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Symphony X: V (The New Mythology Suite)

Im Progressive-Grundgesetz wurde ein neuer Artikel verabschiedet - fünfte Alben müssen fürderhin den einfallsreichen Titel "V" tragen und eine langweilige Wüstenszene auf dem Cover verbraten. Naja, anders zumindest kann ich mir die optischen Ähnlichkeiten zwischen dem letzten Spock's Beard-Werk und der neuen Symphony X kaum erklären.
Immerhin, die musikalische Darbietung, und um die soll's hier ja schließlich gehen, ist dafür über jeden Zweifel erhaben - wenn ich auch ziemlich erstaunt war, mittlerweile das Logo eines Major-Labels auf dem Backcover zu erspähen, so hat man glücklicherweise keinerlei kommerzielle Zugeständnisse machen müssen. Im Gegenteil - "V" ist wesentlich ausgereifter als der von der Band selbst eingestandene Schnellschuß "Twilight In Olympus" und dazu 'ne ganze Ecke sperriger ausgefallen als die bisher stärkste Scheibe der Ami-Progger, "The Divine Wings Of Tragedy".
Dies mag vor allem an Michael Romeos Gitarrenspiel liegen - hat man bei früheren Alben ob seines arg Malmsteen-inspirierten Stils die Songs oft schon als alte Bekannte begrüßt, so hat er diese Einflüsse diesmal auf ein Minimum beschränkt und kommt dafür um einiges heavier als anno dazumals daher. Freunde von neoklassischem Gefiedel brauchen aber nicht zu erschrecken, denn in Verbund mit seinem Keyboard-Kumpel und Namensvetter Pinella bedient er diese Zielgruppe noch immer mehr als ausreichend; zusätzlich gibt's auf "V" diverse mächtig tönende, Soundtrack-artige Zwischenspiele zu bestaunen.
Andererseits wissen die beiden Weltklasse-Sänger Russell Allen immer noch nicht so recht in Szene zu setzen - auch wenn er in dem epischen Meisterstück "Egypt" oder dem abschließenden "Rediscovery II" gelegentlich in beinahe dioesker Weise zu bestechen weiß, so muß er doch viel zu oft auf "V" gegen die geballte Übermacht von Gitarre und Keys ankämpfen. Und auch wenn er dies gewohnt überzeugend über die Bühne bringt - er kann einfach mehr, wenn man ihn denn nur läßt (wie es beispielsweise Arjen Lucassen jüngst tat - rein gesanglich killt der Ayreon-Song "Dawn Of A Million Souls" große Teile der neuen Symphony X problemlos).
Abgesehen davon jedoch überzeugt "V", das sich dem Untertitel gemäß mit allerlei mythologischen Themen, insbesondere Atlantis, Ägypten und ähnlich faszinierenden Orten, auseinandersetzt, über die volle Länge der CD - vom Rhaspsody-lastigen Intro in Latein über den mit einem überaus eingängigen Chorus ausgestatteten Opener "Evolution" bis hin zu überragenden Mega-Epen wie "Communion And The Oracle" oder "Egypt" habe ich kaum etwas zu beanstanden. Lediglich das gigantische "The Divine Wings..."-Werk kann für meine Verhältnisse nicht ganz getoppt werden - von dieser Jahrhundert-Scheibe geschlagen zu werden, ist allerdings alles andere als eine Schande. Darum - Pflichtkauf für Prog-Metaller!

(c)2000, Ernst Zeisberger