von Raf Blutaxt » 1. Juli 2012, 20:22
Nachdem ich zunĂ€chst, um nicht zu sehr im Fahrwasser von Goatstorms exzellentem Review zu segeln, ein Gedicht ĂŒber The Lord Of Steel schreiben wollte, habe ich dann doch beschlossen, meine letzte Tinte fĂŒr den Nahostkonflikt oder die Eurokrise aufzusparen und mich an einem prosaischen Prosatext zu versuchen.
Die neue Manowar gefÀllt mir nicht, womit ich wohl nicht alleine bin. Ich will nun aber versuchen, zu analysieren und zu erklÀren, woran das liegt. Ich habe mir die MP3's ein paar mal angehört, nachdem ich gestern auch noch die CD bekam und einen ersten Test auf der endlich wieder aufgebauten Anlage vornehmen konnte, machte sich die leise Hoffnung, der Klang könnte dort etwas besser sein, ebenfalls von dannen.
Nun also zunĂ€chst die Musik, dann die Reflektion und schlieĂlich die unangebrachten Randbemerkungen, die ich mir nicht verkneifen kann:
1. Das Album fĂ€ngt mit dem Titelsong an, der direkt aufhorchen lĂ€sst. Der Sound ist deutlich reduziert, eine Gitarre fĂ€ngt mit einem flotten Riff ann und die erwarteten Keyboards bleiben aus. Leider kommt dann ein Bass dazu, der völlig lĂ€cherlich klingt. Eigentlich klingt der Bass auf diesem Album so, als hĂ€tte jemand sĂ€mtliche Höhen aus dem Sound herausgenommen, die tiefsten Frequenzen bis zum Anschlag aufgedreht und dann eine weitere Spur hinzugefĂŒgt, auf der er die Bassmelodien mit einem Kamm und Butterbrotpapier nachspielt. WĂ€hrend ich also noch ĂŒber diesen Klang lache, habe ich das völlig austauschbare Riff auch schon vergessen und merke gar nicht, dass auch eine Gesangslinie hinzugekommen ist, da diese ebenfalls sehr unscheinbar geraten ist. Besonders schlimm wird der Song, wenn das Solo einsetzt, da es hier nur die seltsam drucklosen Drums und den bereits belachten Bass als Begleitung gibt. Eine ordentliche Rhythmusgitarre hĂ€tte hier vielleicht etwas Abhilfe geleistet, so fĂ€llt das einfallslose und ohne den Hauch von MelodiegefĂŒhl dahingedudelte Solo leider auf, ohne vom Bass abzulenken. Es klingt leider seltsam unausgearbeitet, so als hĂ€tte man schnell einen Platzhalter fĂŒr ein spĂ€teres Solo hingerotzt und dann vergessen, das eigentliche Solo einzuspielen.
Weiter geht es dann mit "Manowarriors", einem ganz netten SelbstbeweihrÀucherungsliedchen, das etwas lustlos klingende Gangshouts im Refrain zu bieten hat. Der Text ist wieder mal eher simpel gehalten, bei solchen Liedern hat das ja aber eine lange Tradition. Im Sound von Bass und Schlagzeug hat sich leider nichts geÀndert, lediglich die Gesangslinie ist etwas besser.
Als nĂ€chstes bekommt man "Born In A Grave" vorgesetzt, das mit einem ziemlich furchtbaren Riff anfĂ€ngt. Es mag ja toll sein, dass es dieses mal mehr Riffs auf der Platte gibt, wenn die aber so klingen wie das hier, möchte ich meinen Wagnerkitsch zurĂŒck. Immerhin ist der Refrain dieses Mal wirklich nett geraten, wenn auch nicht weltbewegend.
Gerade habe ich mir noch den Plastikwagner zurĂŒckgewĂŒnscht, da bekomme ich ihn schon, wenn auch ohne Plastik, also wohl eher den Blechwagner. "Righteous Glory" fĂ€llt aus dem bisher gehörten aus mehreren GrĂŒnden heraus: Erstens ist der Bass dieses Mal nicht so ĂŒbel verzerrt, zweitens singt Eric Adams hier wesentlich klarer und höher, der WalkĂŒrentext und das Songwriting, das an Gods Of War und Thunder In The Sky erinnert, legt die Vermutung nahe, dass es sich hier um ein Ăberbleibsel der einen oder anderen Session handeln könnte. Auch wenn der Song nicht ĂŒberragend ist, tut es doch gut, Eric in seiner alten, majestĂ€tischen Form zu hören. Leider wird einem dabei aber noch schmerzhafter vor Augen und Ohren gefĂŒhrt, wie gravierend der Absturz bei der Gesangsleistung auf dem restlichen Album ist.
Der leichte Hoffnungsschimmer wird durch "Touch The Sky" noch etwas verstÀrkt. Es handelt sich um einen simplen Rocker, der gute Laune verbreitet und bis auf die bereits mehrfach beklagten Probleme im Sound eigentlich ganz gut ist, wobei der Bass in der Strophe alleine ran darf, was ihn noch schlimmer als sonst macht. Der Refrain erinnert mich von der Melodie her aber fatal an "My Youngest Son" von Slimes Viva La Muerte.
Tja und jetzt hĂ€mmert mir ein stoisches Schlagzeug ein groĂes Fragezeichen auf die Stirn. "Black List" fĂ€ngt schleppend an und hat auch ein erstes, dĂŒsteres Riff zu bieten. Dann passiert aber irgendwie nichts mehr. Der Text und die Art und Weise seines Vortrages bringen leider auch kein Licht ins Dunkel. Joey ist sauer, dass niemand mit ihm spielen will und behauptet trotzig, dass ihn das nicht stört. Und um das allen klar zu machen, formuliert er eine Reihe von HalbsĂ€tzen, die sich nicht reimen und lĂ€sst seinen guten Kumpel Eric diese uninspiriert ins Mikro blöken? Aber wenn doch niemand mit ihm spielen will, ist Eric dann noch sein guter Kumpel? Solche Fragen werden von den sieben Minuten Ratlosigkeit leider nicht beantwortet.
"Expendable" ist dann genau das, verzichtbar. Stakkato und Gebelle, dazu ein martialischer Text, oder eine Skizze eines martialischen Textes, der vielleicht Bezug auf den Stallone-Film nehmen soll.
Glocken, "ohohoh" vom Band, "El Gringo" ruft direkt Erinnerungen an "Louder Than Hell" MittelgroĂtaten hervor, bleibt aber leider ein blasser Schatten eben dieser nicht so richtig tollen Songs. Nett sind lediglich die "Uh!" und "Ah!" Chöre, die etwas an Western-Soundtracks der Morricone-Schule erinnern.
"Annihilation" setzt im internen Wettbewerb der unzusammenhĂ€ngendsten Manowar-Texte nochmals neue Standards und bietet ansonsten ein simples Nicht-Riff, das hinter dem ĂŒbersteuerten Bass beinahe untergeht und auch dadurch, dass es abwechselnd auf der linken und rechten Spur gespielt wird, nicht an Spannung gewinnt. Der Refrain ist ein weiteres Mal unauffĂ€llig bis langweilig und wir nĂ€hern uns endlich dem Ende.
"Hail, Kill And Die" ist dann langsam, stampft und die Drumswerden mit einem netten Effekt unterlegt, der wohl zusammen mit dem langsamen Tempo den Eindruck einer marschierenden Armee beschwören soll. Dazu gibt's dann auch wieder die Keyboard Chöre und einen Text, der aus Lied- und Albumtiteln besteht, also nochmal SelbstbeweihrÀucherung am Ende.
2. Das gröĂte Problem der Scheibe lĂ€sst sich meines Erachtens an einer Zeile aus "Manowarriors" erlĂ€utern: Dort heiĂt es "More than just a band" und das beschreibt den Ausnahmestatus, den Manowar immer fĂŒr sich reklamiert haben sehr gut. Auf die eine oder andere Weise ist es der Band auch immer gelungen, diesen Status zu rechtfertigen. Dinge, die keiner anderen Band verziehen worden wĂ€ren, waren fĂŒr Manowar schon immer Teil des Images und Gebarens. Man hat der Band viel durchgehen lassen, eben weil es Manowar waren und auch nach langer Zeit immer noch eine tolle Gesangsleistung von Eric drin war. Es gab immer noch einen Moment, bei dem man sich an alte GroĂtaten erinnert fĂŒhlte, einen Song oder etwas anderes, was so keine andere Band bot. Und dieses besondere ist weg. Alles, was man auf The Lord Of Steel zu hören bekommt, ist austauschbar und lĂ€sst sich so auf den durchschnittlichen Scheiben zahlreicher durchschnittlicher Bands hören. Kein Riff, keine Gesangslinie, die dieses einzigartige GefĂŒhl beschwören kann. Stattdessen schlechter Sound, durchwachsenes StĂŒckwerk bei den Songs und Texte, die wirklich jeglicher Beschreibung spotten. Das alles wĂ€re schon Grund genug, die Platte zu verreiĂen, ihr eine Note zwischen 4 und 6 Punkten in der beliebten 10 Punkte Skala zu geben und es dabei bewenden zu lassen, aber die EnttĂ€uschung, dass eine Band, die immer auf ihre eigene Weise larger than life war plötzlich uninspiriert und schwach auf eine völlig gewöhnliche Weise erscheint, ist wohl das schlimmste an diesem Album. Manowar klingen alt und mĂŒde auf eine beĂ€ngstigende Weise.
3. Völlig aus dem Zusammenhang gerissen, stelle ich ĂŒbrigens fest, dass im Vergleich zum britischen Metal Hammer selbst das Rock Hard wie der GralshĂŒter des True Underground wirkt.
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Raf Blutaxt am 1. Juli 2012, 21:00, insgesamt 1-mal geÀndert.
The people united can never be ignited.