Die wahrscheinlich beste Heavy Metal-VÖ, die Deutschland im neuen
Jahrtausend hervor gebracht hat, gibt es nun auch in angemessener
Verpackung: sprich, auf zwei je nach Version auch farbigen und mit
bizarren Gimmicks, wie es das Yps früher nicht schöner hätte machen
können, ausgestatteten 10"-Vinylscheiben, die zudem mit zwei neuen
Stücken auch dem Besitzer der CD noch was Neues zu bieten haben.
Müssen wir noch ausgiebig auf den Inhalt eingehen oder hat es sich
mittlerweile bis in den letzten Winkel dieser Erde herumgesprochen,
dass die nach der Hinzunahme von Gitarrist Michael Koch mittlerweile
zum Quintett angewachsenen Bayern unglaublichen, epischen Heavy Metal
mit gelegentlichem Hang zum Doom zelebrieren und so das Werk
weiterführen, das Bands wie Manowar zu ihrer "Into Glory Ride"-Phase oder Solstice
auf "New Dark Age" begonnen haben? Na gut, machen wir das, aber
betrachten wir da mal vor allem Seite 4, wo uns dann nämlich mit "A
Prophet In The Forest" ein neues, zwölfminütiges Epos (plus das
stimmungsvolle Outro "Mysteries Of The Boar Cult") erwartet, das sich
qualitativ nahtlos neben das bisher bekannte Wahnsinnsfutter einreiht,
dabei aber noch auch zeigt, wie sehr sich da schon der ganz eigene Stil
der Band manifestiert hat.
Denn dachte man weiland als unbedachter Ersthörer etwa über das
eröffnende "From Shores Forsaken" (wohl ebenso wie Gastgitarrist Ross
The Boss, der hier in zehn Minuten mehr markante Leadarbeit einbrachte
als auf dem kompletten letzten Manowar-Album
vorhanden ist!) noch unwillkürlich "klar, diese Jungs haben ihr "Into
Glory Ride" gehört!", und wies die Gänsehautstimmung ohne Ende
erzeugende A-capella-Leistung von Sänger Markus Becker den Eingeweihten
noch ohne den Hauch eines Zweifels auf die Seelenverwandtschaft mit Solstices "The Keep" hin - so schreit "A Prophet..." nur noch einen Namen, denn dafür aber lauter denn je: Atlantean Kodex.
Dazu passt auch, dass es sich bei dem Song textlich um eine
mythologisch-romantische Würdigung der Oberpfälzer Heimat der Band
handelt; eine Idee, die ebenso aus der Masse von Wikingern und ihren
Epigonen herausragt wie die Tatsache, dass ihnen zum Thema Lovecraft
eben NICHT die sechshundertsechsundsechzigste Abhandlung über
mörderische Tiefsee-Calamari eingefallen ist, sondern...aber das
solltet Ihr besser in den informativen Liner-Notes von Gitarrist Manuel
Trummer nachlesen (das Iron Kodex-übliche Deluxe-Booklet ist
Ehrensache!).
To sum it up: Wenn Ihr das verpasst, verpasst Ihr den Metal. Ich jedenfalls kann das erste vollständige Album von Atlantean Kodex kaum noch abwarten.
(c)2009, Ernst Zeisberger