Als ich die Ouverture des Albums ‘Of once and future kings’ in
Form von ‘Dream Thieve’ zum ersten Mal zu mir nahm, dachte ich es wegen des
fast-Hymnencharakters anfangs mit einer Jag Panzer-/Sanctuary-artigen
Band zu tun zu haben. Stimmt nur bedingt, wie es mir nach Mehrfachrotierung der
Scheibe klar wurde; eher ist die vierköpfige Truppe aus dem kleinen Ort Bethel
Park in Pennsylvania eine Mischung aus Medalyon,
älterem Z-Lot-Z und
Powersurge. Sänger Michael DeGrena bringt eine tolle Vokalmischung aus
Rick A. Shay-, Tom Calandra- und James Marra-Künsten, die perfekt passt zum sehr
heavy produzierten US Power Metal der Vorzeigeprovinzler (Wir wissen doch seit
zwanzig Jahren, dass der beste Metal meist aus tiefster Weltprovinz kommt, und
nicht aus trendverseuchten Grossstädten.).
Irgendwie scheint mir die traditionelle
Power wieder verstärkt im Underground anwesend, nicht nur
in Europa sondern auch in den USA. Die klassischen Sounds und Trademarks eines
der erhabendsten Musikgenres – hoher Gesang, mystische Atmosphäre und
dementsprechende Texte, minimale, aber effektive
Keyboard-Unterstützung – tauchen jedenfalls in letzter Zeit gottlob wieder öfter
auf. Order of Nine (was für ein origineller,
mysteriös anmutender Name) zelebrieren wie auch die Überflieger
Born of Fire erfreulicherweise gerade diese Musik
ohne jegliche, heute-noch-hippen-aber-morgen-schon-wieder-ex-und-hoppen
Einflüsse der unmetallischen Art. Man findet ausserdem in manchen Songs eine
Melodieführung im Gitarrenbereich wieder die uns im post-Trübsal-Zeitalter des
Grunge- und Pop-Goth-Ungeheuers fast abhanden gekommen wäre, hätte es da nicht
einige treuen Knights of Steel gegeben um den Gral zu hüten.
Man will einfach in die Schattenwelt von
Songs wie ‘The Great Escape’ (mitreissend gesungen und versehen mit einem
Mörderriff; Hammer!) oder ‘Last Impressions’ hineintauchen und einfach betäubt
werden von den Melodien und der epischen Kraft, die da so
omnipräsent sind. Des öfteren versinkt DeGrena mit seiner kraftvollen Stimme
auch mal beschwörend in tieferen Tonlagen (‘Unwanted Guest’), was den
Kompositionen genau die Abwechslung und Faszination verschafft die man in den
Einweg-Ergüssen sämtlicher Symphonic-Speed-Kapellen vergebens sucht. ’36 Frame’
ist ein fantastischer, hochdramatischer Metalsong in der Schnittmenge von
Iced Earths ‘I died for you’ und ‘Watch the
children pray’ von Metal Church. Besonders
hervorzuheben sind die einfallsreichen und oft stimmungsvollen Bassläufe von
Steve Rabinovich, die sich durchs ganze Album ziehen.
Natürlich darf auch im Assortiment von
Order of Nine – US Power-noblesse oblige! - eine
melancholische (Halb)Ballade nicht fehlen: ‘Nameless 2001’ heisst sie, erinnert
der Tonlage und den Keys wegen schwer an ‘Never goodbye’ vom Medalyon-Debüt und
schliesst diesen essentiellen Rundling eben rund ab. (Danach gibt’s noch einen
gelungenen Gag, der aber nix mit der seriösen Musik zu tun hat.)
Dieser Painkiller gegen den alltäglichen
Moderne-Weltschmerz gibt’s beim Hellion-Arzt und -Apotheker und sollte umgehend
von jedem UUS Power-Fan drei mal täglich eingenommen werden. Unterstützt
Order of Nine, denn damit unterstützt ihr den
Underground und wisst ihr wieder was der Begriff ‘Metal’ eigentlich beinhaltet.
N.B.: Von nur sechs der neun Songs sind die
Texte im Booklet abgedruckt worden, leider fiel der Text von ‘Nameless 2001’
nicht darunter.
E-mail-Adresse der Band: degrena@usaor.net
(c)2000, Oliver Kerkdijk