Azeroth : Azeroth

Hossa, diese Argentinos (O-Ton Heribert "hüben wie drüben" Faßbender...) führen den oberflächlichen Zuhörer erst mal gewaltig auf die falsche Fährte! Zumindest mich jedenfalls läßt dieses stinklangweilige, standardmäßige Klassikintro befürchten, daß wir es hier mit typischer Euro-Bombast-Dutzendware zu tun haben werden. Aber mitnichten! Schon der speedige, fast schon in Thrash-Gefilde vorstoßende Ohrwurm-Opener "En Agonia" bläst sämtliche Bedenken souverän hinfort. Azeroth widmen sich auf ihrem von Routinier Charlie Bauerfeind druck- wie kraftvoll produzierten Erstling dem traditionellen, bodenständigen Heavy Metal der alten Iron Maiden / Running Wild - Schule. Extrasympathiepunkte gibt's dabei für die Tatsache, daß fast das komplette Material mit konsequent bis zum Anschlag durchgedrückten Gaspedal eingezockt wurde.

Maiden on speed - das weckt Erinnerungen, und tatsächlich fühle ich mich oft in frühere Zeiten zurückgesetzt, als die Worte "Speed Metal" noch für kompromißlosen Stahl aus den Estados Unidas standen als für den keyboardverwässerten Bombast unserer Tage. Savage Grace, Agent Steel oder auch die erste Abattoir, die mir zusätzlich zu den oben genannten immer mal wieder in den Sinn kamen, als ich dieses Undergroundjuwel für mich entdeckte. Alleine aufgrund des exzellenten Gesangs zweier verschiedener Sänger in Spanisch, der in etwa an einen etwas rauheren Dickinson erinnert, ist Azeroth aber trotzdem eine eigene, nicht-US-amerikanische Identität gewährleistet; und auch die zaghaft eingearbeiteten Folk-Anklänge ("El Fin", "El Ocaso De Los Reyes") sind, da sie in Maßen daherkommen, stets willkommen.

Anspieltips: neben dem oben erwähnten "En Agonia" vor allem die beiden Abschlußsongs "Historias De Hoy" und "El Ocaso De Los Reyes", die beide mit wahnwitziger Instrumentalarbeit aufwarten können, die Iron Maiden in dieser Form bestimmt seit fünfzehn Jahren nicht mehr auf Tonträger gebannt haben. Typische Debüt-Power eben, die Azeroth sich in Zukunft bitte ja nicht glattbügeln lassen sollen. Feines Teil, auch wenn's (wohl aufgrund des spanischen Gesangs) etwas länger gedauert hat, bis die Scheibe wirklich bei mir gezündet hat.

(c)2001, Ernst Zeisberger 1