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Savatage

+ Rough Silk / Mind Odyssey

16.11.1998, "Kick", Herford

Was an diesem denkwürdigen Abend im "Kick" in Herford passierte, lässt sich nur mit den folgenden Worten beschreiben: BESSER GEHT'S NICHT! Da dies jedoch ein bischen wenig für ein Livereview wäre, versuche ich, meine Eindrücke doch noch in ein paar mehr Worte zu kleiden.

Als erstes fiel die wirklich angenehme Größe und der gelungene Aufbau des "Kick" auf, in dem man von beinahe allen Standpunkten sehr gut sehen konnte. Gegen 20.45 - das "Kick" war schon beinahe ausverkauft - betraten dann die Berliner Mind Odyssey die Bühne. Deren Zweitwerk "Nailed To The Shade" war eine wirklich gelungene Scheibe, doch live konnten sie mich sogar richtig begeistern. Der wirklich sensationelle Gitarrist Victor Smolsky (der kommende Guitar-Hero!) überzeugte mit den wildesten Tricks und Soli, spielte sich aber zu keiner Sekunde allzuweit in den Vordergrund, zog aber dennoch alle Augen auf sich. Ein weitere postiver Aspekt war der Sänger, der mit seiner kraftvollen, hohen Stimme und des gelungenen Stageacting ebenfalls Akzente setzen konnte. Insgesamt ein mehr als überzeugender Liveeinstand vor größerem Publikum!

Rough Silk waren anschliessend um mindestens zwei Klassen schwächer. Der neue Sänger reichte zu keiner Sekunde an Jan Barnett heran und auch seine Bühnenshow war recht hölzern und erinnerte gar ein ums andere Mal an einen Hardcore-Shouter. Doch auch das Songmaterial der Band wird von Album zu Album schwächer und so sprachen mich Rough Silk zu keiner Zeit wirklich an. Schade eigentlich, gefielen sie mir auf der letzten Savatage-Gastspielreise ganz gut...

Dann kamen SIE, die ungekrönten Könige der Musik! Und wie sie kamen!! Der Einstieg war mit "Nothings Going On", meiner Meinung nach einem der schwächsten Songs der Band, zwar denkbar schlecht gewählt, dann jedoch kamen NUR UND AUSSCHLIESSLICH HITS! Und jeder der sechs Musiker spielte und sang in einer Perfektion, die ich bisher so nur von Fates Warning kannte!! Jon Oliva braucht nur die Bühne zu betreten und sein charakterstisches Grinsen aufzusetzen, schon liegt das Publikum ihm zu Füssen! Zachary Stevens ist mit den Jahren IMMER besser geworden und zählt mittlerweile zu den wohl fünf besten Frontmännern und Sängern der Welt, der stimmlich ALLES drauf hat und dies auch noch mit beeindruckendem Gestenreichtum unterstreichen kann! Chris Caffery spielt die hohen Criss Oliva-Vorgaben mit einer Hingabe, als wären die Parts von ihm persönlich geschrieben und Al Pitrelli ist sein kongenialer Partner, der ebenfalls mit seiner technischen Brillianz und den meisterhaften Riffs die musikalische Klasse der Band weiter nach oben schraubt. Jeff Plate an den Drums ist sowieso das ultimative Tier, der während noch so schwieriger Parts seine Drumsticks meterweit in die Luft wirft, um sie dann sekundengenau wieder aufzufangen und erneut wie ein Derwisch in die Felle zu dreschen. Johnny Lee Middleton ist so etwas wie der "ruhende Pol" der Band, der zwar auch jede Menge Meter auf der Bühne macht, aber immer etwas im Hintergrund bleibt. Noch ein Wort zum GOTT Jon Oliva: er sang soviel wie selten zuvor und zwar in einer Brillianz und mit einer bösartigen Power, das einem wirklich die Spucke wegbleiben konnte! Aber mittlerweile besteht Savatage sowieso aus sechs gleichwertigen Frontmännern, um die sie jede andere Band beneiden kann!!

Zur Songauswahl, die diesmal wirklich ohne Worte war: es wurdem Songs gespielt, die die Band entweder noch nie oder Jahre nicht mehr gespielt hatte. "Tonight He Grins Again" war einer der Höhepunkte des Sets, das unglaublich perfekt von Jon gesungen wurde. Der Metal-Meilenstein "Power Of The Night" war der Nackenbrecher schlechthin und sogar das geniale "Strange Wings" wurde gespielt!! "City Beneath The Surface" und "Sirens" waren dann weitere Geschenke an die uralten Fans, während "Standards" wie "Chance", "Gutter Ballet", "The Wake Of Magellan", "Edge Of Thorns" oder das thrashige "Taunting Cobras" gewohnt souverän und mit enormer Spielfreude in die schwitzende Menge gefeuert wurden. Bei "Believe" und "A Little Too Far" hatte ich mal wieder Tränen in den Augen... . Nach anderthalb Stunden ging die Band dann das erste Mal von der Bühne, um mit einem Akustikset (!!) den ersten Zugabenteil einzuleiten. "Not What You See", das Alice Cooper-Cover "Only Women Bleed" und die famose Ballade "Sleep" wurden dann in wahren Gänsehautversionen und rein akustisch dargeboten. Eines der absoluten Highlights meiner "Konzertgängergeschichte"!! Danach verliessen die umjubelten Helden erneut die Bühne, um dem Publikum unter anderem zum Schluss genau das zu geben, wonach sie scheinbar gierten: "HALL OF THE MOUNTAIN KING" in einer sensationellen, powervollen und alles vernichtenden Version!!!

Nach knapp über zwei Stunden (noch viel zu früh!!) war dann leider schon Schluß und es endete ein Konzert, das in meiner persönlichen Rangliste zusammen mit den "A Pleasant..." Gigs von Fates Warning und dem Gig von Vicious Rumors in Lingen ganz vorne anzusiedeln ist! Einen Gig von Savatage sollte jeder Musikfan mindestens einmal in seinem Leben gesehen haben. Es wird ein Ereignis, das man niemals wieder vergessen wird!!

...and still the orchestra plays!!!

(c) 1998, Michael Kohsiek