Mägo de Oz:
Gaia
Die knuddeligen spanischen
Folkmetaller Mägo de Oz sind nach drei Jahren
wieder mit einem neuen Studioalbum am Start. Und irgendwie erwischt es mich
zuerst etwas kalt. Nach einem etwas langen, allerdings recht coolen
Klassikintro, welches an einen Soundtrack wie "1492"
erinnert, erreichen balladeske Töne mein Ohr. Kein Speedinferno wie beim
Vorgängeralbum, sondern ein eher verhalten beginnender Titeltrack. Aber auf
einmal packt es mich und lässt mich nicht mehr von sich. So verhalten balladesk
"Gaia" auch beginnt, so wunderschön
ist doch die Melodie, welche von großen Taten kündet. Da sind sie. Nach und
nach entwickelt sich "Gaia" in einen
treibenden, mittelschnellen Heavymetalsong mit den unnachahmlichen keltischen
Melodiebögen, wunderschönen Geigen -, Flöten - und Klaviereinlagen, aber
verdammt heavy rockend. Rockend? Hört Euch nur mal die irrsinnigen Soli an,
lauscht den klassischen Einflüssen, fallen Euch da nicht Rainbow und Deep Purple
ein? Und das vermischt mit keltischem Folk, auch Jigs und Reels, das ist ein
klangliches Feuerwerk, vor allem da sich die Band nicht einfach bei ihren
Inspirationsquellen wahllos bedient, sondern aus den gegebenen Ideen heraus
eigene Visionen mitreißender Songs züchtet. Als hätten
sich Blackmore und Lord, mit einem neuen, sehr eigenen Sänger zusammengetan,
Michael Schenker als zweiten Gitarristen engagiert, wären so kollektiv
bei den Pogues eingestiegen und hätten gemeinsam
mit den alten Iron Maiden gejammt. Denn der
Sound ist in all seiner Frische und Wucht eindeutig dem Metal zuzurechnen. Man
muß also nicht auf Krampf an neuen, aber irgendwie nur noch stumpfen Riffs und
gekünstelt wirkenden Plastikmelodien basteln, wenn man sich auch der
Traditionen bedienen kann, etwas eigenes entstehen zu lassen. Und wenn ich die
großen Namen zitiert habe, Mägo de Oz sind
derartig gut. Symphonische Elemente bereichern hier das Klangbild, statt es mit
tuntigen Kitschmelodien zu verwässern. Gut, die Grenze zum Kitsch wird ab und
an nahezu touchiert, doch nie ansatzweise überschritten. Spieltechnisch ist
alles im grünen Bereich, die Arrangements sind flüssig und erfüllt mit
unbändiger Lebensfreude. Trotz aller Eingängigkeit hat man den Stücken komplexe
Strukturen verpasst, die es zu durchdringen gilt, um jedes wunderbare Detail zu
entdecken.
Langweilig werden Mägo de Oz sicherlich nicht.
Wenn die Jungs an der Gitarre dann mit furiosen Leads und wilden Soli loslegen
oder die Folkinstrumente die tobende Meute hypnotisieren und gleichzeitig
aufputschen, das ist schon sehr bewegend. Es gibt nicht viele wirklich
beeindruckende Metalacts heutzutage, Mägo de Oz
sind einer von ihnen.
c)2003, Sascha Maurer