Das erste was an Two-faced
world auffält, ist das schöne Front- und Backcover von Künstler
Markus Vesper, in dem das ökologische Thema gekonnt in einer
phantastischen Vorstellung festgehalten wird. Es erinnert von der
Atmosphäre her irgendwie an das Cover für Bagheeras Erstling
Silence at Romney Marsh (1991), das auch eine Bedrohung der
grünen Umwelt darstellte. Anyway, Infearior stammen aus Bremen,
liefern (nach einem Demo das mir leider nicht geläufig ist) ihren
Einstand bei den Undergroundlern die sich dem melodischen US-Metal
verschrieben haben. Und dieser Einstand kann sich hören lassen.
Eins gleich vorweg: die in
manchen Reviews als ‘etwas dumpf’ umschriebene Produktion empfinde
ich beileibe nicht als solche – es gibt so manche Eigenproduktion
die schlechter tönt als diese hier. Ein Producer mit Gefühl für die
feineren Details würde hier aber Wunder bewirken. Das Herz der Musik
von Infearior (kluger Bandname übrigens) bilden die sich fast
pausenlos in Doppelleads befindenden Gitarren von Thorsten Schmidt
und Detlef Meyer. Man macht eigentlich genau das Umgekehrte von dem
was die meisten neuen Bands (das Wort Metal lass ich hier bewusst
aussen vor) so machen, nämlich: man baut die Songs auf Riffs und
Hooks die nichts Stakkato-artiges an sich haben, sondern immer
hochmelodisch klingen. Selbst wenn es mal etwas mehr in die
aggressivere uptempo-Richtung geht, hört man immer eine zweite, fast
singende Gitarre. Das sind schon mal Extrapunkte. Öfters kommt mir
beim hören dieser Songs (z.B. bei der vorletzten Nummer Our last
goodbye) den Namen von Mayfair in den Sinn, obwohl Infearior
bedeutend aggressiver zu Werke gehen und die poetische
Beschaulichkeit der Schweizer entbehren. Jester’s March wären hier
sicherlich auch einen Anhaltspunkt, oder der allseits beliebte
Texas-Metal.
Logischerweise klingt die Musik
die bei einer solchen Herangehensweise herauskommt ganz und gar
nicht nach Blind Guardian, Edguy oder sonstwas in dieser urtypisch
deutschen Sparte, es herrscht eher die Atmosphäre des amerikanischen
Powermetals mit einer Prise Progressive. Das letzte sei hier aber
eher ‘altmodisch’ verstanden, also kommt die Abwechslung weder von
Keys und Synths, noch von nervender Überlänge, sondern von
inventiven Breaks und die abenteuerlichen Gitarren-, Bass- und
Drumparts. Da die Band hörbar kompositorische Ambitionen hat, müssen
Technik und Arrangierkunst schon vorhanden sein, und das sind sie
dann auch. Nur will die Band manchmal (zu hören in dem Opener
Young criminal (the unadviced child)) zu viel. Ideen gibt’s hier
nämlich haufenweise, nur braucht man sie nicht gleich alle in zehn
Songs zu verbraten – oft wirkt die Musik für den geneigten Hörer
irgendwie anstrengend. Der Gesang ist zudem noch ein Schwachpunkt,
erfreulicherweise nicht weil Shouter Havi kein Könner ist - im
Gegenteil, he’s the man for the job. Die Gesangslinien wirken
aber etwas holprig, da nicht selten zu viele Wörter in den Sätzen
stecken die dann mehr schlecht als recht mit den Gitarrenleads
harmonieren. Das war früher mit Megace oder anderen Bands auch der
Fall. Less is more. Ausserdem tut der Mix (das heisst in
diesem Fall: alles laut und ganz vorne) dem Gesang Havis erheblich
Abbruch. Aus dem Unterschied zwischen den mit Feinheiten leider
überladenen Tracks und der schlichtweg klasse vorgetragenen
Halbballade Still your eyes break the silence (super
Gitarrenleads, packende Vocals, gestrafftes Arrangement) kann der
Fünfer selbst ja viel lernen.
Wenn euch dieses Review als
eher negativ ins Auge fällt, dann ist das definitiv nicht so
gemeint, denn Infearior haben das Zeug zum Undergroundkult. Alle
Vorraussetzungen für einen Qualitätsrelease sind hier vorhanden, nur
bedarf es einen kompetenten Metalproducer der das eine ohne andere
Problemchen ausbügelt und den Bremern den passenden Sound
zurechtschraubt. Ich wage zu behaupten dass wir noch von Infearior
hören werden und freue mich schon jetzt auf den Nächsten Streich.
Zu beziehen für sympathische 10
Euro (inklusive P&V) über die Website der Truppe:
www.infearior.de
E-mail:
obscure@t-online.de
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(c) 2004, Oliver Kerkdijk