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Journey: Arrival

Nachdem es der “Transition”-Hammer von Destiny’s End geschafft hatte, geschlagene drei Monate ohne namenswerte Konkurrenz bei mir im Player zu riff-rotieren, kam mit der neuen Warrior-CD “The code of life” endlich eine changement de régistre. Jetzt müssen Joe Floyd und Co. aber ihren “Day of reckoning” antreten, denn das totale 80’s Flashback ist gelandet: “Arrival” heißt passenderweise das schon Mitte 2000 größtenteils fertiggestellte (und in Japan natürlich längst erschienene) Journey-Comeback-Album.

Zwar gab es 1996 mit “Trial by fire” einen erster Wiederbelebungsversuch in der quasi-Originalbesetzung mit Drummer Steve Smith und Ausnahmesänger Steve Perry, aber leider fiel die ganze Sache trotz guten Tracks etwas leichter-seichter aus als erhofft. Mittlerweile trommelt alter Hase Deen Castronovo (remember “Reign of terror” von Wild Dogs!) bei den Reisenden aus den US of AOR und hat Perry das Mikro endgültig dem ehemaligen Tall Stories-Fronter Steve Augeri überlassen. Gitarrero Neal Schon, Keyboarder Jonathan Cain und Bassist Ross Valory bilden nach wie vor die Basis der Legende.

“Arrival” ist das was sich der AOR-Fan unter Journey vorstellt: ein einziger Ohrenschmaus, gemischt aus straighten Rockern, getragenen Melodic-Epics und herzzerreissenden (Halb)Balladen mit Taschentuchfamilienpackungswirkung. Der Uptempo-Opener “Higher place” zeigt wo es hier lang geht: hoch, höher und letzendlich gen Rock-Himmel, wo die feel good-Gitarren, die feinen Keys und die emotional-sonnigen Vocals erklingen, für all diejenigen, die sich schon immer einen Dreck um anti-musikalischen Zynismus der Kopfsockengattung scherten. Und gleich in diesem ersten Track ist sie wieder präsent: die unverfälschte Journey-Bridge die fast nie ihre Gänsehaut-Wirkung verfehlt. Mann, da weiß man wieder, was das Wort “Sommer” wirklich beinhaltet. Außer ein kühles Blondes, versteht sich.

Überraschend fügt sich Augeri perfekt in den altbewährten Journey-Gerüst. Seine angenehme Stimme liegt der seines eminenten Vorgängers so sehr nahe, dass man in manchen Tracks mit den unverwechselbaren Journey-Trademarks fast meinen könnte, da singt Perry’s Brüderlein. Ist aber nicht so. Da Augeri sowohl mit den Tempomachern als auch mit den soulvollen Balladen in keinster Weise Mühe hat und alle Tonlagen souverän meistert, kommt spätestens nach vier Tracks beim vorher etwas nervösen Rockfan der alten Schule eine euphorische Stimmung auf: hier kann nix mehr schief gehen. Und es geht auch nix schief! Auf dem Album befinden sich fünfzehn (jawohl: 15) Lieder edelster Machart (richtige Songs dazu; keine In- und Outro’s wie bei leider mancher Very True Metalband üblich) ohne einen einzigen Durchhänger, eine Leistung die heutzutage man nur selten vorfindet.

Von den Balladen ist das fantastische “Kiss me softly” als musikalischer Mitsommernachtstraum herauszunehmen, und auch an “Loved by you” kommt man einfach nicht ohne Tempo-Tüchlein vorbei. Abgerockt wird z.B. in “All the things” (Party-Stimmung garantiert), dem flotten “To be alive again” (wo Augeri ein wenig nach old Bryan Adams klingt) und im leicht an Huey Lewis & The News erinnernden Fröhlichkeitsfetzer “Nothin’ comes close”.

Als nicht-Blues-Fan komme ich sogar nicht herum, das Langsam-Opus “Livin’ to do” (sechs Minuten, vierundzwanzig Sekunden) als soon-to-be classic zu bejahen, dass gleich mit einem unglaublichen Schon-Gitarrensolo UND einem melancholischen Orgelsolo des Herrn Cain veredelt wurde. Ja, man wird immer wieder vom Leben überrascht.

Abschließend möchte ich jedem Fan, der nichts mit modernem Kram anfangen kann, die Tracks “Live and breathe” (mit basslastigem Unterleib-Rhythmus plus Wahnsinns-Riff) und “We will meet again” (is it Augeri or is it Perry???) ans Herz legen; zwei getragene Melodic-Klassiker, die immer wieder die so oft vergebens herbeigesehnte Sonne aufgehen lassen.

Jetzt beten wir mal, dass sich der Fünfer nach der ausgedehnten US-Sommertour 2001 endlich wieder in der alten Welt blicken lässt, damit auch bei uns wieder mal ECHTE Musiker auf der Bühne stehen. This Journey continues!

(c)2001, Oliver Kerkdijk