Die rührigen Proggies aus Niedersachsen waren schon immer eine meiner Lieblingsbands aus deutschen Landen (nachzulesen hier oder hier), inszenierten sie doch ihren Progmetal immer äußerst spannend und vielschichtig, ohne jedoch in langweiligen Instrumentalschlachten auszusarten. Im Gegenteil: man legte schon immer enormen Wert auf nachvollziehbare, intenstive Melodien, die sich im Hinterkopf festsetzen und dort lange Zeit nicht verschwinden wollen... Besonders "The Autumn Years" von 1996 und "Slave to the Mind" aus dem Jahr 1999 wandern deshalb auch heute noch gerne in den Player und begeistern mich jedes Mal aufs Neue.
Nun liegt mir mit "Chemical Chaos" ihr schon fünfter Release vor - und der hat es wieder mal mächtigst in sich! Nicht mehr unbedingt als ProgMETAL zu bezeichnen (wenn sie überhaupt jemals eine reinrassige Metalband waren...), liegen die neun (bzw. zehn inkl. Bonustrack) neuen Songs irgendwo in der Schnittmenge aus aktuellen Arena, Everon, neuen Threshold sowie Pain of Salvation, allerdings mit einer ordentlichen Portion Poverty's No Crime versehen, sollten also für viele Leser dieser Seiten durchaus Anhörpotential beherbergen.
Schwer haben es mir die Jungs diesmal gemacht, ist doch meines Erachtens der Opener "Walk Into Nowhere" einer der sperrigsten Songs des Albums, der mir auch jetzt immer noch nicht ganz so flüssig reinläuft. Aber Prog-Fans haben ja Geduld - er wird schon noch zünden. Danach wird's jedoch fast kriminell genial. Das Ohne-Worte-Doppel "Every Kind of Life" und das unglaublich eindringliche, gleichsam eingängige "All Mind's in One" sind zu den bisher besten Songs des Fünfers zu zählen und begeistern mit Gänsehautmelodien und dem gewohnt dezenten, aber allgegenwärtigen Keyboardsound. Weitere Highlights unter (fast nur) Höhepunkten sind das Instrumental "Terminal Trip", das lange und spannend aufgebaute "Pact With the Past" oder die mächtig heavy daherkommende Prog-Achterbahnfahrt "Do What You Feel". Anspruch meets Eingängigkeit par excellance - Musik, die eigentlich nen Grammy verdient, wenn die Welt gerecht wäre.
Bei Track Numero 8, "Moving Target", glaubt man gar während der ersten Takte, ein neuer Candlemass-Song erblickte das Licht der Welt, so doomig und schwer klingt die Einleitung. Dann aber wird das Stück zu einer weiteren PNC-Granate mit den altbekannten und geliebten Trademarks wie erstklassigem Gesang, tollen, niemals kitschigen Melodien oder hier fast in Psychotic Waltz-Sphären abdriftender Gitarrenarbeit. Ganz große Klasse, Jungs - bald seid ihr zumindest deutschlandweit GANZ oben!
P.S.: Ach ja, Ihr ganzen Möchtegern-"Superstars", Castingshow-Teilnehmer und wanna-be-SängerInnen: erst wenn ihr es schafft, einen Song wie "Access Denied" vom oben erwähnten "Slave to the Mind"-Album in eine so berührende Akustikballade umzuarrangieren möchte ich jemals wieder etwas von euch hören. Geht üben, grpndet eine richtige BAND und versaut mir mit euren Hackfressen und eurem peinlich-hippen Geschwurbel nicht das (eh selten gewordene) Zappen. Schön, dass wir mal drüber gesprochen haben...
(c)2003, Michael Kohsiek