Die Nürnberger Doomfraktion hat wieder zugeschlagen. Einige besonders eifrige
Exemplare der Spezies Doomhead haben vor geraumer Zeit die Beatgruppe EARTH
FLIGHT gegründet, um mit ihr ihren Helden PENTAGRAM zu huldigen und das indem
sie trotz wiedererkennbarer Zutaten recht eigenständige Songs schreiben. Derer
viere wurden für vorliegende EP in die Dateien (oder Bänder, falls die Gruppe
noch analog aufgenommen hat) gefräst und ich möchte sie Euch nun vorstellen.
Beginnen wir mit "Awakening", wie passend. Hier fließen Elemente des erdigen
Heavyrocks der 70er und schleppender Doom zusammen, werden von einem pumpenden,
sehr gut spürbaren Bass und den eingängigen, sehr mitreißenden Gesangslinien
zusammengefügt und im Zaum gehalten. Wenn Sänger Tobias hier ganz beschwörend "Beyond
the realms of evil...." singt, ist man in der Tat geneigt, ihm zu glauben, daß
er dort schon gewesen ist.
Vom Doom zum psychedelisch angehauchten Hippierock. "Ain't my deal" wird sicher
vielen Doomfreaks nicht reinlaufen, obschon es ein echt feiner Song ist, halt
straighter, erdiger Rock mit superben Melodien. Hat durchaus 70er Einflüsse,
Westcoast Elemente der späten 60er und einige härtere Parts. DOOBIE BROTHERS
meets PENTAGRAM meets WICHCRAFT um die Brücke zu schlagen. Naja, auf jeden Fall
ein Song mit Hitcharakter und einer zwar nicht innovativen, doch sehr
emotionsgeladenen Melodieführung, die sich gut einprägen lässt. Hätte ich so
nicht von den Jungs erwartet und bin vollends angetan davon, daß ihnen
genretechnisches Schubladendenken irgendwie abgeht. Back to the 60s and 70s!
Halb doomig, halb psychedelisch kommt "Till I lie below" daher, sehr
majestätisch und düster mit einem finsteren, beschwörenden Hintergrund aus
Stimmen, "aaaaaaah" und "oooooh" Summchören. Tobias hat dabei mit seiner
theatralischen Stimme einen hohen Anteil an der Erschaffung einer einzigartigen
Atmosphäre. Die Zerre bleibt übrigens auch nicht während des ganzen Songs
angschaltet. Im verspielten Mittelteil wird der Gitarre schon ab und an mal ein
cleaner Lauf entlockt. So recht zerrig klingt das alles auch nicht, nicht modern
und effektüberladen, sondern eher nach einer feinen Übersteuerung im Stile der
60s Bands, jener höllenlauten Truppen, die schon mal ihre Studioaufnahmen nach
draußen verlegen mußten, weil sonst die Studiowände zusammengekracht wären.
Intensiv, betörend heavy, toller Song.
"Night flight" ist der leider letzte Song auf dieser EP, schade auch, denn ich
hätt gut mehr davon vertragen können. Etwas flotter im gehobeneren Mid Tempo
agierend, recht heavy und aggressiv, dennoch nie ohne das theatralische Moment
und den 70er Doomrock im Hinterkopf rockt dieser Song kraftvoll aus den Boxen.
Würden wirklich gute Heavyrockbands heute noch zu Weltstars, mit diesen Stücken
hätten EARTH FLIGHT die besten Chancen. "Night flight" hat einige hypnotische
Momente zu bieten, bei der gerade der Gitarrist vollkommen wahnsinnig zu werden
scheint. Sänger Tobi ist es ohnehin schon. Bass und Schlagzeug donnern
zurückhaltend und doch herrlich entfesselt dazu.
Die Produktion ist lebendig und sehr fett für Undergroundverhältnisse, ein
Sound, in dem man versinken möchte, gerade bei den sphärischen Passagen, die
diese EP zu bieten hat.
Das klassische "Born too late" Syndrom, würde ich sagen. "Night flight" wird
übrigens noch zu einer richtigen Spacerockorgie, die HAWKWIND gut zu Gesicht
gestanden hätte vor etwa 33 Jahren. Wow! Bin begeistert! Wer auf wirklich
eigenständigen und durchgehend handgemachten Psyche / Doom / Heavyrock steht,
der sollte sich nicht lumpen lassen und die Band unter
www.earth-flight.net kontakten.
(c)2005,
Sascha Maurer