Freedom Call : Crystal Empire

Oha. Hier sehe ich die "Real Metal"-Brigade schon die Messer wetzen. Freedom Call's zweites Album ist schlicht und ergreifend die größte Hitfabrik aus der Melodic-Ecke seit, nun mindestens dem Sonata Arctica-Erstling. Was wohl zwangsläufig zur Folge haben wird, daß die in letzter Zeit ziemlich melodiemüde Classic Metal-Fangemeinde "Crystal Empire" den ungeliebten Tralala-Stempel aufdrücken und in der untersten Schublade verstauen wird.

Ziemlich schade, wie ich finde. Denn egal, ob man den extrem eingängigen, keyboardlastigen Sound der Band um Gamma Ray-Drummer Dan und den ausgezeichneten Sänger Chris Bay (ex-Moon'Doc) nun noch als Metal bezeichnen kann oder nicht, ihre Songs sind schlichtweg klasse. Im wesentlichen regieren auch auf "Crystal Empire" die speedigen Abgehnummern, wie sie Helloween zu Keeper-Zeiten ebenso zuhauf boten wie Angra auf ihrem Debüt und der "Freedom Call"-EP. "Call Of Fame", "Freedom Call" (kein Angra-Cover!) und "Rise Up" sind wohl die stärksten Songs dieser Richtung, im Gegenzug hätte ich auf die eher flachen "Palace Of Fantasy" und "Heart Of The Rainbow" problemlos verzichten können. Die extrem poppigen "Farewell" und "The Wanderer" wiederum kann ich mir nur bei ausgesprochen guter Laune geben.

Was das Album für mich endgültig in den grünen Bereich bringt, sind vor allem zwei Songs, bei denen Freedom Call eindrucksvoll beweisen, daß sie weit mehr draufhaben als simplen Mitsing-Metal. Das orientalisch angehauchte "The Pharao" sowie das mit erstaunlich harten Riffs und stimmungsvollen Piano-Parts angereicherte Siebeneinhalb-Minuten-Epos "The Quest" bringen dringend benötigte Abwechslung in ein durchgehend starkes Happy-Metal-Werk, das für meine Begriffe die eher schwachen letzten Alben von Labyrinth & Co. deutlich in ihre Schranken weisen kann. Das nächste Mal bitte mehr davon und dafür zwei, drei Standard-Speedies streichen.

(c)2001, Ernst Zeisberger 1