CANDLEMASS Review im Hammer und alle Stellungnahmen der kompetenten Musikournalisten dazu!!!
Album des Monats 07/07
CANDLEMASS
King Of The Grey Islands
Doom Metal 6
Nuclear Blast/Warner (10 Songs / 54:00 Min.)
VÖ: 22.6.
Und täglich grüßt das Murmeltier ? damit ist nun Schluss. Candlemass-Fans müssen sich endgültig damit abfinden, dass die Zeit von Messiah Marcolin abgelaufen ist.
Nichts geht mehr, nada, niente. Nie mehr. Schade um einen der allerbesten Sänger der Metal-Geschichte, doch die Tür ist nach seinen erneuten Sperenzchen (es ging laut Gerüchten ums liebe Geld) zu. Was tun? Johan Lanquist, den formidablen Vokalisten von EPICUS DOOMICUS METALLICUS zurückholen? Eine coole Vorstellung, war aber sicher nicht möglich. Mats Leven, der mit Candlemass-Boss Leif Edling bereits bei Abstrakt Algebra und Krux gemeinsame Sache machte? Er hätte sicherlich blendend gepasst, aber diese Wahl wäre alles andere als originell gewesen. Einen neuen oder zumindest unbekannten Mann rekrutieren? Damit hatten die Skandinavier bereits zwei mal Pech. Vielleicht ging Edling schlussendlich auf Nummer Sicher, aber er traf eindeutig die einzig richtige Entscheidung und schnappte sich mit Solitude Aeturnus-Sirene Robert Lowe einen Könner, der Doom Metal lebt und mit seiner melancholischen Stimme zu Tränen rührt. Obwohl: Lowe sang noch nie so heavy und aggressiv wie auf KING OF THE GREY ISLANDS. Ihm scheint die Kooperation Spaß zu machen. Kein Wunder, singt der nun doch bei den beiden vielleicht hochklassigsten Truppen des gesamten Genres (und darüber hinaus). Das fantastische Comeback und damit der direkte Vorgänger wird von Edling als weißes Album und KING OF THE GREY ISLANDS als schwarzes Album von Candlemass beschrieben und er trifft den Nagel damit exakt auf den Kopf. Während das Material von CANDLEMASS aufbrausend, phasenweise sogar richtig flott und stimmungsvoll ausfiel, klingen die aktuellen Songs durchweg dunkel, depressiv, äußerst heavy, hoffnungslos, fast morbide. Eben die perfekte Musik für ein thematisches Konzept, in dem es um düstere Gedanken geht. Von der Atmosphäre her durchaus vergleichbar mit dem legendären Debüt EPICUS DOOMICUS METALLICUS und definitiv brutaler und aufwühlender als jede Death Metal-Combo und selbstverständlich als jedes Schwarzmetall-Gekreische. Die Schweden präsentieren sich abermals als brilliante Songschreiber, denn spannender, fesselnder, facettenreicher und dynamischer kann Doom Metal nicht dargeboten werden. Startet ?Emperor Of The Void? noch vergleichsweise schnell, wird beim bösen, mit ultimativen Black Sabbath-Riffs ausgestatteten ?Devil Seed' das Tempo vehement gedrosselt. Die Matten werden bei Live-Gigs fliegen. ?Of Stars And Smoke? fasziniert mit Emotionen und überwältigenden Melodiebögen. ?Destroyer' ist ein träges, variables Doom-Juwel während ?Embracing The Styx? episch-progressiv und mit verblüffend an Slayers ?Dead Skin Mask? erinnernden Gitarrenläufen daherkommt. Außerdem sollte endlich das phänomenale Klampfenduo Johannson/ Björkman hervorgehoben werden. Was die abziehen, zählt zum Versiertesten, was die gesamte Metal-Szene aufbietet. Hört euch nur das Solo am Ende von ?Man Of Shadows? an. Eine Monster-Walze, wenngleich das markante Organ von Lowe dem Sound von Candlemass ein wenig seiner Einzigartigkeit beraubt, denn zwangsläufig schweben die Gedanken permanent auch Richtung Solitude Aeturnus. Candlemass belegen zum x-ten Male eindrucksvoll, dass sie zu den Klassiker-Gruppen zählen und nichts von ihrem Ausnahme-Status auf Ausnahme-Niveau verloren haben. Wer Metal liebt, liebt Candlemass.
Detlef Dengler
Kommentare der Redaktion
Auf KING OF THE GREY ISLANDS habe ich mich wahnsinnig gefreut, immerhin ist ?Black Dwarf? vom letzten Album CANDLEMASS einer der besten Festival-Biertrink-Hits der letzten Jahre für mich. Doch nach solch einem Hammer sucht man vergebens, stattdessen gibt es schönen doomigen Rock, der einen wie die Schlange Kaa langsam, aber sicher hypnotisiert. Und das lasse ich mich von Candlemass gerne, auch ohne den abtrünnigen Sänger Messiah Marcolin.
Thorsten Zahn (5 Punkte)
Ganz nett, ja? doch? durchaus?, aber am Ende des Tages dreht sich eben nicht mehr als ein solides Heavy Metal-Album mit Doom-Fortsatz im CD-Spieler. Der Verlust von Sänger Messiah Marcolin ist nicht weiter der Rede wert, allerdings fehlt ein wahrer Hit der Marke ?Black Dwarf? vom Vorgängeralbum CANDLEMASS. Dennoch ein Soundcheck-Sieger, mit dem man durchaus leben kann.
Anzo Sadoni (4 Punkte)
Nach einer Listening Session bleiben einem selten Songs noch Wochen danach im Gedächtnis. ?Emperor Of The Void? jedoch ist eine dieser Hymnen, die selbst nach nur einem Durchlauf bis in die letzte Hirnwindung vordringen. Und selbst wenn KING OF THE GREY ISLANDS nicht die Leichtigkeit des Vorgängers CANDLEMASS hat ? schließlich ist die neue Platte die finstere, schwarze Bruder ?, funktioniert das Zusammenspiel zwischen klassischen Doom-Riffs und Robert Lowes eigenwilligem, aber enorm ausdrucksstarken Gesang perfekt. Eine Platte voll ergreifender Melancholie, die einen nicht mehr loslässt.
Petra Schurer (6 Punkte)
Hätten Linkin Park und QOTSA nicht ihre neuen Alben veröffentlicht, wären Candlemass bei mir zur ?Enttäuschung des Monats? gewählt worden ? dementsprechend überrascht bin ich über den Soundcheck-Sieg. Von den flockigen Rhythmen, den flotten Melodien und dem Schmiss des letzten Albums CANDLEMASS hat das neue Werk fast nichts mehr, sondern ergießt sich in trägen, langatmigen Doom-Sphären, die bei mir auch mühelos die Packung Valium im Arzneischrank ersetzen könnten. KING OF THE GREY ISLANDS? Genau, und ich bin Satans Witzbold.
Matthias Weckmann (3 Punkte)
Für viele Fans steht und fällt Candlemass mit dem Gesang von Messiah Marcolin. Ich gehöre nicht zu ihnen - im Gegenteil: DACTYLIS GLOMERATA, das Abstrakt Algebra-Album, das zum Candlemass-Comeback-Werk wurde, gehört zu meinen Favoriten. KING OF THE GREY ISLANDS ist im Vergleich dazu der pure Doom Metal, mit dem perfekten Doom Metal-Sänger. Robert Lowe liefert Melancholie und Verzweiflung statt Bombast und Theatralik: großartig!
Robert Müller (6 Punkte)
Der Super-GAU - nämlich die totale Amerikanisierung der schwedischen Doomster durch die Verpflichtung von Solitude Aeternus-Sänger Robert Lowe - trat nicht ein. Im Gegenteil: Candlemass haben sich ihre Band-spezifischen Eigenheiten erhalten - und nebenbei ihr bestes Album seit dem Debüt EPICUS DOOMICUS METALLICUS (1986) abgeliefert. Zwar bleibt jener, von Johan Langquist eingesungene Meilenstein unerreicht - dennoch rechtfertigt KING OF THE GREY ISLAND aufgrund seines Facettenreichtums und seiner musikalischen Klasse die Höchstnote.
Andreas Schöwe (7 Punkte)