Brainstorm : Ambiguity
Liebe Brüder und Schwestern im Metal, das Thema unserer heutigen Predigt ist "Power". Eine gern zitierte, doch oft vernachlässigte metallische Tugend. Und an welchem Beispiel sollte ich die wundersame Kraft dieser Gabe der Metal-Götter besser preisen als am neuen Brainstorm-Album "Ambiguity"? Eben. Knallt das Teil doch mit einer unbändigen Power (jau, ich plane, dieses Wort so oft wie möglich in dieses Review einzubauen) aus den Boxen, die bei deutschen Bands ja nicht gerade eine Selbstverständlichkeit ist. Und so erinnert der kraftvolle Sound denn auch zunächst eher an US-amerikanische Brüder wie Metal Church, Vicious Rumors oder die "schwarzen" Metallica (bevor sie herniederfielen in den Augen von Göttern und Gläubigen), wobei gelegentlich die Grenze zum Thrash nicht nur gestreift wird (wie etwa im mächtigen Opener "Crush Depth"). Aus D-Land fällt mir höchstens die Frühneunziger-Phase von Peavys Rage ("Trapped!" / "The Missing Link") sowie das unverschämterweise ziemlich untergegangene Enola Gay-Debüt als grobe Orientierung ein.
Besondere Erwähnung muß auf jeden Fall noch Neu-Sänger Andy B. Franck finden, der mit seinem souveränen, beinahe von dickinsonscher Stimmgewalt beseelten Gesang jeden Song noch mal um ein paar Nuancen aufwertet. Nicht daß sie es nötig hätten; merkt man doch jedem einzelnen Track (von einer Spielzeit von über einer Stunde) Power, Einfallsreichtum und Abwechslung so deutlich an, daß der Rezensent sogar am Computer nicht am begeisterten Mitsingen/bangen vorbei kommt.
Anspieltips wären eigentlich alle Songs, aber meine besonderen Faves beinhalten den bereits erwähnten, Thrash-lastigen Opener "Crush Depth", die direkt folgende Power-Metal-Hymne "Tear Down The Walls", das gigantische Metallica-meets-Kamelot-Epos "Darkest Silence/Maharaja Palace" mit orientalischem Touch, die schöne, pianogetragene Ballade "Far Away" sowie den Rausschmeißer "Perception Of Life", den wahrscheinlich härtesten Melodic Speed-Song seit seligen "Walls Of Jericho"-Zeiten, mit dem Brainstorm so nebenbei mindestens 95% der Veröffentlichungen in diesem Genre seit besagtem Meilenstein ganz locker nicht nur an, sondern durch die Wand spielen. Power rules!
Und nun, liebe Gemeinde, singen wir zum Abschluß noch Lied Nr.666, dann geht's aber ab in den nächsten Plattenladen. Diese Scheibe ist einfach zu gut, um sie im Regal verstauben zu lassen. Gehet hin in Frieden und möge der Metal mit Euch sein!
(Das Wort zum Metal sprach Reverend Ernie, Church of Sacred Metal. (c)2000)