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Andre Matos : Mentalize

"Metal with class" resümierte ich dereinst über Andre Matos' Solodebüt "Time To Be Free", und es wäre einfach, sich heuer auf den Reviewerlorbeeren auszuruhen und das Ganze in Grün wiederzukäuen (und bezüglich dieses Fazits, nehmen wir es mal vorweg, läge man da auch nicht mal falsch). Aber auch der Andre himself hat es sich nicht so leicht gemacht und sein Erfolgskonzept einfach 1:1 kopiert, warum sollte es dem Schreibknecht da leichter ergehen?

"Mentalize", so der Titel des neuen Albums, überrascht nämlich erst mal mit einer Reduzierung auf das Wesentliche. Die im Verbund mit seiner unveränderten Backing-Band with a little help from his friends (Sascha Paeth und Amanda Somerville sind hoffentlich keine Namen mehr, die man dem Fan noch ausführlich vorstellen muss) verfassten Songs haben einiges von dem Ausladenden, Verspielten und auch der Klassik-Neigung des Vorgängers abgelegt und kommen einfach schneller und direkter auf den Punkt. Gäbe es für diese Art Musik ausreichend Seven-Inch-Verkaufspotential, würde ich wohl von Matos' Hitsinglealbum schwadronieren; in der Realität hingegen kommt mir "Mentalize" wie das Album vor, das Angras "Fireworks" eventuell hätte werden können, wenn man denn damals sowohl bandintern als auch mit dem Produzenten auf einer Linie gefahren wäre.

Im Klartext: das hier ist grösstenteils die alte Melody-Speed-Schule vom Feinsten, wobei man sich dank der unverkennbaren südamerikanischen Rhythmen immer noch kräftig vom Genre-Fußvolk abhebt und gelegentliche Ausflüge in experimentelleres Terrain wie im Albumhighlight "The Myriad" nicht ausschliesst. Herr Matos himself brilliert wieder in allen Tonlagen - kurios ist allerdings der in einigen Songs vorherrschende Gleichklang mit Edguy-Fronter Tobias Sammet, der mir auf älteren Platten des Brasilianers nie derart ins Auge gestochen ist. Edguy-Freunde, die mit dem in den letzten Jahren verstärkt zelebrierten hardrockigen Blödelbardentums ihrer Faves nicht hundertprozentig auf einer Linie liegen, könnten hier Ersatz finden. (Mal abgesehen davon, dass sie Andre Matos und seine diversen Bands eh seit Jahren supporten sollten. Was aber nie funktioniert. Scheißbusiness. Aber sorry, ich schweife ab.)

Ohne Anspieltipps sollt Ihr natürlich auch nicht bleiben: die durch die Bank flott bis explosiv ausgefallenen "Shift The Night Away", "Powerstream" oder "Leading On" dürfen nicht ungenannt bleiben, wenn man über Hits redet. Und aus einem Chorus wie dem schwer mit klassischem AOR kokettierenden "I Will Return" hätten die üblichen Verdächtigen von Toto bis Journey früher einen Radiohit von der Güte gemacht, dass ihn vor lauter Airplay heute wahrscheinlich niemand mehr hören könnte. An der Balladenfront gibt es vor allem mit "Back To You" mal wieder Weltklassezugang, während "A Lapse In Time" dann doch vergleichsweise unspektakulär daherkommt. Letzteres ist aber zusammen mit den unnötig verfremdeten Vocals im ansonsten tollen "Someone Else" einer der wenigen Kritikpunkte, die man gegen diese Scheibe ernsthaft vortragen könnte. Alles andere ist...Metal with class.

(c)2010, Ernst Zeisberger