Konzertreview Sieges Even

Konzertreview Sieges Even (Frankfurt, Nachtleben, 28.10.2004)

 

Um es vorweg zu nehmen: Normalerweise ist die Musik der Herren Markus Steffen (g), Arno Menses (v) und der Brüder Alex (d - bekannt als Schlagzeuger der Epic-Metaller RHAPSODY) und Oliver Holzwarth (b) nicht so ganz mein Ding. Für die Gehörgänge eines "Otto-Normal-Metallers" wirkt gerade das neuere Material von SIEGES EVEN doch sehr unzugänglich und vertrackt. Trotzdem muss ich der Band eine ungeheuere Spielfreude und einen perfekten Gig auf der spartanischen Bühne des Frankfurter Clubs "NACHTLEBEN" bescheinigen. Überraschend auch, dass - obwohl nach Angabe der Band kaum Werbung für den Auftritt gemacht wurde, da hauptsächlich Presse und Labels angesprochen wurden - die Hütte mit 150 - 200 Fans - darunter zwei Freaks aus Russland, die sich extra auf den Weg nach Frankfurt gemacht hatten - ausgesprochen gut gefüllt war.

 

Los ging es mit leichter Verspätung um 21:20 Uhr mit einem kurzem Intro vom Band, um dann direkt mit dem neuen Material "The Art to Navigating by the Stars" einzusteigen. Die ersten drei Teile des kommenden Konzeptalbums, das aus einem einzigen Song bestehen soll, wurde der neugierigen Meute zum besten gegeben und mit freundlichen Reaktionen bedacht. Für mich glitt das Gehörte teilweise zu sehr in jazzige, "verfrickelte" Passagen ab, die sich aber wiederum mit druckvollen Schlagzeugpassagen und geradezu grovenden Gittarenspiel abwechselnden und so einen Höhepunkt nach dem anderen produzierten. Unglaublich, wie eingespielt und technisch versiert die Band mit dem neuen Mann am Mikro auch bei dem neuen Song wirkt. Bei dieser Aneinanderreihung unglaublicher Breaks, Tempowechsel, war es dem Publikum allerdings kaum möglich mitzugehen, vielmehr schauten die meisten Gäste - ich ebenso - mit offenen Mündern auf die Finger von Markus Steffen und Oliver Holzwarth. Es ist geradezu unglaublich, wozu diese Musiker technisch in der Lage sind.

 

Der folgende Song "Prime" vom 91er "A Sense of Change" war dann auch für mich deutlich zugänglicher und direkter und erste

Publikumsreaktionen waren zu beobachten. Allerdings ist auch hier dem Mann an der Gitarre eine geradezu unglaubliche Leistung zu bescheinigen, ebenso wie Arno am Mikro, der auch den älteren Stücken mehr Druck und Kompaktheit verleiht. Das folgende "The Lonely Views Of Condors" hat ruhigere Parts und ist sicher eines der Highlights des Abends. Der absolute Höhepunkt für meine Begriffe ist allerdings "Epigram for the last Straw", welches sicher für den "normalen" Metallfan am kompatibelsten ist, da es ohne Ende groovt und es nicht ganz so viele Breaks enthält, dafür aber gut nach vorne abgeht. Gleiches gilt für das folgende "Life Cycle", welches zwar sehr sphärisch beginnt, sich aber dann zu einem regelrechten Metalsong entwickelt, der mich mehrfach an WATCHTOWER erinnert.

 

Das folgende "Tangerine Windows Of Solace" wurde vom Sänger Arno mit den Worten: "Nehmt Platz, macht´s Euch bequem, der nächste Song dauert sowieso 26 Minuten" eingeleitet. Humor hat er also auch, der "Neue" am SIGES EVEN-Mikro. Keine Frage, dass das Publikum dieser Aufforderung nicht Folge leistete und hier mit Abstand die deutlichsten Publikumsreaktionen zu beobachten waren. Wobei ich mich bis jetzt noch frage, wie es möglich ist, auf derart komplexes Matzerial zu bangen, ohne sich den Nackenwirbel zu verstauchen...

 

Das reguläre Ende des Auftritts bildete "These Empty Places", ebenfalls vom 91er Output. Die Band liess sich aufgrund der Publikumsreaktionen allerdings noch zu zwei Zugaben bitten: Nämlich "The Waking Hours" und  "Where Our Shadows Sleep" wobei nochmal richtig gerockt wurde, bevor nach knapp 2 Stunden Prog vom Feinsten der (virtuelle) Vorhang endgültig fiel.

 

Fazit: Da ich bisher nur das Debüt der Band kannte und auch keineswegs ein Fan dieses Musikstils bin, muss ich trotzdem zugeben, dass mich SIEGES EVEN im NACHTLEBEN so nachhaltig beeindruckt haben, dass ich mir in jedem Fall das neue Album kaufen werde. Bleibt mir nur zu wünschen, dass die Jungs nun schnell einen adäquaten Vertrag an Land ziehen und "Art" auch zeitnah erscheint. Ein - wenn auch ganz leichter - Kritikpunkt ist vielleicht, dass man sich ein wenig mehr Stageacting gewünscht hätte und sich Arno bei den instrumentalen Parts immer wieder im Bühnenhintergrund geradezu versteckte.

 

Text: Oliver Nöll

 

www.siegeseven.com