Metal-Alben überhaupt.
3. "Tracks From The Wilderness" (EP, 1992)
Kleiner Zwischenhappen für die begeisterte Fanschar, der schon
bald nach Release des zweiten Albums auf den Markt geworfen wurde. Eröffnet
wird das gute Stück von "Emerald", einem exzellenten
Thin Lizzy-Cover, und einem der ganz wenigen dieser
Art, die die Vorlage gar übertreffen können. Fritha Jenkins'
Violinenspiel ist hier der entscheidende Touch in einem schon im Original
sehr Folk-orientierten Song, wegen dem ich das Stück immer zuerst in
der Skyclad-Version im Gedächtnis behalten
werde. Nebenbei gab sich hier auch Lizzy-Gitarrist
Brian Robertson höchstselbst die Ehre.
Zwei neue Stücke aus eigener Feder gibt's auch wieder: "A Room
Next Door" und "When All Else Fails" sind keineswegs typischer B-Seiten-Stoff,
sondern können ebenso neben dem regulären Albummaterial bestehen
(in diesem Falle eher dem des ersten Albums). Drei klasse Livesongs vom
renommierten Dynamo-Festival beenden die EP, über die es sonst eigentlich
wenig zu sagen gibt; außer, daß sich hier erstmals Duncan Storr
für das Cover-Artwork verantwortlich zeichnete, der später zum
Skycladschen Hauszeichner werden sollte.
Ach ja: solltet Ihr die EP heute nicht mehr im Laden finden, das komplette
Teil ist auch auf der Japan-Version des "Jonah's Ark"-Albums zu finden.
4. "Jonah's Ark" (1993)
Ja, das "Jonah's Ark"-Album...was soll ich sagen, mein Favorit ist's
eben nicht gerade. Nicht, daß die Scheibe schlecht wäre (auf ein
wirklich übles Album wartet man auch 2001 noch vergeblich von Martin
& Co.), aber mit den beiden Maßstäbe setzenden Vorgängern
verglichen, konnte man 1993 eigentlich nicht anders, als ein wenig
enttäuscht zu sein.
Und dafür gab's einige Gründe. Vor allem aber ist die Produktion,
die auch diesmal selbstverfreilich in den ansonsten bewährten Händen
von Kevin Ridley (bei allen Skyclad-Alben beteiligt)
lag, kräftig mißlungen - man muß die heimische Anlage schon
bis zum Anschlag aufdrehen, um überhaupt ansatzweise sowas wie Power
abzukriegen. Schade, denn dies ruiniert einiges an musikalischen Experimenten,
die die damals niemals wirklich stillstehende Pagan Metal-Truppe
einzuführen versuchte. Denn dem Thrash, dem man noch auf der EP ausgiebig
gefrönt hatte, wurde hier im wesentlichen entsagt (dafür lehnten
sich Ramseys Riffs nunmehr des öfteren an die unlängst gecoverten
Thin Lizzy an); im Gegenzug stand die Violine von
Fritha im Vordergrund wie noch nie, durfte sich in einigen Songs gar als
melodieführendes Instrument behaupten. Leider fehlte es Songs wie "A
Near Life Experience" oder dem deutsch betitleten "Schadenfreude" doch noch
ziemlich deutlich an der Souveränität, mit der
Skyclad in den kommenden Jahren diesen Stil
perfektionieren sollten. Highlights bleiben deswegen eher die "traditionelleren"
Kracher wie der schnelle Opener "Thinking Allowed" oder der drumorientierte
Fiedel-Hopser "Earth Mother, The Sun And The Furious Host", die ich auch
heute noch zu den Skyclad-Klassikern schlechthin
zähle. Trotzdem wirkt diese Scheibe insgesamt etwas uneben - vielleicht
auch aufgrund der Tatsache, daß sich hier erstmals andere Bandmitglieder
außer Steve Ramsey (namentlich Dave Pugh und Basser "Bean" English)
am Songwriting beteiligten.
Was soll's, auch mit einer "nur" guten dritten Scheibe lassen
Skyclad noch große Teile des Metal-Fußvolkes
weit zurück; gerade auch dank Walkyiers gewohnt intelligenter Texte,
die sich größtenteils erneut der Erhaltung von Mutter Erde widmen
("Cry Of The Land", "A Near Life Experience", "The Ilk Of Human Blindness").
"Bewilderbeast" hingegen, dem Thema gemäß von spanischen Gitarren
unterstützt, wird in bezug auf das Thema Stierkampf mehr als deutlich
("If courage is the one thing your kind do not lack / then why don't you
hunt something that can fight you back / I see only cowardice ridden by guilt
/ And your hands won't wash clean of the blood they have spilt.") - frage
mich, wie die Band nach diesem Stück eigentlich in Spanien angesehen
war. Ein weiterer "Song für Greenpeace", "It Wasn't Meant To End This
Way", beschließt das Album auf akustische Weise und liefert auch den
Background für Martins bis dahin eindringlichste melodische
Vocal-Performance:
"When death is the helmsman
Who steers Jonah's Ark,
Tomorrow's an iceberg
That lurks in the dark,
The band plays our song....
It's the Funeral March."
Naja, ganz so schlimm war's zumindest für
Skyclad dann doch noch nicht - wesentlich
größere Taten sollten schließlich folgen! Für Fritha
Jenkins allerdings blieb "Jonah's Ark" der letzte Auftritt mit der Band -
sie klinkte sich wenig später schwangerschaftsbedingt aus...
5. "Prince Of The Poverty Line" (1994)
"Größere Taten" - besser kann man diesen Metal-Meilenstein
denn auch kaum beschreiben. "Prince Of The Poverty Line", das einzige
Skyclad-Album mit Interims-Geigerin/Keyboarderin
Cath Howell, stellte sämtliche Probleme des Vorgängers auf einen
Schlag ein und konnte auch songtechnisch noch um ein paar Klassen zulegen.
Vom ersten Ton des Hammer-Openers "Civil War Dance" fällt vor allem
der megafette Sound auf, der in Verbindung mit den Götterriffs von Meister
Ramsey (der hier wohl seine Meisterleistung ablegte) einen tonnenschweren
Groove erzeugte (man höre nur die Wahnsinnsnummern "A Bellyful Of Emptiness"
und "Land Of The Rising Slum"!) und Skyclad mehr
denn je in die Power Metal-Ecke schob.
Mit dem All-time-Klassiker "The One Piece Puzzle" gab es erstmals auch
eine zünftige, überragende Power-Ballade; während "Sins Of
Emission" und die mächtige Abschlußnummer "The Truth Famine" eher
typische, Folk-lastige Skyclad-Nummern darstellen.
Für die Fans der letzteren hatten Noise Records in der Erstauflage
zusätzlich noch ein nettes Gimmick in petto: Auf einer dem Album
beiliegenden CD-Single gab's nicht nur zwei weitere Live-Tracks vom Dynamo,
sondern auch den ansonsten unveröffentlichten Hit-Song "Brother Beneath
The Skin", der problemlos mit dem regulären Albumstoff mithalten
kann.
Textlich bewegte man sich etwas von der auf den ersten drei Alben
propagierten Umweltschützer-Schiene weg, stattdessen widmete sich Martin
verstärkt politisch-sozialen Themen vor allem mit Bezug auf sein Heimatland
England. "Cardboard City" und "A Dog In The Manger" beschäftigen sich
mit den Problemen unterhalb der Armutsgrenze, "The Truth Famine" mit den
leeren Versprechungen der Politiker zur Lösung ebendieser, "The Gammadion
Seed" hingegen warnt vor der neuen Welle des Rechtsradikalismus
("Gammadion"=griechisch für Hakenkreuz). Wenn man der Scheibe etwas
Zeit gibt, entpuppt sich wohl das engagierteste Werk aus der Feder der
Engländer - nur leider hatte sich zu diesem Zeitpunkt das Image als
"Robin Hood / Sherwood Forest - Band" schon in den Köpfen der Leute
festgesetzt, so daß sich viele schon gar nicht mehr die Mühe machten,
sich soweit mit der Aussage der Band zu beschäftigen. Inklusive ihrer
Plattenfirma, die "Prince..." seinerzeit als "heavy Fantasy-Fairytale" bewarb.
Halloooo? Jemand zuhause?
Nicht weiter half auch die Tatsache, daß damals die "Revolution
aus der Tüte"-Crossoverwelle im vollen Gange war und es schließlich
viel einfacher ist, sich rebellisch zu fühlen, wenn man hochpolitische
"Fuck You"-Revolutionsparolen mitbrüllt und sich dazu, in weiten Schlaghosen
vor der Alternativ-Bühne rumhüpfend, mächtig cool fühlt.
Aber ich schweife ab...
Drum kurz gesagt: wenn Ihr sie noch nicht haben solltet, KAUFT "Prince
Of The Poverty Line"! Es ist ein übersehener Meilenstein intelligenter,
kraftvoller Metal-Mucke, der in jeder anständigen Sammlung stehen sollte.
Basta, Halleluja und Amen!
6. "The Silent Whales Of Lunar Sea" (1995)
An ein solches Meisterstück anzuknüpfen ist natürlich
nicht leicht. Dennoch gelang es Skyclad mit "The
Silent Whales Of Lunar Sea" (nettes Wortspiel!) recht gut, auch wenn das
gigantische Niveau des Vorgängers natürlich verfehlt wurde. Neu
an Bord dabei erstmals George Biddle an Fiedel und Keys, trotz des Namens
ebenso eine Lady wie ihre Vorgängerinnen - ähnlich dem kleinen
Mädchen aus Enid Blyton's "Fünf Freunde"-Serie kann sie mit ihrem
vollen Namen Georgina nicht allzuviel anfangen. Ergo George...
Im ganzen gab sich "Silent Whales..." 'ne ganze Ecke melodischer als
der auf Power/Thrash-Rhythmen aufbauende Vorgänger - so langsam konnte
ich auch nachvollziehen, warum die Band ständig als die
Thin Lizzy der Neunziger bezeichnet wurden. "Art
Nazi" ist der offensichtlichste Hit dieser Bauart und macht textlich mehr
als deutlich, daß das anfangs so hochgepriesene Verhältnis zwischen
Band und Plattenfirma auch nicht mehr das ist, was es einmal war. Positiveres
gab's auch mal zu vermelden (in Martins zynischen, von englischem Humor
durchsetzten Lyrics ansonsten eine Seltenheit): das ruhige, genial
atmosphärische "A Stranger In The Garden" ist ein Tribut an Griechenland
("This is the old gods' country / You can bring me here to die").
Die griechischen Maniacs hatten die Band mittlerweile ganz besonders ins
Herz geschlossen und zu den ganz Großen der dortigen Szene gemacht...etwas,
wovon man auch nach fünf guten bis überragenden Alben im angeblichen
Metal-Mekka Deutschland noch immer nur träumen konnte. Von ihrer englischen,
trendverseuchten Heimat ganz zu schweigen...
Ansonsten herausragend: der eingängige, von bizarren Keyboards
untermalte Hammersong "Just What Nobody Wanted", der Martins eher pessimistische,
zynische Grundeinstellung auf den Punkt brachte ("If life is sweet, then
I'm diabetic / The future looks rosy - I just went colourblind"); der
in bester Tradition des Vorgängeralbums stehende Stampfer "Jeopardy",
der inhaltlich finstere Machenschaften der englischen Armee behandelte; sowie
mein persönlicher Favorit "Brimstone Ballet", in dem sich Martin getreu
dem Motto "Viel Feind', viel Ehr'" gleich noch mit der Kirche anlegte, die
seiner Meinung nach die Religion über die Jahrhunderte hinweg eher als
Mittel ansah, das gemeine Volk unter Kontrolle zu halten:
"History's wounds will not heal overnight
They pray for my soul as they set me alight
Remember the maxim "Arbeit macht frei"
Thought up by a Christian with God on his side...
It's a hell made by Christians with God on their side."
Bei soviel Klasse fällt es denn auch eher gering ins Gewicht, daß
sich im zweiten Teil der Scheibe mit dem kurzen "Turncoat Rebellion" sowie
dem eher durchschnittlichen "Halo Of Flies" zwei Songs befinden, die den
hohen Standard nicht wirklich halten können. Dies ändert aber nichts
an meinem Fazit: "The Silent Whales Of Lunar Sea" ist ein durch und durch
feines Scheibchen, das man als Skyclad-Fan unbedingt
sein eigen nennen muß. Wenn es auch das Pech hatte, zwischen zwei nahezu
perfekten Alben veröffentlicht zu werden und deswegen gerne übersehen
wird.
7. "Irrational Anthems" (1996)
Nach "A Burnt Offering..." und "Prince..." das dritte (und letzte) Album
der Briten, an dem ich wirklich NICHTS auszusetzen habe. Und nicht
nur ich - Skyclads sechstes Album fuhr in
sämtlichen Publikationen seinerzeit die Höchstnoten auf Abo ein
(selbst der zu dieser Zeit in der Regel tiefschlafende Metal Hammer fand
mal ein Korn); die Beliebtheit der Band war höher denn je; die
Leser-Hitliste des Rock Hard etwa führte die Scheibe monatelang
souverän an. Warum man nun nicht wenigstens auf kleinerer Ebene (wie
etwa Stratovarius) den endgültigen Durchbruch
schaffte, werde ich wohl nie verstehen.
Wie auch immer, "Irrational Anthems" zeigt die Band auf ein Quartett
geschrumpft - Baxter und Pugh hatten den Abgang gemacht und wurden in den
darauffolgenden Jahren nicht fest ersetzt. Die Drums und zweite Gitarre auf
Tour übernahmen fortan Gastmusiker; im Studio waren Walkyier, Ramsey,
English und Biddle das Maß aller Dinge. Und der Wegfall der zweiten
Gitarre macht sich auf "Irrational Anthems" deutlich bemerkbar. Anstatt diese
zu ersetzen, bewegte man stattdessen George's Fiedel deutlich in den Vordergrund
und ließ diese die Rolle der ausgefallenen Klampfe spielen. Perfektes
Beispiel: der hitverdächtiger denn je ausgefallene Opener "Inequality
Street", der nebenbei erstmals auch mit erstklassig gesungenen, mehrstimmigen
Chören aufwarten kann. Auch der der Klassik entlehnte "Säbeltanz"
erstrahlt hier in neuem Glanze und demonstriert eindringlich die neue Kooperation
von Gitarre und Fiedel.
Aber keine Angst, den richtig heftigen Metal hat man auch nicht vergessen.
"The Wrong Song", "I Dubious" oder vor allem der stampfende Thrasher "The
Sinful Ensemble", der gewohnt satirisch sämtliche Stammtischpolitiker
auf die Schippe nimmt, bedienen diese Klientel ausgezeichnet. Zudem gibt's
mit dem exotisch klingenden "Snake Charming" und dem hypnotisch groovenden
"My Mother In Darkness" auch noch zwei ungewöhnlichere Experimente;
und natürlich wäre kein "Irrational Anthems"-Review komplett, ohne
DEN Skyclad-Überhit schlechthin anzusprechen:
"Penny Dreadful", ein urtypischer Song, wie ihn nur
Skyclad schreiben konnten, ist noch heute der eine
Song, den ich den Leuten vorspiele, um ihnen 'ne grobe Vorstellung des Sounds
der Briten zu geben. "Penny Dreadful" ist ein Seitenhieb auf die trendgeile
englische Metal-Presse, aber auch wenn's hierzulande etwas besser aussieht,
so war dieser Song doch zumindest in den frühen Neunzigern von wahrlich
globaler Bedeutung. "If we played this riff more punk / Then maybe we'd
have had a million seller / But this piper's tune is not for sale / I'm glad
to say I'm not that kind of fella. ... Turn on, Tune up, Cash in, Sell
out." Was für ein geiler Text, könnte ich jetzt komplett zitieren,
habt Ihr aber alle sowieso in Euren Booklets, gelle? Nein? Dann aber flink
in den nächsten CD-Laden gehuscht...
8. "Oui Avant-Garde A Chance" (1996)
Das etwas andere Album. Angekündigt zunächst als experimentelle
EP, ist dank zweier Cover und zwei Neubearbeitungen von "Irrational
Anthems"-Evergreens schließlich doch noch ein komplettes
Full-length-Scheibchen aus "Oui Avant-Garde A Chance" (laut aussprechen,
hat nichts mit Französisch zu tun!) geworden. Gut so, denn hier ist
genug hochklassiges Material enthalten, um das es einfach zu schade wäre,
wenn es zur obskuren Randnotiz in der
Skyclad-History degradiert werden würde.
Folk pur war diesmal angekündigt - den Metal-Anteil auf dieser
CD muß man trotz des urtypischen Openers "If I Die Laughing, It'll
Be An Act Of God" mit der Lupe suchen. Dennoch sind erstaunlicherweise auch
Songs wie der akustische Pub-Fiedelhit "Great Blow For A Day Job" zu jeder
Zeit sofort als Skyclad-Songs erkennbar...nur ein
Beweis dafür, wie erfolgreich Martin & Co. in den letzten Jahren
den Folk/Metal-Crossover vorangetrieben hatten. Unterstützt wurde man
hier übrigens von einigen Mitgliedern ihrer (wesentlich erfolgreicheren)
deutschen Brüder und Schwestern im Geiste, Subway
To Sally.
"Constance Eternal" wiederum, ein Tribut an Martins unlängst
verstorbene Großmutter (eine seiner größten Fans und
Supporter!), deutet ebenso wie "Jumping My Shadow" an, daß sich Martins
Texte mehr und mehr persönlichen Themen widmeten. Letzterer Song, von
Mr. Walkyier traurig-gefühlvoll gesungen, beschäftigt sich eindringlich
mit dem Trennungsschmerz am Ende einer gescheiterten Beziehung und ist so
weit entfernt von seinem üblichen Zynismus, wie es nur möglich
ist. Selbigen gibt's dafür wieder im Überfluß in "Bombjour!",
in dem passend zum Titel Atom-Napoleon Chirac sein Fett wegbekommt.
Ach ja, die Coverversionen..."Master Race" stammt von Martins Lieblingsband
New Model Army und ist wie für
Skyclad geschaffen; "Come On Eileen" von den
Dexy's Midnight Runners hingegen ist Folkrock at
its flachest, die Sorte von Tralala-Gefiedel, über der die Engländer
immer meilenweit standen.
9. "The Answer Machine?" (1997)
Und noch'n Folk-Album. Und meiner Ansicht nach das erste
Skyclad-Album, bei dem sich die rasend schnelle
Produktionsweise (ein Scheibchen pro Jahr war bis jetzt Minimum!) wirklich
negativ bemerkbar machte. Den ansatzweise metallastigen Songs wie dem Opener
"Building A Ruin" oder "Worn Out Sole To Heel" (wenigsten wortspieltechnisch
war Martin voll auf der Höhe!) fehlten sowohl die Kompromißlosigkeit
der frühen Jahre als auch das überragende Hitpotential des "Irrational
Anthems"-Materials. Lediglich das schnelle "Eirenarch" kann mich
einigermaßen begeistern.
Bei den puren Folkrock-Songs wie "Single Phial", "Helium" oder dem
überragenden, ruhigen "Thread Of Evermore", bei dem übrigens
Atrocity-Gastsängerin Yasmin Krull Martin
vokaltechnisch unterstützen durfte, hatten die Briten ein
glücklicheres Händchen, lehnten sich auch recht deutlich an Martins
Idole New Model Army an. Da sämtliche Songs
nach Track 7 auf dieser CD aber bestenfalls Durchschnitts-Füllerware
sind, halfen diese wenigen lichten Momente zumindest für meinen
Begriff aber auch nicht mehr viel. Skyclad brauchten
einfach mal 'ne Pause.
Fazit: nur für beinharte Fans, die werden aber immerhin vier
Klassesongs finden.
9a. "Outrageous Fourtunes" (EP, 1997)
Diese EP sei hier nur der Vollständigkeit halber genannt, denn
regulär ist der wie immer höchst clever betitelte Vier-Tracker
niemals im Laden gestanden. Zum Release des "The Answer Machine?"-Albums
begaben sich Skyclad auf Promotour durch die
Plattenläden der Republik, wo man dann Akustik-Gigs spielte und
fleißig Alben signierte. Bei Kauf des Albums gab's dann auch diese
EP für lau, auf der man neu eingespielte Akustik-Versionen der Klassiker
"Land Of The Rising Slum", "Sins Of Emission", "Alone In Death's Shadow"
sowie "Spinning Jenny" (Violine only!) findet. Ein nettes Bonbon für
Sammler, das in Griechenland wohl auch mal mit richtigem Cover erschienen
ist (hier gab's nur 'ne weiße Papphülle) - trotzdem bin ich auch
hiervon nicht sonderlich begeistert. Bei Skyclad
war eben ein wenig die Luft raus, der alte Biß im Laufe der Zeit
verschwunden.
Das zugehörige Konzert in der Bonner Fußgängerzone war
allerdings höchst denkwürdig: einerseits, da man erstmals Produzent
Kevin Ridley als Gitarrist mit on the road geschleppt hatte (er sollte zum
nächsten Album fest einsteigen); und anderseits, da die Herren "Folk-Rocker"
auf Zuruf einer älteren Lady nicht mal den Standard "Whiskey In The
Jar" zum Besten geben konnten. Schämt Euch...;-)
10. "Vintage Whine" (1999)
Skyclad auf dem Weg der Besserung.
Für "Vintage Whine" ließ man sich rekordverdächtige zwei
Jahre Zeit (OK, Def Leppard lachen darüber,
aber für Skyclad ist das 'ne halbe Ewigkeit!),
und das hat sich gelohnt. Mit den beiden Neu-Mitgliedern Steve Ramsey (g.)
und Jay Graham (dr., Trompete (!)) ist die Besetzung erstmals seit "Silent
Whales..." wieder komplett; und auch der Sound
geht glücklicherweise wieder in die heftigere Ecke.
Dennoch bin ich von "Vintage Whine" nicht hundertprozentig überzeugt.
Die Scheibe beginnt nach Jays Tröten-Intro zwar mit einem nahezu
unschlagbaren Dreier, bestehend aus dem hitverdächtigen Titelsong, dem
schnellen "On With Their Heads!" (wohl der härteste
Skyclad-Song seit "Silent Whales"-Zeiten), sowie
dem eingängigen "The Silver Cloud's Dark Lining" - danach jedoch
beschränkt man sich darauf, (zumeist erfolglos) zu versuchen, die Magie
des "Irrational Anthems"-Werkes zu kopieren. "Bury Me", "Little Miss Take",
"Something To Cling To"...alles zwar gute Songs, aber eben alles schon mal
dagewesen, und das wesentlich stärker. Steve Ramseys Gitarrenriffs,
die sonst auch den mittelmäßigsten Song herausreißen
können, schlagen zwar wieder 'ne gute Ecke härter ins Mett, erreichen
aber außerhalb der erwähnten ersten drei Songs zu keinem Zeitpunkt
die Ausnahmeklasse der frühen Alben. Alles in allem riecht "Vintage
Whine" verdammt nach Kompromißalbum für die Metalheads, die die
folkigere Ausrichtung der letzten zwei Scheiben nicht akzeptieren konnten
(wovon auch ich mich nicht ganz freisprechen kann).
Dementsprechend ist "Vintage Whine", das von zwei eher sperrigen Songs
("A Well Beside The River" und "Cancer Of The Heart") und einer erschreckend
schwachen Ballade ("No Strings Attached") komplettiert wird, zwar eine definitive
Steigerung zum schwachen Vorgänger, aber die erhoffte Erlösung
in keinem Falle. Auch wenn Martin eine Extraportion Zynismus ausgepackt hatte
- man nehme nur den Albumtitel, und wennn man Texte wie "Little Miss Take"
oder "Bury Me" durchliest, kann man wohl davon ausgehen, daß er in
jüngster Zeit nicht allzuviel Glück mit dem anderen Geschlecht
hatte. Wie auch immer - "Vintage Whine" ist gut, aber nicht herausragend.
Und "weder Fisch noch Fleisch" ist mir für eine Band von dieser Klasse
einfach zuwenig.
11. "Folkémon" (2000)...und die
Zukunft?
Die endgültige Rückkehr zu alter Größe.
"Folkémon" ist das stärkste
Skyclad-Album seit "Irrational Anthems" und kehrt
nach längerer Durststrecke endlich zu den frühen Glanztaten der
Band zurück. Ein längeres Review des Albums gibt's
hier
zu lesen - da ich noch 100%ig hinter dem damals Gesagten stehe, spare
ich mir hier weitere Worte...
Und die Zukunft? "The future looks rosy - I just went colourblind"
- wie wahr? Kaum bringen die englisschen Folk-Metaller das stärkste
Album seit Urzeiten heraus, schon wird man erneut geschockt. Diesmal mit
der Ankündigung, daß Sänger Martin Walkyier nach zehn Jahren
die Band verläßt...finanzielle Probleme hindern den Guten wohl
daran, mit seiner Truppe weiterzumachen. Ein schwererer Schlag konnte die
Briten wohl nicht treffen - Martins unverwechselbarer Gesangsstil und seine
herausragenden Lyrics waren das Herz und die Seele der Band, die sie für
mich meilenweit über sämtliche anderen Truppen ihres Genres (von
denen manche Nachahmer mittlerweile zehnmal erfolgreicher sind) katapultiert
hat - direkt an die Spitze des originellen, intelligenten Metals.
Ich will hier Skyclad nicht totschreiben. Der
Rest der Band wird ohne Martin weitermachen; Kevin Ridley soll seine Rolle
als Sänger und Texter übernehmen. Fest steht nur eins: er wird
es nicht leicht haben, das Erbe des Martin Walkyier anzutreten. Eine Chance
werde ich ihm, wie auch Martins neuem
Projekt Return To The Sabbat, sicher
geben...alles darüber hinaus läuft unter dem Motto "abwarten und
Tee trinken". Schaun 'mer mal.
(c)2001, Ernst Zeisberger. Alle Zitate (in kursiv): (c)1991-2000,
Martin Walkyier.