birdrich hat geschrieben:Aus Sicht des labels/promoters nachvollziehbar, wer die entsprechenden bands verreisst, den würde ich auch nicht unbedingt auf die Gästeliste setzen, e sei denn, ich bin masochistisch veranlagt.
Das erste Kriterium für die Vergabe der Akkreditierungen dürfte bei den meisten Promotern die Auflagenstärke bzw. die Reichweite des Magazins sein und noch nicht einmal, ob das zu erwartende Review positiv oder negativ sein wird. Denn es gilt immer noch "bad press is better than no press", auch wenn das nicht jeder Promoter zugeben wird. Mit einem Verriss in einem großen Magazin kommt man wenigstens ins Gespräch.
Schlimmer sind die Schreiberlinge, die in der Hoffnung, auf die geile vip Liste zu kommen, mal eben Ihre Seele verkaufen.
Klar. Das ist daneben. Aber diese Art der Anbiederung gibt es ja nicht nur auf Schreiberseite, sondern die gibt es überall. Manuel hat die Bands erwähnt, die alle Gagenforderungen unterbieten und sich dadurch bei den Veranstaltern anbiedern. So gibt es natürlich auch die Schreiber, die sich mit käuflichen Rezis anbiedern und die Promoter die sich bei der Presse mit besonderen "Vergünstigungen" anbiedern. Das ist ein Kreislauf, der sich im Prinzip nur auf eine Weise durchbrechen lässt, auch wenn das letztlich mehr Arbeit und Zeitaufwand fordert, als die meisten Szenegänger aufbringen können: Schau dir an, mit wem du es zu tun hast, und denke gut darüber nach, ob du ihn für integer genug hältst, mit ihm eine Zusammenarbeit zu wagen. Wenn nicht, dann lass es lieber bleiben. Das würde über kurz oder lang bestimmt einen Gesundschrumpfungsprozess einleiten, der es für diejenigen, denen es wirklich ernst mit ihrer Sache ist, wieder einfacher machen würde, ihr Ding durchzuziehen.
Das Hauptproblem der Szene ist doch derzeit, dass zum einen jeder "irgendwas" machen muss, ob er es kann oder nicht, dass sich dadurch keiner mehr auf das konzentrieren kann, was für ihn wesentlich sein sollte, und dass der Schwarze Peter grundsätzlich "den anderen" zugeschoben wird. Immer schön reihum.
Damit soll gar nicht die Aussage verbunden sein, dass diese Band, jenes Mag, dieses Festival oder jenes Label überflüssig sei und "weggeschrumpft" werden soll. Jeder der sich irgendwie engagieren will, der soll das gerne tun, denn davon lebt die Musik. Nur sollte sich jeder einzelne bewusster werden, wen oder was er in seiner Metalwelt braucht, und wen oder was er nicht braucht, und dann eben konsequent sein. Nicht missionarisch, sondern nur für sich selbst konsequent.
Wenn es einer Band oder einem Veranstalter scheißegal ist, was POWERMETAL.de darüber schreibt, dann sollen sie uns nicht akkreditieren oder bemustern. Wenn es mir als Schreiber scheißegal ist, was Band xy verzapft, dann sollte ich sie nicht reviewen etc..., wenn ich Wacken fürn Bobbes finde, dann soll ich als Band nicht dort auftreten und als Fan nicht hingehen. Wenn diese Mentalität sich ausbreitet und nicht mehr jeder bei allem dabei gewesen sein und mitgemacht haben muss, dann wird sich auch bald zeigen, welche Bands, Mags, Labels, Veranstalter und Fans aus Überzeugung auch bei der Stange bleiben, wenn ein Teil der aufgebauschten, hyperaktiven Omnipräsenz des geheuchelten Interesses sich in Luft auflöst und welche von ihnen verschwinden, weil ihnen die Aufmerksamkeit versagt bleibt, die sie sich erhofft hatten.
Das ist ein weiter Weg, und als "Quasi-Allesgutfinder" nehme ich mich von der ganzen Misere und dem daraus resultierenden Appell ganz sicher nicht aus. Ich beschäftige mich auch mit viel zu vielen Bands, Alben usw..., so dass ich mir selber auch oft den Blick aufs Wesentliche verstelle.
Fakt ist aber so oder so: Es gibt von
allem viel zu viel in der Metalszene, und darunter leiden letztlich auf lange Sicht alle. Ob und wie wir aus dem Teufelskreis heraus kommen ist aber sehr fraglich. Ob obiger Ansatz was taugt, das weiß ich auch nicht.
