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Journey: Revelation

Metaller mit Herz, Verstand und melodischer Schlagseite wissen, warum sie die eine oder andere Journey-Scheibe im Regal haben. In meinen jungen Jahren war das noch nicht so. Glücklicherweise hatte der musikerfahrene wie -begeisterte Vater meines besten Schulfreundes eine beeindruckend große Plattensammlung. Regelmäßig durften wir darin stöbern. Viele Schätze warteten auf Endeckung. So landete das erste Journey-Vinyl in meinen Händen, was Folgen haben sollte.

Journey sind ein AOR-Leitstrahl. Wer „Escape“ aus dem Jahr 1981 kennt, weiß, wie perfekter Rock klingt: emotional, griffig, mal härter, mal weicher, treibend und schnulzig. Ein Knaller jagt hier den nächsten. Spätestens beim dramatischen Song „Mother, Father“ wird das Taschentuch gezückt. Sänger Steve Perry und der in Metal-Kreisen ebenso bekannte Gitarrist Neil Schon erreichen auf dieser Prachtscheibe ein bis dahin nie erreichtes Niveau. Zwei Jahre später wird das gitarrenlastige Werk „Frontiers“ nachgeschoben. Den Hörer erwartet heavy AOR und die Band hat damit ihren Schaffenshöhepunkt erreicht. 1986 folgt das bereits schwächelnde Album „Raised on Radio“. Anschließend zerlegt sich die Truppe, probiert es zehn Jahre später aber noch einmal mit dem ebenfalls schwachen Release „Trial by Fire“. Steve Perry, der über eine wirklich einmalige Stimmlage verfügt und zwischenzeitlich das hörenswerte Solo-Werk „Street Talk“ (1984) unter die Leute gebracht hatte, zieht sich anschließend endgültig zurück. Danach wechseln Sänger und alles mögliche wild durcheinander. In dieser Zeit erscheinen zwei recht mittelmäßige Alben. Über ein italienisches (!) Label wird sogar eine recht eigenartige EP auf den Markt geworfen.

2007 stößt der heutige Sänger Arnel Pineda zur Band. Der hat zwar nicht die Ausstrahlung seiner Vorgänger, klingt aber zu 99,9 Prozent wie Steve Perry. Für Journey-Fans ist das ein absolutes Muss. 2008 geben die AOR-Götter dann endlich ein Lebenszeichen in Form einer CD von sich – und zwar im US-amerikanischen „Walmart“. Nur dort wurde „Revelation“ zunächst in die Regale gestellt. Zum Glück kann man das Teil mittlerweile auch regulär in Deutschland beziehen.

„Revelation“ klingt – teilweise auch soundtechnisch – nach Journey in der „Escape“-Phase. Als seien rund 30 Jahre nicht vergangen, wird als Opener der Ohrwurm „Never Walk Away“ aufgefahren. Und irgendwie singt hier tatsächlich Steve Perry. „Like A Sunshower“ bewegt sich ruhiger auf dieser Zeitreise ins musikalische Glück. Dieser absolut typische Journey-Song knüpft ebenfalls an die frühen 1980er Jahre an. Unglaublich. Es folgt das rockige wie herrliche „Change For The Better“, ein Song, der sich an der Bandphase der späten 1970er Jahre orientiert. „Wildest Dream“ führt das rockig weiter. Der Song blendet sogar mit wildem Klavier- und Gitarrenspiel jazzartig aus. Dafür waren Journey schon immer gut. Mit „Faith In The Heartland“ folgt eine melodische Halbballade aus der Escape-Phase. Ich bin jetzt tatsächlich beeindruckt. „After All These Years“ ist dann endlich der überfällige Journey-Schmachtfetzen. Keine andere Band beherrscht das sonst. Nun muss wieder Tempo aufgenommen werden. Das besorgen Journey mit „Where Did I Lose Your Love“ und marschieren mit einem Hammer-Refrain in Richtung des „Frontiers“-Albums. Unfassbar, doch Journey halten diese verdammt hohe Qualität mit der wunderschönen und toll gesungenen Rock-Ballade „What I Needed“. Das rockige „What It Takes To Win“ klingt etwas moderner, fügt sich aber nahtlos ein, ohne die Größe der anderen Songs zu erreichen. Ebenso modern aber deutlich besser kommt die Herz-Schmerz-Ballade „Turn Down The World Tonight“ daher. Das Stück könnte auch von Meat Loaf sein. Schließlich und endlich folgt das instrumentale wie spacig daherkommende Finale „The Journey (Revelation)“.

Mit diesem Comeback im Jahre 2008 hatte kaum noch jemand gerechnet. Wer ein Herz für die alten Gassenhauer der Band hat, für den ist das Album Pflichtprogramm. Es ist die beste Journey-Veröffentlichung seit „Frontiers“. „Revelation“ ist in zwei Ausführungen erhältlich: Doppel-CD (mit Neueinspielungen alter Songs – die Originale sind trotzdem besser!) und als Doppel-CD samt DVD. Ansonsten sollte jeder aufgeschlossene Metal-Hörer dem gewaltig rockenden „Frontiers“ aus dem Jahr 1983 eine Chance geben.
 

(c)2010, Heiko