Inner Wish haben den Dreh raus. Ich kann
mich an keine Band erinnern die sich dermassen dem musikalischen Erbe der
US-Metallegende Fifth Angel verschrieben hat wie diese aus dem metalfanatischen
Hellas. Nachdem ich mir Silent faces schon unzählige Male angehört habe,
kann ich nur erfreut feststellen, dass Thimios Krikos (Gitarre), Babis
Alexandropoulos (Gesang), Antonis Mazarakis (Bass), Terry Moros (Drums) und
Manolis Tsigkos (Gitarre) das Songschreibertalent, Fingerspitzengefühl und die
Technik besitzen um mit Inner Wish gross zu werden. Eine kleine Stunde lang
treten die fünf Hellenen in den Fussstapfen Fifth Angels, die Truppe die auf
Fifth Angel und Time will tell den Massstab setzte für die wohl
filigranste Art des Powermetals, bestimmt von kraftvollen Gesang,
atmosphärischer Dichte und hochmelodischen Gitarrenharmonien. Mit ihrem in
Deutschland arbeitenden Landsmann R.D. Liapakis (Valley’s Eve, Mystic Prophecy)
als Producer wissen Inner Wish tatsächlich die Magie von zwei der zeitlosen
US-Metalklassiker heraufzubeschwören – eine beachtliche Leistung an sich.
Beginnt die Scheibe mit dem Riot-mässigen Uptemporocker Dancer of the storm
(inklusive Mark Reale-Riff), danach gewinnt die Fifth Angel-Atmosphäre mehr und
mehr Terrain – und wer hätte dagegen wohl etwas einzubringen? Absoluter Hammer
ist Midnight call, der mit seinem fetzigem Tempo, unglaublichem Edelriff
und endgeilem Refrain eine weitere Perle auf Time will tell gewesen wäre.
Der klare, emotionale Gesang von Babis Alexandropoulos ist wie geschaffen für
die feingeschliffenen Kompositionen - und vice versa. Die Gruppe agiert aber
erstaunlich kompakt als Einheit, ohne dass einer der Musiker sich in den
Vordergrund spielen muss – schon wieder ein Fifth Angel-Merkmal, oder?
Das epische Dreadful signs will
immer wieder gespielt werden, sogar die Queensryche-Abkupfermelodie am Anfang
der Titelnummer macht Spass, da einfach so verdammt gut und liebevoll
nachempfunden. Und hört, hört doch wie hier die Axes singen! Lyrisch kommen das
obergeniale Set me free (was für eine Melodie, was für ein Break!) und
Riding on the wind daher, während mir das Twinsolo im Abschlusstrack
Realms of tomorrow wieder einen letzten wolligen Schauer über den Rücken
jagt. Die sofort zündenden Gesangsmelodien, äusserst gekonnt eingearbeiteten
akustischen Gitarrenintermezzi und nicht zu vergessen die spielerischen Akzente
in den Drumparts – das Gebotene auf Silent faces strotzt nur so vor
Klasse und hat einfach diese so seltene Qualität des Zeitlosen.
Es wundert mich sehr dass es bisher so
wenig über Inner Wish und diese Platte zu lesen gab und hoffe mit diesem etwas
späten Review einige von euch (so weit nicht bereits geschen!) auf Silent
faces aufmerksam zu machen. Ausserdem wären Inner Wish eine Bereicherung für
jedes Metalfestival, denn Bands dieser Gattung tendieren leider Gottes zu einem
eher kurzen Leben und schaffen es oft nicht mal auf eine vernünftige Europatour.
Dass man bei LMP unter Vertrag steht, heisst ja schliesslich noch nicht, dass
man keine Undergroundband mehr ist – some music was meant to stay
underground, remember? Vielleicht könnte Herr Conan Weinsheimer da ein wenig
mit seinem KIT-Schwert nachhelfen?
www.innerwish.gr
(c)2004, Oliver Kerkdijk