von Oliver/Keep-It-True » 16. Juli 2008, 17:18
Wolfram Küpers Fazit (Rock Hard):
Soweit zu den Auftritten, nun noch einige Bemerkungen zur Organisation des Festivals, zum Fernbleiben der britischen Urgesteine Def Leppard und Whitesnake und zur Selbstbeweihräucherung als "Das beste Festival der Welt". Sorry, aber hier gilt es Anspruch und Wirklichkeit gegenüber zu stellen und tacheles zu reden!
Die Kommunikation rund um das Fernbleiben der beiden Bands ist eine absolute Frechheit und an Unprofessionalität nicht zu überbieten. Nach dem Doro-Auftritt verkündet ein vollkommen überforderter Moderator (s. o.) ohne jegliche Begründung, dass Whitesnake und Def Leppard am Samstag nicht antreten werden. Dazu gibt es den Hinweis, dass Zuschauer, denen diese Info nicht passt, ihre Eintrittskarte bis 20 Uhr gegen 15 (!) Euro umtauschen können, dann aber das Festival zu verlassen haben und den heutigen Manowar-Auftritt nicht mitbekommen werden. Später ergreift - während des ersten Manowar-Auftrittes - Joey DeMaio das Wort, aber anstatt sich für das Fernbleiben der beiden Bands zu entschuldigen oder dieses zu begründen, werden deren Fans auf das Übelste beschimpft. "Rhetorisch geschickt" macht er seinen Fans klar, dass Whitesnake hier auch nichts zu suchen hätten und sie niemand vermissen würde. Schon auf der Pressekonferenz am Nachmittag werden berechtigte kritische Fragen und Fragen zur Begründung des Fernbleibens ins Lächerliche gezogen. Besonders makaber aber sind die Kommunikation und die zeitliche Vermittlung der Absagen. Bereits am Donnerstag vor 22 Uhr gibt es nämlich auf der Homepage von "metal.de" die erste Meldung, dass die Briten laut ihrer Booking-Agentur Wizard Promotion am Samstag aufgrund vertraglicher Gründe (was immer das heißen mag) fehlen würden. Auf der Festivalhomepage hüllt man sich indes weiterhin in Schweigen und verschiebt die Verkündigung der Hiobsbotschaft weit in den nächsten Tag.
Zur Klarstellung: Manowar sind Gastgeber des Festivals. Gäste, und das sind Whitesnake und Def Leppard sowie ihre Fans und ihr zahlendes Publikum, hat man anders zu behandeln. Mutmaßlich gibt es massive finanzielle (vertragliche) Probleme, die Bands konnten nicht bezahlt werden, weshalb sie bereits am Mittwoch ihren Rückzug angekündigt hatten (angeblich waren sie schon auf dem Gelände gewesen). Wenn es Verträge gibt, ist es ein Unding, über die Bands und Fans herzuziehen, die im Vorfeld des Festivals eine wichtige Rolle gespielt haben und wegen derer viele erst nach Bad Arolsen gekommen sind. Immerhin werden die beiden Mega-Acts im Vorfeld zur Promotion des Festivals genutzt und sind auf den Tourpostern groß gedruckt. Nicht zuletzt, weil der Verkauf schlecht läuft, gibt es kurzfristig doch Tageskarten, weil auf man die Zugkraft von Whitesnake und Def Leppard nach dem schwachen Vorverkauf setzt.
Dass letztlich angeblich nur 30 Personen ihre Tickets zurückgeben, verwundert auch nicht, denn die Umtauschaktion ist erniedrigend organisiert und der Höhepunkt der Abzocke. Offensichtlich geht es dem Veranstalter letztlich lediglich darum, Geld zu sparen und zu retten, was zu retten ist. Sicherlich wäre es kurzfristig möglich gewesen, halbwegs akzeptable Ersatzbands zu beschaffen (Sabaton boten sich beispielsweise zu sensationellen Bedingungen sofort an). Als einzige Ersatzband werden dann die vollkommen deplazierten Krypteria präsentiert. Mehr nicht!
Darüber hinaus sollte man sich generell die Frage stellen, ob ein solch wirres Billing die richtige Idee ist. Von all den angetretenen größeren Bands passen eigentlich nur Jack Starr, Stormwarrior (mit Abstrichen) und Majesty zum Headliner. Alle anderen Bands gehen stilistisch in eine vollkommen andere Richtung. Warum hat man nicht ein Billing auf die Reihe bekommen, das dem Spirit der ersten Manowar-Alben gerecht wird? Bands wie Doomsword, Manilla Road oder Ross The Boss hätten hier eigentlich stehen müssen und nicht zahlreiche zweit- und drittklassige Acts, die hier kaum jemanden wirklich interessieren und das Festival nur unnötig aufblähen.
Besonders stößt die unprofessionelle Aktualisierung durch Aushänge und vor allem auf der Festivalhomepage auf. Während des gesamten Festivals gibt es außer der kurzen und verspäteten Mitteilung der Whitesnake-Absage keine weiteren relevanten Aktualisierungen. Mit der Folge, dass niemand weiß, dass Benedictum eine halbe Stunde früher auf die Bühne müssen, dass Brazen Abbot am Samstag und nicht am Freitag spielen werden und dass Death Angel nachts um 2.30 Uhr (!) in der Halle einen Auftritt haben. Wozu gibt es eigentlich das "schnelle" Medium Internet, wenn man es nicht nutzen kann oder will (hmm, vielleicht weil's im Zelt kein DSL gibt? -Red.).
Weitere organisatorische Mängel sind die fehlende Beleuchtung zu den Tagesparkplätzen, das Müllchaos (Einwegbecher statt Becherpfand), das schwache Catering (wenig Auswahl, lahmarschiges Personal, rasch ausverkaufte Produkte, halbe Portionen) und die schlechte Beschilderung rund um Bad Arolsen. Dazu ein völlig unprofessioneller Moderator auf der Bühne und ständiges Chaos rund um die Runningorder und die Bühnenzeiten. Zu loben dagegen die freundliche und immer hilfsbereite Security sowie das kostenlose Campen und Parken.
Zuletzt noch ein paar Worte zu Herrn DeMaio: Irgendwie hat bisher niemand den Mut oder die Idee gehabt, Herrn DeMaio mal gehörig den Kopf zu waschen. Seine Arroganz, seine Respektlosigkeit, seine Selbstgefälligkeit, sein Gelaber um seine Fannähe sind zum Kotzen. Als er seine Hasstirade gegenüber Whitesnake loslässt, macht er klar, dass er (!) 20.000 Liter Freibier springen lässt und eine CD kostenlos verteilt, was irgendwie als Ausgleich für deren Absprung zu verstehen sein soll. Da scheint er vergessen zu haben, dass diese Versprechen schon von Anfang an im Raum standen. Manowar sind scheinbar heute eher Firma (Magic Circle) als Band und haben völlig den Bezug zur Realität und zur Basis verloren. Vielleicht sollte der Bassist im Jahrespoll 2007 des präsentierenden Magazins und Hauspostille der Band nachschlagen, da werden Manowar in folgenden Kategorien gelistet: "Absteiger des Jahres" (Platz 1), "Miesester Rocker" (Platz 3: Joey DiMaio), "Schlechtestes Konzert" (Platz 2), "Idiot des Jahres" (Platz 3: Joey DiMaio). Das sollte zu denken geben!
Wenn man ein Festival nicht finanzieren kann (es kamen wesentlich weniger als die erwarteten 18-20.000 Zuschauer), dann sollte man die Schuld nicht bei anderen suchen und ehrlicher kommunizieren. Tipps, wie man ein geiles Festival organisieren kann, hätte man auf dem Gelände bekommen können, denn die Macher vom Keep It True waren vor Ort. Wer nächstes Jahr wieder kommen sollte, hat eine minimale Frustrationstoleranz oder war die Tage so voll, dass er nicht registrierte, was hier abging. Ich kenne jedenfalls niemanden, der von der Organisation und Kommunikation NICHT maßlos enttäuscht war!
Nach dem Festival habe ich eigentlich nur einen besonderen Wunsch, nämlich dass sich Götz (wo war der eigentlich an diesem Wochenende?) mal Joey DeMaio für ein erneutes Streitgespräch vorknöpft. Neben den Fragen zur schlechten Organisation des Festivals hätte ich gerne noch Antworten zu folgenden Punkten:
- Für wie blöd haltet ihre euere Fans eigentlich?
Haben Manowar keinen Respekt vor Bands wie Def Leppard und Whitesnake, die wesentlich mehr Hardrockgeschichte als sie selbst geschrieben haben?
- Worum geht es eigentlich im Rechtsstreit mit Rhapsody Of Fire?
- Warum schafft es Magic Circle nur durchschnittliche Bands unter Vertrag zu nehmen?
- Warum hält es die Truppe bei keiner Plattenfirma lange aus?
- Warum wurde Ross The Boss nicht als Gastmusiker eingeladen?
- Wieso wird Jack Starr, als Jack Starr's Burning Starr angekündigt, spielt aber keine Songs aus dieser Bandphase, sondern vor allem Material von Virgin Steele und seiner neuen Band Guardians Of The Flame?
- Sind zwei Keyboarder auf der Bühne Metal?
Pics: Bitta Stippich
Videos: Jens Peters
Autor: Wolfram Küper
"Valor pleases you, Crom...so grant me one request. Grant me revenge! And if you do not listen, then to HELL with you!"
