Sacred Metal Page > Sacred Concerts > Powervice, Vortex 2006

DUTCH STEEL INVASION

 Mit

VORTEX (Hol)

POWERVICE (Hol)

ASH INHERITANCE (Ger)

 Das war sie nun, die Dutch Steel Invasion. Mit den Veteranen Vortex und den Newcomern Powervice haben die Veranstalter ein waschechtes Metal-Generationstreffen in die heimliche Hauptstadt Frankens geholt. Und, heilige Fledermaus – soviel sei vorweggenommen – würden die Holländer genauso Fußball spielen, wie sie reinen, schweißtreibenden Heavy fucking Metal zocken: die Europameisterschaft wäre ihnen vergönnt. Das teils überraschend junge, restlos begeisterte Publikum in der mit 170 Besuchern völlig ausverkauften Kofferfabrik an der Stadtgrenze Fürth/Nürnberg dürfte dies ähnlich sehen.

 Zunächst scheint die Veranstaltung unter keinem guten Stern zu stehen. Während die Nürnberger Prügelhoffnung Ash Inheritance bereits die Keule über den Köpfen der Besucher kreisen lässt, steht die zweite Vorgruppe Powervice noch vor Nürnberg im Stau – und mit ihnen die komplette Backline. Umso erstaunlicher, in welch starkem Sound der dynamische Thrash der Nürnberger aus den Boxen der notdürftig zusammengezimmerten Ersatz-Anlage bläst. Das Publikum weiß den souveränen Auftritt der Franken entsprechend zu honorieren und geht überraschend steil ab.

 Gerade zu den letzten Klängen von Ash Inheritance trudeln just in time Powervice ein. Verstärkertops ausgetauscht, Flying V eingestöpselt und los geht eine fulminante Show, die das Publikum von der ersten bis zur letzten Note völlig austicken lässt. Mit einem potentiellen Klassiker wie „Behold the Hand of Glory“ als Opener kann man auf keiner Bühne der Welt was falsch machen. Twin Guitars galore, göttliche Bassläufe, dazu die Hammerstimme von Rogier Stockbroeks. Es dauert ein wenig, bis der Mischer die filigranen zweistimmigen Gitarren des kongenialen Doubles Selim Lemouchi und Will Verbuyst im Griff hat, aber spätestens beim zweiten Titel „Nightstalker“ steht die Soundwand, auf die Robbie Williams-Double Rogier immer wieder seine punktgenauen Screams pflastert.

Weiter geht’s mit der noch unveröffentlichten Nummer, ähem… „Cocksmoker“, die genau in dieselbe fulminante Thin Lizzy meets early Maiden-Kerbe schlägt und zweifellos zu den Highlights des hoffentlich bald erscheinenden ersten Longplayers der blutjungen Holländer zählen wird. Danach wird den Urvätern des schweren Metall Tribut gezollt: „Die young“, eines der schnellsten Sabbath-Stücke, gerät zu einem Parforceritt mit irrwitzigen Gitarrenduellen und einer ohne Einschränkungen Dio-würdigen rauen Gesangsleistung von Rogier. Hammer!

Powervice

Nicht nur beim Publikum brannten darauf die Sicherungen durch. Es wurde finster. Stockfinster. Stromausfall. Der Stimmung tat dies wider Erwartung keinen Abbruch. Kurzerhand wurde „Fear of the dark“ angestimmt, bevor es nach einer halben Stunde wieder Licht wurde.

„The end is coming“ ist neben „Behold the hand of glory“ der Höhepunkt auf dem Demo der Holländer. Auch auf der Bühne geriet der satte Headbanger in früher Maiden-Manier zum reinen Triumphzug. Das erstaunlich textsichere Publikum unterstützte Rogier sangeskräftig beim Refrain, bevor die Band nach einer irren Energieleistung und der energisch geforderten Zugabe „Behold the Hand of Glory“ (zum zweiten Mal) völlig ausgepowert von der Bühne ging. Ganz, ganz groß! Wenn diese Band in den nächsten Jahren nicht völlig abräumt, läuft wieder mal mächtig was falsch in unserer geliebten Szene.

 Danach die spannende Frage. Werden Vortex diesen Sturmlauf noch toppen können oder wird das Publikum Zeuge einer Wachablösung im holländischen Metal? Der ruppige Metal der niederländischen Veteranen mag – gepaart mit der, nun ja, extravaganten Bühnenshow – womöglich befremdlich auf das teils recht junge Publikum wirken. Sänger Jurjen tigerte bereits seit zwei Stunden in voller Kriegsbemalung unablässig um den Tisch im Backstagebereich, während sich der Rest der Band seit Nachmittag mit mehreren Pullen Jakob Daniels amüsierte. Rock’n’Roll pur. Vor allem Gitarrist und Sympathiebolzen Martjo ist mit blonder Matte, Patronengurt und Spandexhosen der nietenbewehrte Beweis, dass man auch nach 27 Jahren Bühnenerfahrung den Heavy Metal noch leben kann. Schönen Gruß in Richtung Metallica und Konsorten…

Vor einem genialen Fledermaus-Backdrop entert die Band die Bühne und legt nach einer kurzen Begrüßung durch Martjo mit „Gotta get away“ von der kultigen 1985er Metal Bats EP stark los. Flotter Vierviertel-Takt, packender Refrain, Spielfreude pur. Nachdem sich der erste Eindruck von Jurjens Geisterbahn-Kostüm und Proto-Corpsepaint gesetzt hat, beginnen die ersten Köpfe im Publikum sich zu bewegen. Schnell wird klar, dass VORTEX keineswegs vorhaben, ihren jüngeren Landsmännern die Lorbeeren des Abends kampflos zu überlassen.

Mit „Hammer of the North“ vom gleichnamigen bärenstarken 2002er Comeback untermauert die 50er Herrenrunde ihren Anspruch gleich mit einem weiteren satten Pfund und fetter Lautstärke. Die Headbanger vor der kleinen Bühne nehmen’s dankbar auf und gröhlen lauthals mit. Klar, VORTEX sind keine Filigrantechniker wie Powervice und Jurjen kann von Rogiers Stimmlage nur träumen, aber gegen den unbändigen Rhythmus von Stampfern wie „Welcome to Metalland“ und die debil-komischen Ansagen des so gar nicht in Würde ergrauten Fronters (Kostprobe: „we don’t call the name of the next song…. because…. ähhh…it’s too dangerous“) ist kein Kraut gewachsen. Purer Heavy Metal von echten Männern für echte Männer (und eine Handvoll echter Frauen…). Da macht’s auch wenig aus, dass der Sound inzwischen wieder ein wenig schlechter wird.

Mit „Open the Gate“ liefert man einen ersten Höhepunkt und animiert das Publikum zu feinen Mitsingspielchen. Dann wurd’s gar schauerlich: „I can win with witches heeeeeeeeeeeeeeelp!!!!!!!!“ In einer grenzwertigen Zombiemaske und schwarzem lädierten Umhang streift Martjo über die Bühne, während Bassist Harry, der sich offensichtlich gut in der Band eingelebt hat, kleine Feuerfontänen an die erste Reihe verteilt. Richtig unheimlich ist das ganze natürlich nicht, aber eine Fetzengaudi isses allemal. Klare Sache, die Zugabe, die das Publikum lauthals fordert, haben sich die fünf redlich verdient. Up the Metal Bats!

 Was bleibt ist ein verdammt geiler Konzertabend und die Erkenntnis, dass VORTEX den Energiepegel von POWERVICE zwar nicht mehr toppen konnten, aber sich mehr als achtbar aus der Affäre gezogen haben. Die Sieger des Abends waren POWERVICE, die aus dem Stau kamen, sahen und siegten. Die Generalprobe für’s Keep it True war mehr als gelungen. Der völlig leergeräumte Merchandisingstand sprach Bände.

Positiv zu erwähnen ist auch das phantastische Fürther Publikum, das von den ersten Tönen der guten Opener ASH INHERITANCE bis zur letzten Zugabe von Vortex derbst abging. Kompliment an die Veranstalter. Die Operation „metallische Taufe“ der Kofferfabrik ist geglückt. Hoffentlich bis auf bald! 

(c) 2006, Manuel Trummer