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Cain: A pound of flesh

Eine erdige Hardrockangelegenheit bekommen wir von der einstmals in Chicago ansässigen Band Cain geliefert, die Anfang der 70er aus diversen Beat – und Rockbands hervorging. Das Songwriting war zumeist straight, die Gitarren heavy, doch nicht zu bösartig vom Sound her. Der Sänger hatte eine Stimme voller Blues, die sich in den höheren Lagen sehr gut auskannte. Die Arrangements trugen zur guten Bekömmlichkeit der rockenden Stücke bei, ließen die Songs völlig unkompliziert, dafür umso packender wirken. Aber, spieltechnisch konnte man den Herren nichts vorwerfen, sie rockten straight, aber doch sehr versiert. Abwechslung wurde groß geschrieben. So ist der Opener „Queen of the night“ ein flotter Abgehsong, das darauf folgende „Katy“ eine epische Ballade mit großen Melodien, vor allem aber einem sehr intensiven, sehr mitreißenden Schlusspart, der dritte Song „South side queen“ ein mittelschneller Groover und „Bad Side“ ein schleppender Heavyrocker mit tollen Gitarrenharmonien und wuchtigem Beat, welcher auch noch etwas verspielter wirkte, trotz seiner Entspanntheit. Die Abläufe dieser Stücke hatten einen natürlichen Fluß, die Wechsel innerhalb der Dynamiken kamen unverkrampft. Das sprach für eine Band, die ihre Songs aus sich heraus strömen ließ, in langen, sehr intensiven Jams neue Ideen sammelte und veredelte, bis dass sich eine feste Songstruktur gebildet hat, die dennoch genügend Platz für Liveimprovisationen ließ. GEIL! Eines der absoluten Highlights dieses Albums ist das schnellere, treibende „Born of the wind“ mit einem sehr packenden Groove ausgestattet und sehr geilen Gitarrenleads ausgeschmückt. Der Refrain hier setzt Deine Seele in Brand. Neben „Katy“ das beste Stück auf „A pound of flesh“, wobei diese beiden Songs aus den wirklich tollen Kompositionen noch herausragen. Cain haben eine sehr einprägsame Art, geben ihren Liedern einen hohen Wiedererkennungswert mit auf den Weg.
Kompositorisch waren Cain keinen Deut schwächer als die anderen großen Acts der 70er, strahlten zu jeder Zeit eine ungeheure Lebensfreude aus, ein positives Gefühl, eine Menge Freude daran zu haben, exakt diese Art der Rockmusik zu zelebrieren. Wenn hier und dort völlig irrsinnige Leadarrangements aus normaler E Gitarre und Slidegitarre die durch Deine steifen Glieder fahrenden Melodien mit zusätzlicher Magie erfüllen, wird es kein Halten mehr geben. Ein etwas verspielteres Stück steht ganz am Ende des Albums, ist dann auch über acht Minuten lang, pendelt zwischen komplexen, betörenden Hardrockparts und ruhigen Momenten hin und her. Ich war anfangs sicher nicht so sehr von Cain begeistert, wie ich es von Amulet, Winterhawk, Full Moon oder Truth and Janey gewesen bin, doch nachdem ich mich nun wieder und wieder intensiv mit diesem Scheibchen beschäftigt habe, kann ich eindeutig sagen, dass es mit den anderen Monsterrecords Kultbands in einer heldenhaften Reihe steht. Etwas leichtfüßiger von den Melodien her, etwas massentauglicher vielleicht, aber wer will das bemessen? Durchdachte Kompositionen, mitreißende Songs, wilde Leads und durchdringende Vocals, was will man mehr von gutem Hardrock. „All my life“ spackt solotechnisch sogar richtig ab, hier lässt der Mann an den sechs Saiten alles raus. Ein Schredder. Wer kann sollte diese Band hören.

(c)2003, Sascha Maurer