Nocturnal Rites : Afterlife
Hoppla, das sollen Nocturnal Rites sein? Mir war ja im voraus durchaus bekannt, daß die Schweden Frontmann Anders Zackrisson in die Wüste geschickt hatten, aber "Afterlife" überrascht doch deutlich mehr als erwartet. Neu-Vokalist Jonny Lindkvist muß ich zu den positiven Überraschungen zählen - Anders' eher gewöhnungsbedürftige (aber höchst kultige) Stimme kann er problemlos ersetzen, auf der anderen Seite wirken NR dieser Tage auch aufgrund dessen etwas gesichtslos. Das ist aber vor allem der zweifelhafte "Verdienst" seiner Bandkollegen - Jungs, wo habt ihr denn die wunderbar eingängigen Melodien gelassen, wo die völlig unbekümmert rausgehauenen Maiden-style Riffs? Auch wenn es ein paar positive Ausnahmen auf "Afterlife" zu verzeichnen gibt (Titeltrack, "The Sinners Cross", "Sacrifice"), so besteht doch der Löwenanteil der Songs aus mehr oder weniger uninspirierten, etwas metallischeren Kopien jüngerer Riot-Songs - und schon die letzten paar Riot-Scheiben selber (für mich alles nach dem verdammt unterbewerteten "The Brethren..."-Album) wird man im Lexikon nicht gerade unter dem Synonym "Inspiration" oder "Kreativität" finden, dennoch haben sie gegenüber der neuen Rites immer noch den Vorteil eines absoluten Ausnahmesängers wie Mike DiMeo und des wesentlich gefühlvolleren Sounds. Jau, die sterile, möchtegern-moderne Produktion torpediert ebenfalls einige gutgemeinte Versuche ehrlichen Metals, irgendwie aus der Mittelmäßigkeit herauszukommen.
Kurz und knapp, 'ne ziemliche Enttäuschung - die Band hätte für meine Begriffe vielleicht einen Namenswechsel mal ernsthaft in Betracht ziehen sollen. Ohne den Urheber dieser Songs zu kennen, hätte ich niemals auf die bisher ziemlich kultigen Schweden, deren erstes und drittes Album ich zu den mitreißendsten Metal-Alben der 90er zähle, getippt. Hört sich an, als wäre ex-Sänger Anders doch arg deutlich dafür verantwortlich gewesen. Schade - denn "Afterlife" ist in den besten Momenten ganz nett, größtenteils aber einfach nur belanglos - "Thundersteel"-Vergleiche, wie auch schon gelesen, halte ich jedenfalls für völlig fehl am Platze.
(c)2000, Ernst Zeisberger