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Therion : Deggial

Ich bin ja nach wie vor der Meinung, daß Therion-Boß Christofer Johnsson einen Riesenfehler gemacht hat, indem er seit der letzten Platte "Vovin" auf die "normalen" Metal-Vocals fast verzichtet. Ist doch von besagter "Vovin" wirklich kaum was bei mir hängengeblieben, mal abgesehen von einem völlig deplazierten Gastauftritt von Primal Fear-Sirene Ralf Scheepers. Die gleichen Einschränkungen muß ich leider auch auf dem Nachfolger "Deggial" (heißt wahrscheinlich, wie man die Jungs kennt, mal wieder "Drache", diesmal wahlweise in kirgisisch, etruskisch, klingonisch oder Esperanto) machen. So fantastisch alle Opernsänger ihren Job auch machen - es schränkt die musikalischen Möglichkeiten doch deutlich ein. Ich jedenfalls würde mir zwischendurch ein ordentlich reinknallendes "Invocation of Naamah" wünschen - Fehlanzeige. Die wenigen Metal-Parts enthalten nichts, was beispielsweise Accept nicht hätten machen können, und in der Tat habe ich bei dem geilen "Enter Vril-Ya"-Riff immer irgendwie "Princess of the Dawn" im Hinterkopf. Im Gegenzug sind die klassischen Parts ausgefeilter denn je und dominieren jeden Aspekt des Therion-Sounds anno 2000.
Nimmt man diese Voraussetzungen allerdings als gegeben hin, ist "Deggial" erstaunlich gut ausgefallen. Erwartet natürlich keine Mitsinghits, das ist (wieder mal) 'ne CD für den Kopfhörer. Soundtechnisch ein kleines Meisterwerk, können Songs wie das bereits erwähnte "Enter Vril-Ya", die dramatisch gesungenen "The Invincible" und "Deggial" oder das zweigeteilte 10-Minuten-Werk "Via Nocturna" mich vollends überzeugen, mit dem 08/15-Opener "Seven Secrets Of The Sphinx" und dem Carl Orff-Stück "O Fortuna" (lahm umgesetzt) sind allerdings auch zwei Komplettausfälle vertreten.
Ach ja: einen Gastauftritt einer bekannten Metal-Stimme gibt's auch wieder: Blind Guardian-Sänger Hansi paßt zwar besser zum Sound der Band als Scheepers, aber die optimale Wahl bleibt für mich weiterhin "Theli"-Gaststar Dan Swanö, der mit dem dunkel-okkulten Feeling der Songs ob seines Backgrounds wesentlich mehr anfangen konnte als seine powermetallischen Kollegen.
Was solls: Auch wenn ich mir öfters mal die Power aus "Lepaca Kliffoth"-Tagen zurückwünsche, so muß ich doch zugeben, daß "Deggial" für sich gesehen wahrscheinlich das aktuelle Referenzalbum in Sachen Metal/Klassik-Crossover ist (die letzte Rage war in dieser Beziehung höchst einfallslos, Deep Purples Concerto ist im Prinzip ein dreißig Jahre altes Stück, Metallica ignorieren ihr Orchester, so gut es geht...). Und auch wenn im Moment haufenweise hochklassige metallische Konkurrenz herausgekommen ist, so findet "Deggial" doch immer mal wieder den Weg in meinen CD-Player. Kann man also durchaus kaufen.

(c)2000, Ernst Zeisberger