums.
„Death or glory“
Und damit ist die erste CD schon rum, Ermüdungserscheinungen kratzen am Bettpfosten, aber es geht weiter. Mit „Death or glory“ verwöhnt zunächst ein im positiven Sinne typischer Smith/ Dickinson Heavyrocker. Geiles Introlick, geiles Riff, sehr geiler Strophengesang. Hat eine hymnische Dramatik, die Spannung aufbaut. Der Chorus löst diese leider nicht ein, da hätte ich mir einen absoluten Oberkracher gewünscht, was den Song neben „Speed of light“ auf Platz 1 des Albums gehievt hätte. Top Gitarrensoli, insgesamt schön kompakt und energetisch, aber geht ziemlich unter. Schade schade schade.
„Wasted yea..“ sorry, ich meine „Shadows of the valley“
Janicks zweiter Kompositionsbeitrag. Die Strophen gefallen mir ganz gut, der Chorus dagegen ist eher schwach und will nicht zum Ohrwurm werden. Das Saitengetänzel nach selbigem ist aber wieder cool. Die meandernden Melodien im Mittelteil erinnern stark an das Material, das seit X Factor und Virtual XI typisch ist für Maiden, irgendwo zwischen folkig und melancholisch, sehr schön. Auch die Chöre gegen Ende punkten. Guter, aber durchwachsener Song, der etwas kürzer und mit stärkerem Chorus ganz anders dastehen würde.
„Tears of a clown“
Der Refrain ist grad so hörbar, alles andere ist erschreckend murksig. Vielleicht einer der langweiligsten und unnötigsten Maidensongs aller Zeiten, absoluter Füller, hätte man komplett weglassen können, ja müssen. Zum Glück nur knapp 5 Minuten lang.
„The man of sorrows“
Ach Davy, du liebenswerter Obersympath, der du wundervolle Soli und Licks spielst, aber einfach kein guter Komponist bist. Was soll denn dieses Eintonriff in der Strophe. Und diese Gesangsmelodie, die einfach nirgendwo hin will und sich auch nicht schön hören lässt und nicht wächst. Das will einfach nichts werden. Der Chorus ist vertretbar, aber rettet das Lied auch nicht. Die Soli sind größtenteils cool, trotzdem bleibt der Song schwach und ich hätte ihn bei Streichung nicht vermisst.
„Empire oft he clouds“
Fast geschafft. Aber jetzt kommt noch dieses Monstrum, das sich mit 18 Minuten kaum anständig hören lässt. Sicherlich sehr ambitioniert, stimmungsvoll und gespickt mit lauter schönen Melodien, vor allem der ausgedehnte Anfangspart ist etwas, das man bei Maiden nie erwartet hätte. Ob man das gut oder schlecht findet ist wohl Ansichtssache. Kann man als Aha-Effekt erleben oder als etwas, das hier irgendwie nicht so richtig hergehört. Ich neige zu Letzterem aber ich verstehe auch die Begeisterung vieler Fans, sowas geboten zu bekommen. Hier erlebt man halt einen Bruce Dickinson, der sich kompositorisch austobt und dabei auch etwas übers Ziel hinausschießt, ein roter Faden ist hier kaum haltbar. So ab 10 Minuten der etwas fixere Part ist schon geil, ebenso einige der Soli, gesungen ist es auch toll. Ein alles überragender Hammerrefrain wäre meiner Ansicht nach nötig gewesen. Schon kurios und einzigartig, aber ein Iron Maiden Song ist das irgendwie nicht.
Man ahnt meinen Gesamteindruck. Das Album ist zu lang, überrascht? Es ist lausig arrangiert und dramaturgisch oft ein Griff ins Klo, da hätte man eigentlich mit einer dicken Schere rangemusst. Ähnlich wie schon bei „The final frontier“ fehlt ein Spannungsbogen und das Gefühl von Einheit. Das ist weniger ein Album als ein Riesenwust an Songfetzen und Ideen und ich frag mich, wie das Album entstanden ist und aufgenommen wurde. Haben die „The red and the black“ wirklich so eingespielt, so am Stück!? Und Empire oft he clouds“? Im Leben nicht. Zwei Songs hätte man komplett kicken können, manch anderen kürzen müssen, dann hätte ganz nebenbei auch eine CD gereicht. Es fehlt also nicht wirklich was, es ist eher zu viel. Naja doch, geile Refrains und zu Boden zwingende Doppel- und Dreifachleads, prominent in Szene gesetzt fehlen ein wenig.
Ein weiteres Problem ist dabei fast zu vernachlässigen: Kevin Shirley. Zwar weit davon entfernt, so ein Verbrecher wie bspw. Andy Sneap zu sein, nervt mich doch erneut dieser Pappkartonsound, den ich einfach nicht verstehe. Ist nicht auf jedem Album gleich schlimm, hier aber eher störend. Wo ist die Gitarrenpower!?!?
Jo, also das Album gefällt mir ein kleines bisschen besser als „The final frontier“, ist aber deutlich schwächer als die drei vorhergehenden, vor allem das alles überstrahlende „A matter of life and death“ braucht sich so schnell vor keiner Konkurrenz zu fürchten. Schwächer ist es auch als die beiden Alben mit Blaze Bayley, die natürlich ganz offensichtliche Minuspunkte haben, aber kompakt, kreativ und stimmungsvoll funktionierten. Besser wiederum gefällt es mir natürlich als „No prayer fort he dying“ und „Fear of the dark“, aber das ist ja auch nicht allzu schwer, da war ja neben endgeilen Hits ganz viel Durststrecke.