Symphorce : Sinctuary

Keine Ahnung, wie ich es im letzten Jahrhundert fertig gebracht habe, ein Talent wie Andy B. Franck völlig zu übersehen - nach dem brillianten letzten Brainstorm-Album ist "Sinctuary" bereits der zweite Pflichtkauf für Power Metal-Maniacs innerhalb weniger Monate aus dem Hause Franck, dem Fans alter Ami-Truppen wie Vicious Rumors, Titan Force/Jag Panzer oder Sanctuary unbedingt mal ein oder zwei Ohren leihen sollten. Gibt einem doch auch "Sinctuary" mal wieder richtig Grund zum Stolz auf einheimischen Stahl, nachdem man sich sonst oft aufgrund eifriger Kiske-Kinderlied-Klonereien schon mal Sorgen um den Metal-Standort D-Land machen konnte.

Aber nicht hier! Andy liefert mir in zwölf gleichsam grandiosen Tracks Gründe am laufenden Bande, ihn feierlich zur deutschen Antwort auf Bruce Dickinson zu ernennen - wie schon bei Brainstorm vereint sich hier technisches Können, Ausdrucksstärke und 'ne zusätzliche Kelle Charisma in einer Stimme, die ihn hoffentlich bald auch kommerziell in eine Reihe mit den Größen des Genres bringen möge. Wo bei seiner anderen Band sich US-Anleihen streckenweise höchst gelungen mit Euro-Power Metal-Elementen verbinden konnten, zocken Symphorce eher den reinen Ami-Stil. Gitarrist Cedric Dupont haut ein Hammerriff nach dem anderen raus, so daß man aus dem Bangen kaum noch rauskommt, beherrscht gleichzeitig aber auch höchst filigrane Leads problemlos. Im Verbund mit der dezent, aber effektiv eingesetzten Key-Unterstützung vollziehen Symphorce so eindrucksvoll den schwierigen Spagat zwischen deftiger, urwüchsiger Power, die den Namen auch verdient, auf der einen Seite, aber auch dezenter Modernität, ohne sich irgendeinem dämlichen Trend anzubiedern - etwas, das für meinen Begriff in letzter Zeit nur Agent Steel und Nevermore wirklich gelungen ist.

Dabei bewegen sich Symphorce in allen Lebens- und Geschwindigkeitslagen auf beeindruckend sicherem Terrain, sei es der treibende, geradlinige Metal des Openers "Eye Of Horus" oder des schnellen "Reveal The Secrets", midtempolastiges Geriffe mit absoluten Ohrwurmchorussen ("Holy Sin", "Until The Last") oder eine unglaublich atmosphärische Komposition wie "Soulfly" (hat zum Glück ganz und gar nix mit dem unmelodischen Urwaldgeholze von Ex-Thrash-Trantüte Max zu tun...). Ein exzellentes Cover gibt es mit Powermads "Nice Dreams" auch - was will man mehr? Eben.

(c)2000, Ernst Zeisberger 1