Blind Guardian: Nightfall In Middle-Earth

Kein anderes Album wurde von der gesammelten  Fan- und (Metal-)medienschar wohl so erwartet wie das mittlerweile sechste reguläre Studioalbum der sympathischen "Jungs von nebenan", Blind Guardian. Und das Warten hat sich auf jeden Fall gelohnt, ist doch "Nightfall In Middle-Earth" mittlerweile hinter "Somewhere In Time" mein persönliches "Zweitlieblingsalbum" der Mannen aus Krefeld geworden. Dabei machten es mir die Vier so schwer wie nie zuvor: zunächst wurde ich von den opulenten, epischen, ungemein atmosphärischen, aber keinesfalls sehr eingängigen Kompositionen nur so erschlagen, dann jedoch stellten sich sämtliche Songs als wahre Volltreffer heraus. Unglaubliche 22 Tracks zeigt die CD beim Einschieben an, genau die Hälfte sind jedoch äußerst gelungene Zwischenspiele und Dialoge bzw. Monologe, die von zwei erfahrenen und extra engagierten Shakespeare-Schaupielern perfekt und stimmig umgesetzt wurden. Der Rest besteht aus 11 keinesfalls "nur" BG-typischen Songs. Jawoll, richtig gehört: man braucht viel Zeit, dann jedoch zündet es. Und wie!! Die bereits von diversen Gratis-CD's bekannten "The Curse Of Feanor" und der Oberhammer "Nightfall" sowie der erste Maxi-Hitsong "Mirror Mirror" (war immerhin Platz 69 in den Single-Charts!) sind noch eher an frühere BG-Songs angelehnte, mit eingängigen Refrains veredelte Songs, jedoch gibt es dieses Mal auch das ein oder andere auf den ersten Blick recht sperrige Stück zu hören, das sein wahres Gesicht lange verhüllt, danach aber ungeahnt strahlend seine ganze Schönheit offenbart und wirklich lange Freude bringt. Das komplexe "Thorn" sei als Beispiel genannt, oder das nicht minder progressive "A Dark Passage". Das wundervolle "Noldor (Dead Winter Reigns)" (eines meiner persönlichen Highlights!) und "Time Stands Still (At The Iron Hill)" (extrem orchestral, ein weiterer Favorit meinerseits!) sind zwei weitere Hämmer, "Blood Tears" und "The Eldar" ebenfalls, während "When Sorrow Sang" ein rasanter Power-Speed-Song ist, der wiederum sämtlichen alten Fans gefallen wird. Musikalisch haben sich BG selbst übertroffen, packender, perfekter, intensiver und vor allen Dingen dichter kann man diese Art von "Metal" wohl kaum noch spielen: die Gitarren sind so abwechslungsreich und progressiv wie noch nie, Hansi's Gesang ist ebenfalls noch eine Ecke besser geworden und die Rhythmus-Section von Thomen "The Omen" Stauch und Sieges Even-Wunder-Basser Oliver Holzwarth zählt ebenfalls zur Speerspitze in Europa. Gekrönt wird das Werk wieder einmal von einem kongenialen Artwork von Fantasy-Künstler Andreas Marschall, das wieder einmal ein detailverliebter Kunstgenuß geworden ist. BG werden mit diesem Hammeralbum im Gegensatz zu so vielen Bands vor ihnen (und wohl auch nach ihnen) keinerlei alte Fans vergraulen. Im Gegenteil: mit "Nightfall..." festigen BG ihre Sonderstellung im europäischen Metal-Bereich, werden auf jeden Fall hoch in die Charts einsteigen und viele neue Fans gewinnen. Von daher gibt's auch von mir die unvermeidliche Höchstnote, wenngleich im direkten Vergleich die Virgin Steele - Scheibe noch etwas besser ausfällt (natürlich meine rein subjektive Meinung). Trotzdem: Welcome back, Blind Guardian!!

 

(c) 1998, Michael Kohsiek

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