Boris the Enforcer hat geschrieben:Raf Blutaxt hat geschrieben:Ich denke, die meisten hier im Board sind einfach nicht das Zielpublikum fĂŒr Dunns allgemeinere Dokus wie "Metal". Viele hier kennen sich einfach schon sehr gut mit der Geschichte der Musik aus, die wir hier abfeiern oder kritisieren. Wenn ich aber jemandem, der sich mit dem Thema nicht auskennt, erklĂ€ren will, was Heavy Metal so ausmacht, dann ist das eine super Sache, also was fĂŒr Eltern, potentielle Lebenspartner etc. Bei Flight 666 oder der Rush Doku, die mir immer noch fehlt, ist das was anderes, da geht er dann eben in die Tiefe.
Und Alice Cooper ist immer ein lohnender GesprÀchspartner, egal worum es geht, Àhnlich wie Dickinson oder Butler oder Iommi.
Nicht das ich das bei Dunn unbedingt abgedeckt sehe, aber ich sehe mir gerne mal eine Metal Doku an, wenn diese den Charakter eines Zeitdokumentes aufweist und man die alten Gesichter sieht und sich fragt, wo die ganze Zeit geblieben ist und das es wirklich schon so lange her sein soll. Ich denke da zum Beispiel an 'Get Thrashed' oder 'Iron Maiden and the NWOBHM'. Wenn da noch jemand einen DVD Vorschlag hat, wÀre das was Feines.
Ich muss hier mal was usbuddeln, auch wenn es schon ein alter Hut ist und schon tausend ZĂŒge drĂŒber gefahren sind. Hoffentlich jedenfalls, denn bei Sam Dunn's Dokus, inbesondere "Metal Evolution" zieht es mir bisweilen die Schuhe aus wenn ich daran denke, dass das Kanon und anerkannte Quelle fĂŒr Heavy Metal werden könnte.
Da ich die letzte Nacht einfach nicht pennen konnte hab ich mir ein paar Sachen davon reingezogen und jetzt beschĂ€ftigt es mich so sehr, dass ich hier was zu loswerden muss. Dunn ist bestimmt leidenschaftlicher Metalfan und die Dokus sind ehrlich und unposiert und gröĂtenteils auch unterhaltsam, aber es gibt vor allem zwei (aber nicht nur) Sachen, die mich so mega daran stören, dass ich ihm am liebsten schreiben und ihn vollnölen wĂŒrde.
1. Die Dokus entbehren wirklich jeglicher AtmosphĂ€re, so gut wie nie entsteht diese Heavy Metal Kultstimmung, diese so aus der Moderne herausfallende Mystik, welche den Reiz dieser Musik herstellt. Vielleicht ist das der Preis fĂŒr die Ehrlichkeit und Unaufgesetztheit der Filme. Die Grenze zwischen Kultigkeit und Pose ist kaum durchgĂ€ngig haltbar. Das hat zig GrĂŒnde: Optisch geht das alles ziemlich vorn Baum. Wenig wirklich geile Fotos, wenig Schwerter, Drachen, MotorrĂ€der, Leder... wenig Kontroverses. Wo ist das echte Outlaw-Image? Wo ist der Schrecken, die Gefahr? Ich weiĂ, dass Metal nicht wirklich gefĂ€hrlich ist, aber welchen Reiz hat er, wenn man ihn nichtmal mehr als gefĂ€hrlich prĂ€sentiert? Die animierten Effekte (im Intro und im Family Tree) sehen nach NICHTS aus. Ein weiterer Grund: Alles ist mega oberflĂ€chlich. Null Underground. Zum tausendsten Mal erzĂ€hlen ein paar ĂŒberprĂ€sente, inzwischen völlig szenefremde Protagonisten (Alice Cooper

Geile Platten, aber was fĂŒr ein nerviger Typ!; Kirk Hammet: Hat der IRGENDWAS Interessantes zu sagen auĂer den ĂŒblichen Phrasen, die man sich auch so denken kann?) dieselben Anekdoten. Spannendes ist sicher dazwischen, aber trotzdem frag ich mich, wo SarcĂłfago, Aria, Manilla Road, Sadistik Exekution, Blasphemy, Jag Panzer, Manowar, Root, Riot, Dust und und und sind. Man bekommt den Eindruck, weil so viele (inzwischen) "normale" Leute und so viel Wacken zu sehen ist, Metal sei etwas, bei dem man einfach so mitmachen kann und die Doku ist der Crashkurs dafĂŒr, RĂŒstzeug und alles wichtige Wissen.
Das bringt mich zum 2. Probkem, das mich echt maĂlos aufregt, nĂ€mlich dieser unsĂ€gliche Family Tree. NIcht nur, dass er musikhistorisch grĂŒĂtenteils komplett falsch ist, er ist auch noch extrem bemĂŒht, unnötig kompliziert (und dabei an der tatsĂ€chlichen KomplexitĂ€t, welche die Genese verschiedener verwobener Stile mit sich bringt, völlig vorbeigehend), extrem selektiv (ohne die Auswahl irgendwie zu begrĂŒnden und zu kommunizieren) und er enthalt, als wĂ€re das genauso Metal wie alle möglichen anderen Subgenres, einfach so GRUNGE und NU METAL!!! Arrrrgggghhhh. Diesen Stilen sollte man ja gar nicht die Daseinsberechtigung absprechen, aber es ist nun mal kein Heavy Metal. Und was ist "Swedisch Extreme Metal"? Und und und. Und die Auflistung einiger klassischer Komponisten zusammen mit den Kinks usw. als Metalvorreiter. So ein Quatsch. Nerdige ErbsenzĂ€hlerei, die, wenn sie Schule macht und zitiert wird, 'nen Haufen klugscheiĂerischen Unsinn gebiert. Blödsinnige Ăberkategorisierung und Erfindung von Zusammengehörigkeiten, als seien sie gegebener Fakt. Immerhim kommen verdientermaĂen Blue Cheer vor, sowohl in der Liste als auch in der Doku.
Zugutehalten muss man der Sache, dass Rockmusik gebĂŒhrend gewĂŒrdigt wird, denn Heavy Metal ist nun mal Rockmusik (wann ist die Wahrnehming dieser Tatsache eigentlich, zumindest im Mainstream, eigentlich verlorengegangen?), trotzdem rockt die Doku nicht und Sam Dunn ist auch einfach irgendwie kein Rocker. Und ich hasse es, wenn "Metal" als Ăberbegriff benutzt wird. Es heiĂt Heavy Metal. So.
Deshalb ist abschlieĂend gesagt, weil es auch mal im Thread erwĂ€hnt wurde, die Metal Evolution Doku (ebenso die anderen Dunn Filme=, KEIN empfehlenswerter Metaleinstieg, weil sie oberflĂ€chlich sind und falsche Tatsachen vortĂ€uschen. Es gibt nur einen guten Einstieg und der besteht daraus, diese Musik zu hören. Nichts kann einem Musik wirklich nahebringen auĂer der Musik selber. So lernt man sie verstehen und auch ihre Geschichte kennen.
Ausgemeckert. Hoffentlich schlafe ich damit diese Nacht besser.
