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Christmas: Live at Massey Hall

Wenn man progressiven 70s Hardrock aus Kanada anspricht, so wird man generell bei Rush landen. Ist ja auch nicht verkehrt, nur dass da Jahre vorher schon eine Band ihr Glück versucht und zumindest drei superbe Alben veröffentlicht hat. Dieses hier ist das zweite Album der damals noch sehr jungen ( Spirit of) Christmas, ein Livescheibchen mit Stücken vom guten Debüt, sowie neuen Kompositionen. Vier Songs gibt es zu hören, davon einer ein Longsong in vier Akten, wie es damals nicht unangesagt war, man erinnere sich nur an Yes oder ELP. Christmas gingen immer ihren eigenen Weg, musikalisch. Eindringliche Melodien voller Dramatik und Tiefe waren dabei ständiger Begleiter, wurden getragen von wilden Rhythmen und einer in ihrer Dynamik gerne pendelnden Gitarrenarbeit. So beim Opener „ When Night falls“. Viele ungezähmte Six String Attacken, die gerne eine dunkle Atmosphäre erschaffen, dem Titel entsprechend, dann zurückhaltend jazzige Einlagen oder verspielte Beatelemente tauchen auf, entfesselt von Guitarwiz Bob Bryden . Blitzende Leads sind sein Markenzeichen hier. Oder das straighte , leicht bluesige „Point Blank ( it scares me )“, durchtränkt von bluesig – rockender Melancholie, eine eingängige, einprägsame Melodie offenbarend. „ Beyond the fields we know “ ist dann ein epischer Song von achtzehneinhalb Minuten Länge, ein musikalisches Meisterstück mit vielen Improvisationen, hypnotischen Jams , aber auch sehr ergreifenden Melodien in den Gesangspassagen. Bob Bryden holt hier alles aus seiner Sechssaitigen heraus, ganz sanfte Klangfolgen von fragiler Anmut, bissige Fuzzriffs , die sich durch Deine Seele fressen, brodelnd schwere, furiose Akkordsägen, zurückhaltende Melodieabfolgen und wieder diese flackernden, vollkommen entfesselten Soli. An Dramatik ist dieses Stück kaum mehr zu toppen . Die Rhythmustruppe lässt sich derweil gehen, jazzt herum, tost und donnert, zieht sich dann wieder zurück in ihr Schneckenhaus, wobei das eher selten vorkommt. Einen erdigen Groover gibt es dann mit „Blues on an iceberg “, bei dem Bob seine Gitarre wie die Sirene eines US Krankenwagens heulen lässt, wenn er nicht gerade die coolen, sehr entspannten, leicht psychedelischen Rhythmen mit cleanen Läufen unterstützt. Auch dieser Song hat eine sehr einprägsame Melodie, die man so schnell nicht wieder los wird , auch wenn es vielleicht keine Popabfolgen sind, die sich die Truppe da ausgedacht hat. Cooles Livealbum mit dem entsprechenden lebendigen, jamfreudigen Feeling . Sehr guter Sound. 70s Freaks und Neuentdecker jener Pionierphase des harten Rocks sollten auf alle Fälle die Augen nach dieser Reissue offen halten.

(c)2003, Sascha Maurer