Zwei Jahre nach ihrem Meisterwerk „The gathering wilderness“
legen Eire’s finest PRIMORDIAL mit „To the nameless dead“ ein weiteres
Glanzstück vor, das den epochalen Vorgänger zwar nicht übertrifft, doch
zumindest auf Augenhöhe besteht.
War „The Gathering Wilderness“ in seiner Gesamtheit ein düsteres, getragenes
Werk mit zahlreichen ruhigen Momenten, geht „To the nameless dead“ zumindest in
Teilen einen Schritt zurück zu den früheren Werken PRIMORDIALS und setzt
verschiedentlich wieder häufiger auf Blast-Parts und Tremolo-Riffing („No nation
on this earth“, „Traitor’s Gate“). Die Platte wirkt dadurch weniger resigniert
und weitaus kämpferischer. Dennoch handelt es sich auch bei „To the nameless
dead“ keineswegs um ein ordinäres Pagan oder gar Black Metal Album. Ganz im
Gegenteil, noch nie vorher hatten sich Primordial weiter von ihren Ursprüngen
entfernt, als auf „To the nameless dead“. Die Nähe zu epischen und
folkbeeinflussten Doom Metal Bands wie Solstice ist größer als je zuvor. Dies
ist auch der Tatsache geschuldet, dass die Band auf Black Metal-Gekreische
inzwischen nahezu völlig verzichtet und stattdessen über die gesamte Distanz auf
Alans charismatische klare Stimme setzt. Wie schon auf „The Gathering Wilderness“
ist es gerade die stimmliche Leistung von Alan, welche für ergreifende
Glanzpunkte auf den fesselnden Kompositionen setzt und ein ums andere Mal Garant
für Gänsehautmomente und feuchte Augen ist.
Weitere Konstanten auf „To the nameless dead“ sind die eingestreuten akustischen
„keltischen“ Tribal-Parts, die die überwiegend im Midtempo gehaltenen Stücke auf
brillante Art auflockern und für eine atmosphärische Dichte sorgen, wie sie
selten ist. Bei dem folkigen „Heathen Tribes“, einer Hommage der Band an ihre
Fans, blickt man vor dem inneren Auge über die grünen Felder Irlands mit ihren
Dolmen und Hügelgräbern, hinaus auf das graue Meer. Überhaupt ist das Verhältnis
zur Heimat, die Beziehung zwischen Mensch und Nation, in textlicher Hinsicht das
Leitthema von „To the nameless dead“. Das bombastische „As rome burns“ geriert
sich als gnadenlose Abrechnung mit dem europäischen Gedanken, das rasante „Traitors
Gate“ mit Krieg und Völkermord und der fast schon Bathory-artige Abschlusstrack
„No nation on this earth“ mit der Frage nach der Geburt und dem Fall von
Nationen. Alle Texte sind von außerordentlicher Qualität, fernab jeglicher
Pagan-Peinlichkeiten, und zählen, wie auch schon auf den Vorgängeralben, zum
Besten, was es im Metalsektor zu finden gibt.
Ein Track verdient es, gesondert erwähnt zu werden: „Gallow’s Hymn“. Das
durchgehend im Midtempo gehaltene Stück ist Epik und Pathos pur. Es ist beginnt
leise mit einem akustischen Intro und rollt dann mit der Macht der irischen See,
unwiderstehlich vom dynamischen Drumming S.O. Laoghaires getrieben, über den
Hörer hinweg. Spätestens wenn Nemtheanga über den hypnotischen Riffkaskaden
voller Inbrunst sein Credo „I’m a heathen – searching for his soul“ deklariert,
spürt man die Tränen in den Augen. Unglaublich intensiv. Emotion pur.
Ein überlebensgroßes Album verdient eine überlebensgroße Produktion und so ist
PRIMORDIAL mit „To the nameless dead“ auch in Sachen Sound ein Referenzwerk
gelungen, dessen natürlicher, druckvoller und transparenter Sound kongenial mit
den dramatischen Songs der Platte harmoniert.
Unterm Strich bleibt ein weiteres Meisterwerk einer absoluten Ausnahmeband.
Epischer, aufrichtiger Metal mit Folk- und Doomeinflüssen in einer Qualität, wie
sie nur alle Jubeljahre zu hören ist. Ehrliche, ergreifende, schlichtweg
grandiose Musik von Erwachsenen für Erwachsene.
„To the nameless dead“ ist erhältlich als CD, als limitierte 2CD im
wunderschönen Digibook, inkl. Liveauftritt beim RH-Festival 2005 und als
limitierte 2LP im Klappcover (wahrscheinlich mit Bonustrack).