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The River – Drawing down the sun

 Zuerst spürt man sie im Magen. Dann breiten sie sich aus. Lassen den Torso vibrieren und treiben sämtliche Membranen an ihre Grenzen. Diese unmenschlich fetten, tiefer gestimmten Gitarren, die dich packen und wie in einem Strom aus geschmolzenem Blei langsam ins Nirvana befördern. Doch gerade als du die Besinnung verlierst, unterzugehen drohst in diesem trägen Fluss aus kaltem Metall, holt dich eine helle Stimme zurück ins Jetzt, gibt dir Hoffnung und trägt dich über die nächste Riffwand, die sich bereits nachtschwarz über dir auftürmt.

The River sind schwer. Verdammt schwer. Tief verwurzelt im Doom und doch irgendwie anders. Fernab von Hexenjäger-Klischees und staubtrocken knarzenden Saint Vitus-Produktionen bedienen sich die vier Engländer um Frontfrau Vicky eines akustischen Vokabulars, das am ehesten mit ganz frühen The Gathering oder auch Elbereth zu vergleichen ist. Wobei weder die Holländer noch die Portugiesen auch nur im Ansatz an die zermalmende Masse von Drawing down the sun heranreichen. „A close study“, „Amber“ oder das trostlose „So down“ sind graue Rohdiamanten, welche, unter gewaltigem Druck geschaffen, bei genauem Blick eine facettenreiche Schönheit offenbaren, die eine echte Alternative zu den ausgetretenen Pfaden des Genres bietet.

Drawing down the sun, der Titel der ersten Full-length CD der Briten, ist eine Referenz an die Wicca-Bewegung, die seit den frühen Siebzigern in alternativen und feministischen Kreisen eine breite Anhängerschaft gewonnen hat. Und doch: von spießig-bierseeligen Folk-Atrozitäten a la Ensiferum und öligen Gothic-Hexen-Trullas sind The River so weit weg, wie man sich nur vorstellen kann. Die klare, angenehm natürliche Stimme von Vicky thront nicht über den Gitarrenkaskaden, sondern treibt in ihnen, setzt funkelnde Akzente und transportiert die Texte über Verlassenwerden, Verzweiflung und Alleinsein ehrlich und wohltuend undramatisch. Wenn sogar Zeilen wie „I don’t want to be a burden – I don’t want to be aloneforever falling down” den Hörer ohne jeglichen Anflug von Kitsch erreichen, dann ist dies eine Leistung, die schlichtweg respektiert werden muss.

 Drawing down the sun ist sicher kein angenehmes Werk, das sich bereits beim ersten Hören erschließt. Gerade Doom-Novizen dürften mit der bleiernen Schwere der CD zunächst ihre Schwierigkeiten haben. Dennoch lohnt sich der Kauf. Mit jedem weiteren Hördurchgang wächst die Platte heran zu einem grauen Koloss, der den Hörer irgendwann zu Boden presst.  Gerade an nebligen oder regnerischen Tagen wird die Melancholie in den Liedern förmlich greifbar. Für Doom-Jünger sind The River zugleich Ereignis und Alternative. Für alle anderen ein Erlebnis, das behutsam erfahren werden will.

 Links:

 http://www.doomriver.co.uk/

http://www.myspace.com/doomriver

  (c)2006, Manuel Trummer