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Redemption : Redemption

Mal wieder Prog-Metal vom Feinsten aus den US of A! Hätte man sich schon alleine mit Blick auf die Besetzungsliste dieses All-star-Projekts denken können. Initiator/Hauptsongwriter Nicolas van Dyk war zwar zumindest für mich bisher ein unbeschriebenes Blatt, aber die Namen seiner Mittäter bringen das durchschnittliche Progauge schon mal zum Leuchten: Bernie Versailles (g., Agent Steel), Rick Mythiasin (v., ex-Steel Prophet) sowie Symphony X-Schlagwerker Jason Rullo formen gemeinsam mit Gitarrist/Bassist/Keyb…Multi-Instrumentalist Nick die Stammbesetzung; die Fates Warning-erfahrenen Ray Alder und Mark Zonder singen bzw. drummen auch jeweils ein Stück; und Symphony X-Mastermind Michael Romeo sorgt für gepflegte Orchestrierung! Kann da noch was schiefgehen?
Nope, nicht im geringsten. “Redemption” ist das Album geworden, das ich von den erwähnten Fates Warning gerne nach “No Exit” gehört hätte, konzentriert man sich doch auf mehrteilige Mega-Epen, die ich mir durchaus als logischen nächsten Schritt nach dem genialen “The Ivory Gate of Dreams” hätte denken können. Den Auftakt macht “Desperation”, das in vier Teilen das gleichnamige Buch von Stephen King nacherzählt. Wie gut, ist mir mangels Kenntnis der literarischen Vorlage leider schleierhaft, aber musikalisch zumindest ist alles in Butter. Durchaus moderne, knallharte Riffs, die aber im Gegensatz zu den letzten paar Fates-Werken niemals die Bodenhaftung zum guten alten Metal verlieren, bohren sich da nach dem orchestralen Intro den Weg in die Gehörgänge. Die glasklare Produktion sorgt ebenfalls für ein anerkennendes Nicken, und schließlich setzt auch der Gesang ein. Nur, wo ist er denn abgeblieben, der mythische Rick?
Verloren ist er, verloren in den unendlichen Tiefen des Mixes! Da möchte man dem Produzenten schon mit Opa Simpson-typischer Vehemenz ein halbtaubes “laaaauteeeeeer!” zuschreien, so tief wird der gute Rick schon mal unter dem tonnenschweren Riffberg begraben. Und dann hört besagter Knöpfchendreher auch noch auf den Namen Ray Alder! Jung’, Du als Sangesknecht solltest das doch besser wissen…
Anyway, unter dem Kopfhörer fällt das alles wesentlich weniger ins Gewicht, und so hören wir dem guten Rick halt mal ganz genau zu. Arg zurück hält er sich hier, nicht so sehr wie auf dem letzten (eher mittelmäßigen) Steel Prophet-Werk zwar, aber dennoch wohl wesentlich zugänglicher für Otto Normalbanger. Persönlich hatte ich mir insgeheim schon erhofft, daß er den inneren Arch etwas mehr herausläßt (was er, wie jeder Kenner des Steel Prophet-Götterdemos “Inner Ascendance” weiß, ganz ausgezeichnet beherrscht), aber ich muß zugeben, daß diese Herangehensweise hervorragend zur etwas moderneren Ausrichtung der Scheibe paßt. Genauso wie Ray Alders gewohnt grandioser Gesang, der den folgenden, zweiten Teil der “Desperation”-Saga (selbiger erinnert mich vor allem bei dem ruhig-atmosphärischen Beginn auch stark an jüngere Savatage-Werke) mit seiner Präsenz veredelt, bevor Meister Mythiasin wieder das Zepter übernimmt. Hätte mehr von ihm vertragen können – gerade die mittleren Tonlagen sind doch eher seine als Ricks Domäne…
“Nocturnal”, gerade mal vier Minuten und ein paar Zerquetschte lang, dient dann wohl als Verschnaufpause. Der einzige Song mit Bernies Namen in den Credits hat trotzdem herzlich wenig mit Agent Steel-mäßigem Speedmetal zu tun. Neuere Fates Warning, vielleicht auch ein wenig die Schweden von Evergrey, trifft das Ganze schon eher. Feines Stück, aber nur der Auftakt für größere Taten.
Denn mit dem detailreich ausgetüftelten, die Zehn-Minuten-Marke weit überschreitenden “Window To Space” folgt ja postwendend gleich das absolute Highlight des Albums! Atmosphärische Keyboardsounds und ein enfühlsam-melodisch singender Rick Mythiasin sind nur der Auftakt dieses zukünftigen Prog-Metal-Klassikers, der Note für Note problemlos mit den Größen des Genres mithalten kann.
Da ist “As I Lay Dying” im Vergleich dazu – und nur im Vergleich dazu, denn für sich gesehen ist der geradlinige Rocker mit hitverdächtigem Chorus mehr als respektabel – schon fast unspektakulär, aber vor dem abschließenden “Something Wicked This Way Comes” ist eine etwas weniger verschachtelte Nummer mehr als willkommen.
Hier heißt’s nämlich wieder Kopfhörer bei Fuß! 25 Minuten lang vertont man einen weiteren Wälzer, diesmal aus der Feder von Ray Bradbury, mit dessen Werken zumindest Rick ja schon einschlägig vorbelastet ist. “Dark Hallucinations”, anyone? Und endlich, endlich widmet der Mann am Mikro seine Aufmerksamkeit verstärkt den höheren Tonlagen, so daß der Song alte wie neue Fates Warning-Fans gleichermaßen ansprechen sollte. Selbstverfreilich zieht man auch musikalisch zum Schluß noch mal alle Register, so daß ich das gute Stück dann auch wirklich JEDEM Fan anspruchsvoller Metal-Mucke ans Herz legen möchte, der mit den genannten Truppen auch nur ein bißchen was anfangen kann.
(Nebenbei ist “Redemption” dank Artworkgott Travis Smith auch mehr als edel aufgemacht, so daß die B-Note ebenfalls durch die Decke schießt.)

(c)2003, Ernst Zeisberger