Pavlos, diese Band HAUT MICH UM.
Noch nie durfte ich im technischen Röchelschreibrüllgrunzbereich eine solche Symbiose aus völlig ergreifender Musik und fabelhafter Lyrik erleben - mit 'Dwellings' wurde etwas erschaffen dass man mit dem Wort 'Abenteuer' gleichsetzen kann.
Vertrackte Songs die in Sachen Rhythmik und Gesangslinien ein eigenes Leben zu fĂĽhren scheinen und trotzdem einer nachvollziehbaren inneren Logik folgen. Obwohl: Songs? Nennen wir diese sieben Kunstwerke von je circa 10 Minuten (das kurze Instrumental 'Confusion of tongues' mal ausgenommen) doch Epen, denn das sind sie allesamt. Was hier in einem Song passiert, bekommen viele Bands nichtmal in einer Karriere zusammen.
Das brillante 'Funambulist' alleine ist wie eine Reise durch Jahrhunderte und Kontinente, schlägt es doch eine Brücke zwischen pre-revolutionärem Paris und pre-11.9.2001 New York. In düster-poetischen Tönen und aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt es die Geschichte des Philippe Petit, der 1974 hoch über Manhattan zwischen den Twin Towers einen illegalen Drahtseillauf durchführte (darüber wurde 2008 den preisgekrönten Dokumentarthriller 'Man on wire' gedreht).
'Junta' ist eine weitsichtige Chronik des bizarren Putsches im afrikanischen Guinea in 2008/'09: es bietet sowohl einen Einblick in die Psyche des grössenwahnsinnigen Putschanführers Moïse (Moussa) Dadis Camara als auch Impressionen des Bürgerkrieges. Die 'Bilder' von Ausnahmetexter/Basser/Vokalist Arthur von Nagel sind krass, traurig, pechschwarz.
Derartiger Tiefgang ist im Metal äusserst selten, es kommen mir eigentlich nur die Debüts von Psychotic Waltz und Vaudeville als Vergleich in den Sinn. Selbstverständlich nicht stilistisch von der Musik her, das sind halt verschiedene Genres. Nein, hier bilden Musik, Texte und Verpackung eine geschlossene, perfekte Einheit.
Ich zitiere nochmal den letzten Satz im (ebenso aussergewöhnlichen) Booklet:
'
No record labels were harmed in the creation of this album.'
Ganz, ganz gross, Cormorant.
Ich geh' jetzt 'Metazoa' ordern.