Penance waren Anfang der 90er aus der Asche
der Doomthrasher Dream Death hervorgegangen und 1992 mit einem mörderischen
Album auf Lee Dorrian's (Cathedral Sänger) Label Rise Above gut eingestiegen,
nachdem sie schon einen Song auf dem kultigen "Dark Passages" Sampler (u.a.
Solitude Aeturnus, Saint Vitus, Count Raven, Revelation, Cathedral) platzieren
konnten. Nun, nach der eher thrashigen Ausrichtung der Ex Band dominiert hier
purer Doom, dessen Einflüsse von Trouble und Obsessed bis hin zu Candlemass,
Celtic Frost und Cathedral reichen. SEHR düster, SEHR schleppend, SEHR
ursprünglich, keineswegs aber monoton oder gar leblos.
Es macht halt die echte Klasse einer
Doom-Band aus, die im Grunde recht beschränkten musikalischen Mittel so
einzusetzen, daß es trotzdem nie langweilig wird. Und so sollte es geschehen.
Nun wußte der durchschnittliche Doomliebhaber natürlich nicht, daß es vom
Penance Debüt "The Road less traveled" noch eine andere, frühere Version gab,
die zu Gunsten der später dann veröffentlichten Platte zurückgehalten wurde. Und
um diese Version handelt es sich nun bei dem vorliegenden Album auf
Psychedoomelic. Der Sound ist voller, dabei aber weicher und räumlicher hier,
den Melodien wird gegenüber der gnadenlosen Brachialität der "TRLT" mehr
Spielraum zur Entfaltung gelassen. "The Road Revisited" ist beileibe nicht
weicher als die spätere Fassung, nur ist die Stimmung hier intensiver und die
pure Brutalität sticht nicht so heraus.
Die ganze Platte ist ein Sammelsurium
obskurer Melodien, das Gemüt zerledernder Riffs und hypnotischer Leads,
zusammengehalten von behäbigen Rhythmen, die tonnenschwer aus den Boxen walzen.
Gesanglich geschieht auf "The Road Rivisited" mehr, wird mehr Harmonie in die
Wagschale geworfen. Weiß der Teufel, warum Rise Above hier eine neue Version
brauchten, denn "The Road Revisited" ist eindeutig dem eigentlichen Debütalbum
überlegen in Punkto morbidem Ausdruck, Intensität und Spannung. Nicht, daß "The
Road less traveled" schwach wäre, nicht, daß man es weniger lieben wird als
vorher, nur wird man die ursprüngliche Fassung NOCH MEHR lieben.
Schon dieser ultimativ brodelnde und
unheimlich dreckige Gitarrensound, der einen gleich nach dem fiesen Horrorintro
vollkommen wahnsinnig werden lässt, ist ein Garant für eine Gänsehaut, die man
nicht wieder loswird. „The Unseen“, morbider, schleppender Stoff, gesanglich,
nun ja, eher mit zornerfüllter Stimme gesprochen denn harmonisch und klar
herausgesungen, weit fort vom Deathmetalgrunzen natürlich. Die Leadgitarre zieht
Dir die Schuhe aus. Kompositorisch waren zu diesem Zeitpunkt wirklich die alten
Dream Death Tage vergessen. Durch Brians Vocalausbrüche allein blieb noch ein
Funken des Geistes vom 87er Debüt (Anm. d. Verf.: Penance hatten auf dem ersten
Album bis auf den Basser die gleiche Besetzung wie Dream Death auf „Journey into
Mystery“.) erhalten. Mitten im Song gibt es bei „The Unseen“ einen kleinen
Wechsel, die Rhythmen werden einen kleinen Tick flotter, unteres Mid Tempo, auf
ihnen toben sich die Gitarristen aus. Sehr zurückhaltend beginnt der zweite Song
„A wayfarer’s Tale“, bevor er in ein Doommetalinferno umschlägt, das
Seinesgleichen sucht. .Auch hier wird nicht ständig eine Passage wiederholt, was
dem Material doch sehr gut tut.
Bei Brians Gesang bin ich mir nicht
sicher, ob ein Schlangenbeschwörer wie Wino oder Scott Reagers nicht besser
gepasst hätten, aber das ist Erbsenzählerei, denn auch wenn Brian kein Sänger
ist, sein Geschimpfe ist schon absolut markant und gehört einfach dazu. Die Soli
klingen vollkommen entfesselt und krankhaft hier. An Düsternis ist die
Ausstrahlung der Band kaum zu schlagen. Nach dem sehr verspielten, recht
progressiv wirkenden Instrumental „If they would cut my throat“ legen Penance
dann bei „Misgivings“ noch einen an Wucht und Sickness drauf. Die
Gitarrenmelodien werden hier Deine Seele ausblasen, die Riffmelodien, denn die
Soli erlebst Du gar nicht mehr, wenn doch, dann schlitzen sie Dich von oben bis
unten auf. „Misgivings“ ist so im typischen Penance Stil gehalten, unteres, aber
stampfendes Mid Tempo, recht packend und treibend dabei, mit einigen
Passagenwechseln, die jedoch immer wieder auf das eigentliche Hauptthema
zurückführen. „Soul Rot“ beginnt wieder vollkommen ruhig, schlägt dann in einen
sehr vertrackten Part um und führt zum reinen, vollkommen schleppenden Doom,
bevor es für eine Weile in einen mittelschnellen, sehr zornigen Stampfer mündet,
der nicht selten mal etwas um die Ecke gespielt wird. Schließlich landet man
auch hier wieder bei der progressiven Eröffnungspassage und beim Ultradoom der
Strophe. Diese schwammigen, verschlammten Riffs können echt alles. Noch etwas
grooviger 70er Heavyrock hinein, eine sehr losgelöst wirkende Solopassage und
fertig ist ein ebenso hypnotischer wie einprägsamer Song.
Bei Penance wird für Doomverhältnisse
recht oft mal ein neuer Part eingeschoben, vergleicht man sie mit Saint Vitus
oder Reverend Bizarre um mal eine uralte und eine aktuelle Band zu nehmen. Aber
das geht schon, so halten sie ihre Musik trotz der fehlenden Geschwindigkeit
immer frisch und interessant. Inzwischen hat sich Brian auch an halbwegs
melodischen Gesang gewöhnt, auch wenn er nach wie vor KEIN Messiah ist, haha.
Und immer wenn man denkt, dass Penance nun schon den Boden des Irrsinns erreicht
haben, dann packen sie eine Schaufel und wühlen sich tiefer in den modderigen
Grund. „Not what it seems“ lebt von den unglaublichen Schreien Brians, vom fast
vollständig fehlenden Tempo in den Strophen und den vielen Breaks, bei denen
außer Mike Smails Drumming nichts zu hören ist. Aber Smail ist eh ein kleiner
Hexer, dem der Groove schon in die Wiege gelegt worden ist. Dieser Song ist so
psychopathisch, so durchgedreht und finster, dass ihn sich nur hartgesottene
Naturen anhören sollten. Sludgedoom würde man das heute nennen, damals war es
eben die Grenze der Extreme und extremer waren Penance ja eh immer. Die
Bandhymne beschließt dann das Album. Nochmals wird hier urtypischer Doom mit
leicht metallischem Einschlag geboten, nochmals alle Register des
Gänsehautverursachens gezogen und wieder alles zermalmende Riffs mit den
bleischwer über die Runden geschleppten Rhythmen und einem Leadgitarrenpsycheout
par exellence verbunden, auf dem Brian sich dann so richtig ausschimpfen darf.
Wer eher der epischen Variante des Dooms
zuspricht oder mehr auf den 70er Heavyrockeinschlag bei Bands wie Pentagram
steht, der sollte sich den Kauf dieser CD zweimal überlegen, denn sie ist
zuweilen einfach nur noch nihilistisch und böse, aber genau das macht den Doom
bekanntlich aus, seine Vielfalt. Daumen hoch für Penance!
(c)2005, Sascha Maurer