Blitzkrieg : Absolute Power
Wo wart
Ihr eigentlich Samstag nacht in Wacken? In der zweihundertsten Reihe vor der
Hauptbühne, verzweifelt versuchend, noch einen Blick auf den bestenfalls noch
ameisengroßen Hansi Kürsch zu erhaschen? Ja, dachte ich mir schon. Nun, Ihr
alle habt mächtig was verpaßt: im immerhin sehr ordentlich gefüllten Partyzelt
spielte derweil eine Legende den Gig ihres Lebens. Blitzkrieg, die Briten um
Ausnahmesänger Brian Ross, waren nach 1998 zum zweiten Male in das sympathische
True-Metal-Dorf im hohen Norden zurückgekehrt. 1998 war das noch eine reine
Nostalgieveranstaltung. Neben den paar aktuellen Songs, die tatsächlich den Weg
ins ‘Kriegsche Liveprogramm gefunden hatten, wurden lediglich Frühachtziger-Oldies
dargeboten, und zusammen mit Gastsänger Jess Cox zockte man gar den einen oder
anderen Tygers Of Pan Tang-Klassiker.
Nicht so
2002. Klar, ohne das wie immer stürmisch geforderte “Blitzkrieg” kam man auch
diesmal nicht von der Bühne herunter – abgesehen davon aber von Nostalgie keine
Spur. Hier stand eine Band auf der Bühne, die es noch einmal wissen will, und
das machten auch die zahlreichen neuen Songs mehr als deutlich, die die Briten
in die begeisterte Menge feuerten. Messerscharfe Riffs am laufenden Band,
brilliantes Solieren wie anno dazumal und ein Brian Ross in stimmlicher
Hochform, die es nun wirklich nicht erahnen läßt, daß die Band bereits vor 22
Jahren gegründet wurde – all das machte diesen Killerauftritt und nun auch die
dazugehörige CD aus.
Denn mit “Absolute
Power”, dem wohl treffendsten Titel seit Lady Die, legt der britische Fünfer
ohne Zweifel sein stärkstes Album seit dem grandiosen “Unholy Trinity”-Comeback
von 1995 vor. Und daran dürfte Rückkehrer Tony Liddle (g) keinen
unbeträchtlichen Anteil haben. Verzettelten sich Blitzkrieg doch auf dem
letzten, ohne den Stammgitarristen der Band entstandenen Studiowerk “The Mists Of
Avalon” schon des öfteren mal in unentschlossenen Experimenten, und ganz
nebenbei hätte etwas mehr Heaviness dem (trotzdem alles andere als schlechten!)
Teil auch nicht geschadet.
Nun, der
Riffmeister ist zurück, und heraus kam ein Album, das ich mal als Blitzkriegs “Painkiller”
beschreiben möchte. Und das nicht nur, weil man mit dem obercoolen “Metalizer”
einen Tribut an die einstigen “Metal Gods” verewigt hat. Auch sonst schlägt man
härter (“Dark City” etwa stößt schon fast in Thrash-Gefilde vor), geradliniger
und schlicht besser denn je zu. Auch Ross’ unverwechselbare Röhre klang niemals
besser und läßt den Altmeister Rob Halford mittlerweile weit zurück. Highlights
wie “We’ll Rock Forever”, “DV8R” oder “Terror Zone” hätte ebenjener in den
Achtzigern auch nicht schöner darbieten können – da bleibt es auch
entschuldbar, wenn Mr. Ross textlich etwas arg tief in die Priestsche Klischeekiste
greift.
Fazit:
sofort verhaften. Anspieltips: alles.
(Ach ja:
da ich mir die Reaktionen bei den großen Magazinen schon vorstellen kann,
verleihe ich “Absolute Power” mal prophylaktisch selber die Höchstnote. In
diesem Sinne: 10/10, 12/12, 7/7. ;-)) .
(c)2002, Ernst Zeisberger