
CAMEL bedeuten mir viel. Sehr, sehr viel sogar. Insbesonders die ersten vier Studioalben bieten wunderschöne Musik, die mich mit ihrer Leichtigkeit immer wieder zum Träumen einlädt, meine Gedanken ganz zärtlich in Richtung Seelenfrieden pustet und mich somit dem gewollten und geplanten Eskapismus ganz, ganz nahe kommen lässt. Wer Kompositionen wie ´Lady Fantasy´ oder ´Air Born´kennt und liebt, der kann sicherlich nachvollziehen was ich mit diesen plüschigen Worten meine.
Da die Band jetzt wieder aktiv ist, im Oktober für drei Gigs in Germany vorbeischaut (geplant ist ein dreistündiges Set, bei dem neben all den Klassikern auch die komplette "The Snow Goose" aufgeführt werden soll), und sogar ein neues Studioalbum in der Mache ist, starte ich heute mal meinen schon lange geplanten CAMEL Thread.
Ich werde hier nach und nach alle Studioplatten, sowie einige ausgewählte Livescheiben und DVDs der Band vorstellen. Das wird selbst für mich insofern interessant werden, da ich die drei Scheiben aus den 80ern, sowie die letzten beiden Alben noch gar nicht besitze bzw. kenne und somit selbst Neuland betreten werde.
Los geht´s natürlich mit den ersten vier Platten. Here we go once again....
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CAMEL - Camel (1973)
Auch wenn die Band auf ihrem Debüt hier und da noch etwas orientierungslos versucht, verschiedene Stile sinnvoll unter einen Hut zu bringen, lassen sich doch schon die Eckpfeiler des späteren CAMELschen Sounds ausmachen: Das stets gefühvolle und flüssige Gitarrenspiel Andy Latimers, Peter Bardens und sein gekonnt eingesetztes Arsenal an Tasteninstrumenten, wie die Faust auf´s Auge passende und stimmig erdachte Gesangslinien (die in Ermangelung eines richtigen Sängers von Latimer, Bardens und Ferguson übernommen werden) und ausufernde, veträumte Instrumentalpassagen.
Das treibende ´Slow Yourself Down´ leitet die Platte mit coolen Jam-Parts ein, die hier und da an Carlos Santana erinnern. ´Mystic Queen´ verfügt mit seiner relaxten, geradezu melancholischen Atmosphäre in Teilen schon über den späteren Signature Sound der Band. Das rockige ´Never Let Go´ ist zwar recht einfach gehalten, stellt sich im Langzeittest jedoch als der Ohrwurm der Platte heraus, und ziert bis heute die Setlist der Band. ´Seperation´ und ´Curiosity´ sind die straight forward Rocker der Scheibe. ´Six Ate´ und ´Arubaluba´ sind dann zwar recht nette Instrumentals, verblassen aber im Vergleich zu späteren Heldentaten, und stellen für mich die beiden Semischwachpunkte der Scheibe dar.
Insgesamt ein okaynes Debüt, das mehr Rock denn Prog ist und dabei vielleicht noch´ne Spur zu brav daherkommt.
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CAMEL - Mirage (1974)
Wirkt das Debüt zu weiten Teilen vielleicht noch etwas planlos, so tritt nun der charakeristische Stil der Band zum Vorschein. Die Rhythmen sind komplexer, es wird verstärkt mit leisen und lauten Passagen jongliert, die Kompositionen sind nun noch länger und noch abwechslungsreicher arrangiert. Außerdem verwendet Latimer hier zum ersten Mal die Flöte.
Der Opener ´Freefall´ fällt mit seinen harten, für die Band doch recht aggressiven Gitarren zwar etwas aus dem stilistischen Rahmen, doch schon der zweite Track ´Supertwister´ zieht den Hörer mit seinem die Seele streichelnden Hauptthema in den Bann. Es folgen der verspielte Neunminüter ´Nimrodel/The Procession/The White Rider´, dessen Lyrics auf "Der Herr der Ringe" basieren, sowie das treibende Instrumental ´Earthrise´, welches in der zweiten Hälfte Tempomässig schön anzieht und gar feines Druming am Start hat (Ward = underrated). Am Ende der Scheibe folgt dann einer der schönsten, prächtigsten und packendsten Longtracks, die der Classic Prog zu offerieren hat: ´Lady Fantasy´. Knapp zwölf Minuten, die sämtliche Zutaten für einen Klassiker enthalten. Laut, leise, wild, zahm, wütend, verliebt, it´s all in there....und wenn die Band am Ende das gefühlvolle Motiv vom Anfang wiederholt, dann bekommen sogar Schneemänner Gänsehaut.
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CAMEL - (Music Inspired By) The Snow Goose (1975)
Nachdem sich die Band auf "Mirage" von einem Buch zu einer Nummer hatte inspirieren lassen, will sie nun einen Schritt weiter gehen und einen ganzen Roman vertonen. Zur Auswahl steht anfangs u.a. Hermann Hesses "Steppenwolf", letztendlich entscheidet man sich aber für "Die Schneegans" von Paul Gallico. Als der Autor davon Wind bekommt, will er Mitspracherecht in Sachen Lyrics, Artwork und Auswahl der Sprecher für die von der Band geplanten spoken words Passagen. Latimer & Co. jedoch haben aber überhaupt keine Lust, sich in ihr Schaffen reinreden zu lassen, werfen die Lyrics enttäuscht in den Papierkorb und überarbeiten ihr Material derart, dass sie es als reine Instrumentalscheibe rausbringen können.
Ich habe die Geschichte noch nie gelesen, aber ganz egal um was es auch geht: Die Musik in Verbindung mit den Songtiteln lässt eine Art Film in meiner Phantasie entstehen, und schon das allein halte ich für ganz, ganz große Kunst. Die knapp 40 Minuten laufen relativ entspannt ab, hier und da gibt es mal dezente Streicherparts zu hören und Latimer greift mehrmals zur Flöte.
Schöner kann man symphonischen Classic Prog nicht darbieten, wie ich finde.
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CAMEL - Moonmadness (1976)
Vielleicht das beste Album der Band. Die kantigen (Rock-)Elemente des Debüts, das feine Melodiengespür der "Mirage", sowie die getragene Sanftheit der Schneegansplatte werden hier zu einer höchst stimmigen Scheibe ohne jeglichen Schwachpunkt gebündelt. Der Opener ´Aristillus´ ist ein von wilden Keyboards dominiertes Instrumental, ´Song Within A Song´ erinnert von Aufbau und Feeling her ein bisschen an die grandiosen GENESIS der Spätsiebziger, bei ´Chord Change´ (man achte auf die Tempowechsel) und ´Another Night´ (CAME goes Heavy Prog) rocken CAMEL für ihre Verhältnisse richtig ab, der Closer ´Lunar Sea´ haut dem Hörer nochmal ein paar feine Gitarre vs. Keyboard Spielereien um die haarigen Ohren. Meine persönlichen Höhepunkte jedoch sind das melancholische ´Spirit Of The Water´ und das bedächtige ´Air Born´, auf dem die Band mal wieder zeigt, wer die Meister des ruhigen Prog sind.
"Moonmadness" war das letzte Album der klassischen Latimer-Bardens-Ward-Ferguson Besetzung. Letzterer stieg nach der Tour zur Scheibe aus, da er eine musikalische Kurskorrektur, wie sie den drei anderen vorschwebte, nicht mitmachen wollte.
TO BE CONTINUED......